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Entgleisende Skandal-Rhetorik: Blocher vergleicht Juncker mit Hitler

Marcus Knill

Die Aussage Jean-Claude Junckers, wonach die Schweiz ein "Unding" sei, war ein Steilpass für Blocher. Der SVP-Parteistratege schlug mit der Nazikeule zurück und kommt nun dadurch selbst in die Schlagzeilen. Jean-Claude Juncker Als Juncker der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ Mitte Dezember ein Interview gab, konnte er kaum ahnen, dass er damit einen Skandal auslösen würde. Der luxemburgische Finanzminister und EU-Finanzchef wünschte sich den EU-Beitritt der Schweiz, „auch wenn ich weiss, dass er dem Volkssouverän immer noch widerstrebt“ (Blick). Sätze, die hellhörig machen Die EU würde somit kompletter werden. Dann schob er den Satz nach: „Es bleibt nämlich ein geostrategisches Unding, dass wir diesen weissen Fleck auf der europäischen Landkarte haben“. Die Sätze mögen hellhörig machen. Doch noch hellhöriger macht, wie SVP-Vizepräsident Christoph Blocher auf Blick jetzt die Sätze kommentiert. Und auf Teleblocher sagte der alt Bundesrat: „Da sind ja Töne in die Schweiz hineingekommen, die ich 70 Jahre nicht mehr gehört habe ." In der Sicht Junckers sei die Schweiz „ein Unding, nicht einmal ein Ding, geschweige denn ein Land“. Eines, das offenbar schon lange „von der Landkarte verschwinden soll“. Und dann der entscheidende Satz: „So hat der Hitler geredet! Die Schweiz, das freche Stachelschwein, und solches Zeug.“ Debatte wird zum Skandal Die Debatte zwischen Blocher und Juncker entgleise immer mehr „und wird zum Skandal“, sagt Historiker Urs Altermatt. „Blocher benutzt die Debatte mit dem EU-Spitzenpolitiker als Podium des Wahlkampfes, der die furchtbare Geschichte zur Zeit von Nazi-Deutschland missbraucht. Hitler brachte Europa den Weltkrieg und den ­Holocaust, furchtbare Verbrechen und Leiden für Millionen von Menschen. Junckers Worte mit Hitler in Beziehung zu setzen, ist verwerflich und ehrenrührig und entbehrt des historischen Sachverstandes.“ Blocher steht zu seinen Aussagen. Zum Sonntagsblick sagte er: „Ich bin erschrocken, als ich hörte, dass Juncker die Schweiz als geopolitisches Unding bezeichnet.“ Er sei an der deutschen Grenze aufgewachsen. „Solche Aussagen hörten wir zum letzten Mal vor 70 Jahren. Das ist eine Verachtung der Schweiz. Das darf es nicht geben. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.“ Platzt Podium? Pikant: Am 12. Januar ist in Zürich ein Podium mit Juncker und Blocher geplant. Kohler würde sich nicht wundern, wenn der EU-Finanzchef nach dieser Entgleisung seinen Auftritt absagen würde.
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