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Hoi, hoi Teleboy!

Matthias Ackeret

Mein erstes Kurt-Felix-Erlebnis hatte ich mit elf Jahren. Der Fernseher war klein, die Farben überdreht, doch die Art, wie der damals 33-jährige Kurt Felix die Showtreppe hinunterglitt, hatte etwas weltmännisches – und stand im krassen Gegensatz zur moralinsauren Leutschenbachwelt der siebziger und frühen achtziger Jahre. Als ich wenig später bei einem sonntäglichen Spaziergang in Stettfurt den Giebel des Felix’schen Anwesens zu erspähen glaubte, versetzte mich dies in einen frühkindlichen Erregungszustand. Der Mann war ein Star – trotz Ostschweizer Dialekt. Der unterschwellige Vorwurf, der gelernte Primarlehrer sei die Verkörperung des Biedermanns ist falsch, vielmehr war er – und das ist durchwegs positiv gemeint – die telegene Vereinigung von Biedermann und Bandstifter, wobei der „rechte“ Felix Max Frisch sicher nie zu seinen Lieblingsautoren gezählt hat. Keiner hat radikalere Filme mit der versteckten Kamera gezeigt als Kurt Felix. Keiner hat sich charmanter den Opfern angenommen als Kurt Felix. Dieses Wechselspiel zwischen Brandstifter und Biedermann, dieses permanente Augenzwinkern, war die Lebensader des Felix’schen Erfolgs und bescherte ihm und unser seiner Frau Paola nicht nur eine grandiose TV-Karriere in Deutschland, sondern auch die meistgeschaute Fernsehsendung im deutschsprachigen Raum. Es gehört zu den Paradoxien der Fernsehgeschichte, dass ausgerechnet „Verstehen Sie Spass?“ mit der versteckten Kamera im Stasi-Staat DDR zu den beliebtesten Programmen gehörte. Kurt Felix war immer revolutionärer als es seine Kritiker, die sich gerne auch auf die Weltrevolution beriefen, wahrhaben wollten. "Lediglich der Erfolg war für Kurt die Überlegensgarantie in der linken SRG", meinte kürzlich einer seiner ehemaligen Arbeitskollegen. Eigentlich das schönste aller Komplimente. Hoi, hoi Teleboy, alles Gute zum runden Geburtstag und schnelle Genesung. Jede TV-Show, so haben wir von dir gelernt, endet mit einem Happy-End.
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