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Mediale Lufthoheit im konservativen Lager

Matthias Ackeret

Wenn Sie morgens um vier nicht schlafen können, gibt es einen Trost: auch Roger Köppel ist seit einer Stunde wach und bereitet seine tägliche Internetshow Weltwoche-Daily vor. Seit einigen Wochen präsentiert der Weltwoche-Chef zudem eine deutsche Ausgabe seiner morgendlichen Weltbetrachtung; entgegen der Devise seiner Partei, auf Auslandeinsätze zu verzichten.

Doch im Journalismus gilt dies nicht: Deutschland ist zum Tummelplatz Schweizer Medien geworden, sowohl die Weltwoche wie auch Eric Gujers NZZ – Motto: «Der andere Blick» – kämpfen um die Lufthoheit des konservativen Gedankenguts. Während erstere mit Roman Zeller, dem Sohn des verstorbenen NZZ-Inlandchefs, in Berlin vertreten ist, hat NZZ Deutschland bereits 20 Mitarbeitende an der Spree. «Schreiben, was ist», lautete die überzitierte Devise von Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein. Da dies in Deutschland aus Korrektheitsgründen vielfach verpönt ist, springen die Zürcher Medienmacher in die Nische.

Roger Köppel selbst hat mit seinen pointierten Auftritten bei Bild-TV fast schon eine grössere Beachtung als in Bern. Es ist ein Revival: Bereits vor fünfzehn Jahren mischten drei Rogers – Köppel, Schawinski und de Weck – im Berliner Medienkuchen mit, jetzt buhlen Schweizer erneut um die bürgerliche Deutungshoheit. Mit einem Makel, denn den SPD-Wahlsieg konnten sie nicht verhindern. Und einen SPD-Kanzler wohl auch nicht. Für die Restschweiz tröstlich: Auch Zürcher können irren.



Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.

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Kommentare

  • Rudolf Penzinger, 19.10.2021 10:23 Uhr
    @Peter Eberhard: Liberalismus, den Gujer und seinesgleichen meinen - wo ist da die "Koordinate Null", wenn nicht ganz rechts?
  • Victor Brunner, 18.10.2021 10:48 Uhr
    TAmedia macht den umgekehrten Weg. Kauft Artikel in München ein weil sie im Ausland nur noch marginal mit ten vertreten ist. Die Germanisierung bei TAmedia.
  • Peter Eberhard, 18.10.2021 09:50 Uhr
    "Kampf um die Lufthoheit des konservativen Gedankenguts": Wie bitte? Da hat sich Ihr politisches Koordinatensystem aber ganz schön verschoben. Wenn schon: Kampf um liberales Gedankengut, das in Deutschland leider weitgehend abhanden gekommen ist zugunsten eines Wischiwaschi-Mainstreams.
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