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Physik ohne Schwerkraft

Matthias Ackeret

Die Dreieinigkeit der Medien: Die Macher, die Konsumenten und diejenigen, die über sie nachdenken. Während die ersten beiden Kategorien kriseln, feiert letztere Hochkonjunktur. Gefühlsmässig jedenfalls. Ganze Institute und Fachhochschulen, so macht’s den Anschein, beschäftigen sich mit den Medien und ihren Qualitätsansprüchen. Doch bereits die Fragestellung impliziert: Um unsere Medien muss es schlecht bestellt sein. Grottenschlecht. Fazit: Zwischen Lehre und Praxis klafft ein Gran Canyon, der in der Erkenntnis des Zürcher Medienprofessors Otfried Jarren gipfelt, wonach sich die Medienwissenschaft von der Realität abkapseln darf. Wissenschaftlich gesehen ist dies höchst interessant. Doch wie soll man physikalische Erkenntnisse interpretieren, wenn man die Gesetze der Schwerkraft ignoriert? Besagter Otfried Jarren, ein gebürtiger Deutscher, ist neugewählter Präsident der Eidgenössischen Medienkommission. Und bereits hier hinterlässt er Spuren. So ist im hochkarätigen Gremium, welche die Weichen über die Medienzukunft stellt,  die Werbeindustrie untervertreten. Obwohl jährlich 4,5 Milliarden Werbefranken erwirtschaftet werden (vgl. auch persoenlich.com). Ständeratspräsident Filippo Lombardi, seines Zeichen Präsident des Verbandes der Schweizer Werbung, hat bereits eine Protestnote an Medienministerin Leuthard gesandt. Vielleicht hat Jarren mit seinen Ansichten gar nicht Unrecht. Die Realität ist wirklich anders als die Lehre. Die qualitativ hochstehendste Leserschaft - so ergab die jüngste WEMF-Studie - hat eine Zeitung, die der Zürcher Medienprofessor höchstwahrscheinlich nur mit Handschuhen liest: Es handelt sich um “20 Minuten.”
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