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Plädoyer für die Werber

Matthias Ackeret

Am vergangenen Samstag fand im Zürcher Güterbahnhof das alljährliche Ritual der Werber statt: die Verleihung der ADC-Würfel. Das Essen ausgezeichnet, die Stimmung ausgelassen, die Show professionell – und die ADC-Zeitung witzig. So, wie es sich für einen Club gehört, der sich ADC nennt. Die Rangliste der preisgekrönten Agenturen (praktisch) unverändert: Ruf Lanz vor Jung von Matt, Spillmann/Felser/Leo Burnett, Wirz und Advico Y&R. Das Leben in seiner repetitivsten Form. Ohne Ironie: Gäbe es ein kollektives Glücksgefühl, so wäre es am ADC-Fest. Paulo Coelho müsste weinen. Dabei – und dies hat Markus Ruf richtig festgestellt - gehören die Wochen vor der Preisverleihung zu den grauenhaftesten eines jeden Kreativen. Die Sinnfrage des Lebens: "Sind wir dabei? Gewinnen wir einen Würfel? Und wenn nein – ist dies der vorprogrammierte Weg ins absolute Nichts?" Das Spezielle: Eigentlich können nur Werber über gute Werbung urteilen. Glauben jedenfalls die Werber. Im Gegensatz zu Literatur und Musik, Branchen also, in denen professionelle Kritiker, die nicht im Stande sind, ein Buch zu schreiben oder ein Stück zu komponieren, über die Arbeiten ihrer Exponenten richten. Es geht noch weiter: Eigentlich sind nur ADC-Werber berechtigt, über gute Werbung zu urteilen. Dieses Selbstverständnis ist – und dies auch ironiefrei - grossartig. Und dass es funktioniert: ein wahres Wunder! Und dass es so gut funktioniert: ein noch grösseres. Deshalb ein dreifaches Hoch auf unsere Werber, den ADC und weitere kreative Ergüsse! Aber, wehe: Hoffen wir nur, dass kein Thomas Minder kommt und Mitspracherecht des Publikums fordert. Denn wirklich gute Werbung – und das beweist der vergangene Samstag - ist eigentlich vor allem für die Werber gemacht!
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