Vor zehn Jahren verstarb Norbert Neininger, langjähriger Verleger und Chefredaktor der «Schaffhauser Nachrichten». Obwohl Neininger seine Heimatstadt – ausser dem Besuch der Ringier-Journalistenschule – beruflich nie verliess, kannte ihn die gesamte Branche. Die Stadtkirche St. Johann war bei seiner Beerdigung bis zum letzten Platz gefüllt. Neininger war ein Pionier: So führten die «Schaffhauser Nachrichten» 1994 als erste Schweizer Zeitung eine eigene Homepage ein, 2007 «erfand» er – und der Schreibende weiss, wovon er berichtet – mit Teleblocher den weltweit ersten Internettalk.
Sogar in seinem wichtigsten Anliegen scheint Neininger post mortem recht bekommen zu haben. Mit der Verbissenheit eines gallischen Dorfes kämpfte er für «seine» «Schaffhauser Nachrichten» und wehrte alle Übernahmeversuche der Zürcher Medienkonzerne ab. Er wolle, so sein Kampfruf, kein publizistisches Anhängsel der Schweizer Weltstadt sein. Das war zu einer Zeit, als Tamedia für die Thurgauer Zeitung rund 60 Millionen Franken zahlte. Diese Heimatverbundenheit war insofern bemerkenswert, als damals kein anderer der traditionellen Verleger so auf neue Technologien schwor wie Neininger. Er war auch der erste Mensch, den ich kannte, der mit dem frisch erfundenen iPad die Weltmedien konsumierte. Vielleicht ahnte er dabei, dass ein starker Medienbrand nur überleben kann, wenn man diesen nicht aus den Händen gibt. In Zeiten der künstlichen Intelligenz gilt dies noch viel mehr. Neininger wäre von KI begeistert gewesen – und hätte noch stärker auf seine Unabhängigkeit gepocht.
Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.
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10.06.2025 12:57 Uhr
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Von KI wäre er begeistert gewesen