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Wo bleibt eigentlich Frau Präsidentin?

Matthias Ackeret

Hanspeter Lebrument redete sich in Pontresina in Rage. Die Verlegergilde, so die Erkenntnis des Verbandspräsidenten am Schweizer Medientag, zeichne sich durch übertriebenen Masochismus aus. So hätten ausgerechnet die ärgsten Medienkritiker, die Politiker Ursula Koch, Christoph Blocher und Ueli Maurer, an den vergangenen Tagungen für ihre Unflätigkeiten übertriebene Zuneigung der Gescholtenen erhalten. Für den Verlegerpräsidenten unverständlich, sind doch unsere Zeitungen ein permanenter Garant für das Staatsverständnis der Bevölkerung. Bester Beweis die Berichterstattung über Bundespräsidentin Doris Leuthard, den Stargast der Tagung. Der Glamour leuchtete von der Grossleinwand: Leuthard mit Obama, Leuthard mit Sarkozy, Leuthard mit dem Papst. Das Foto mit dem Schweizer Verlegerpräsidenten wird in dieser Sammlung trotzdem fehlen, die Bundespräsidentin sagte ihren langgeplanten Auftritt in Pontresina ­ angeblich wegen schlechtem Flugwetter - kurzfristig ab. Auf eine alternative Videoschaltung verzichtete sie mangels Direktkontakt zum Publikum. Und so blieb ihr Nichterscheinen, was es eigentlich war: ein Affront und die Erkenntnis, dass jeder pointierte Kritiker immer noch mehr bringt als ein abwesender Stargast. Daraus abzuleiten, dass die hohe Politik die Schweizer Medien nicht mehr ernst nähme, wäre aber falsch. Doris Leuthard hat vor einigen Wochen, und das ist für Lebrument der Ritterschlag, bereits Angela Merkel bei ihrem Kürzestbesuch in Rheinfelden versetzt. Tröstlich jedenfalls: Die Bundespräsidentin wolle bereits in den nächsten Tagen eine Verlegerdelegation in Bern empfangen. Alles auf gutem Wege: sofern Gott ­ und noch wichtiger ­ Frau Leuthard dann wirklich will. Im Notfall könnte Lebrument noch kurz vorher Leuthards Vorgänger kontaktieren: einen ausgewiesenen Experten für vergebliche Reisen.
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