15.07.2013

US-Geheimdienstaffäre

Deutscher Nachrichtendienst wusste angeblich seit langem von Spähprogramm

Griffen laut "Bild" in Krisensituationen auf Daten der Bürger zu.
Die deutsche Regierung hält sich bedeckt zu einem Medienbericht, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND, Auslandsgeheimdienst) angeblich seit Jahren von der umfassenden Datensammlung durch den US- Geheimdienst NSA wusste. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, über operative Details der Arbeit von Nachrichtendiensten könne die Regierung öffentlich keine Auskunft geben, sondern nur im dafür zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium.
 
Was das Kanzleramt über die Vorgänge wisse, habe Kanzleramtsminister Ronald Pofalla dem Gremium bereits mitgeteilt. Die bislang unbekannten Punkten seien nun Gegenstand der Aufklärung. Es sei aber kein Geheimnis, dass es grundsätzlich eine Zusammenarbeit zwischen deutschen Nachrichtendiensten und ausländischen Partnerdiensten gebe.
 
Die "Bild"-Zeitung hatte unter Berufung auf US-Regierungs- und Geheimdienstkreise berichtet, dass der BND seit Jahren von der nahezu kompletten Datenerfassung durch die Amerikaner wisse und in Gefahrenlagen aktiv darauf zugegriffen habe. So habe der BND in den vergangenen Jahren immer wieder die US-Geheimdienste um Hilfe gebeten, wenn deutsche Staatsbürger im Ausland entführt wurden.
 
Unterdessen fordern Berliner Oppositionspolitiker einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Politiker von Grünen und Linkspartei verlangten am Montag, die Affäre durch ein eigenes Gremium des Bundestags aufzuklären. Die Sozialdemokraten hielten sich bedeckt. Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping begründete die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss in der "Passauer Neuen Presse" (Montag) mit den Worten: "Die gesamte deutsch-amerikanische Schnüfflerkooperation seit der Jahrtausendwende muss aufgeklärt werden."
 
SPD für sofortige Aufklärung
 
Ähnlich äusserte sich der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. SPD- Generalsekretärin Andrea Nahles forderte im Sender ARD von der deutschen Regierung sofortige Aufklärung. Ein Untersuchungsausschuss wäre erst nach der Bundestagswahl im Herbst möglich. Ein solcher Ausschuss muss laut deutschem Grundgesetz eingesetzt werden, wenn ein Viertel aller Abgeordneten dafür ist. Dies wären derzeit mindestens 155 Abgeordnete. Die Fraktionen der Linken und der Grünen kommen zusammen auf 143 Parlamentarier.
 
Diese Woche beschäftigen sich der Innenausschuss und das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium mit dem Thema. Dort soll der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich darüber Auskunft geben, was er bei seiner jüngsten Washington-Reise erfahren hat. (sda)

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