28.01.2020

Dept kauft Hinderling Volkart

«Es war schlichtweg ein perfect Match»

Ein weiterer Knall in der Schweizer Agenturlandschaft: Wird mit dem Verkauf an die Holländer «Hinderling Volkart» als Marke verschwinden? Michael Volkart und Michael Hinderling, die beiden HV-Gründer, sprechen über die Interessen der Investoren und internationale Perspektiven.
Dept kauft Hinderling Volkart: «Es war schlichtweg ein perfect Match»
Die beiden Gründer Michael Volkart und Michael Hinderling verkaufen ihre HV-Anteile und investieren gleichzeitig in Dept mit Hauptsitz in Holland. (Bilder: zVg.)
von Edith Hollenstein

Herr Volkart, Herr Hinderling, Sie wollen «eine der besten digitalen Agenturen der Welt» werden. Ist Ihnen die Schweiz zu eng geworden?
MH: Wir bleiben der Schweiz und unseren Schweizer Kunden treu, ermöglichen ihnen aber einerseits von einem umfangreicheren und internationaleren Serviceangebot zu profitieren. Andererseits, ja, wir finden es auch sehr spannend, uns in einem grösseren Kontext zu bewegen: via integrierte Teams in internationalen Projekten, aber auch im kulturellen Austausch.

MV: Der Schweizer Markt und unsere Schweizer Kunden haben für uns nach wie vor höchste Priorität. Gleichzeitig haben wir in der Vergangenheit immer wieder bewiesen – etwa für Kunden wie Monocle, Ferrari oder Eurowings – dass wir uns im internationalen Wettbewerb nicht verstecken müssen. Hier eröffnen sich in Zukunft im Dept Kontext nun ganz neue Möglichkeiten.

Warum war es nicht mehr möglich, Hinderling Volkart eigenständig weiterzuführen?
MH: Das war immer eine Möglichkeit, aber wir tragen die Verantwortung, für unsere Agentur in die Zukunft zu denken und gerade die Möglichkeiten zu antizipieren, die für uns, unser Team und unsere Kunden das grösste Potential haben. Unsere bisherige unternehmerische Struktur setzte uns hier starre Grenzen. Aus unternehmerischer Sicht verlieren wir an Eigenständigkeit, jedoch reduziert sich auch unser Risiko. Gleichzeitig motiviert uns die neue Perspektive, die sich für uns und für die weitere Entwicklung unserer Agentur und des Schweizer Marktes auftut, sehr stark.

«Wir wollten der Agentur neue Perspektiven ermöglichen»

Was gab für Sie den Ausschlag, alle Aktien ausgerechnet an Dept zu verkaufen?
MV: Einer unserer Leitsätze heisst «Richtig oder gar nicht». Als wir Dept kennengelernt haben, waren wir ziemlich beeindruckt. Junge, ambitionierte Leute, eine authentische und starke Kultur und viel Digital-Know-how: So etwas in dieser Art haben wir bis jetzt noch nirgends gesehen und kannten wir von so grossen Agenturen nicht. Ein weiterer zentraler Punkt: Die Agentur ist in der Umsetzung ihrer Vision noch relativ am Anfang und wir können unsere Stärken einbringen und Dept aktiv mitformen. Der Schritt mit Dept ist sehr konsequent und ermöglicht auf allen Ebenen neue Perspektiven: für alle Mitarbeitenden, für die Agenturentwicklung, und auch für uns als Unternehmer.

Sind Sie beide nun wohlhabende Männer?
MV: Im Zentrum stand für uns, eine Lösung zu finden, die unsere Agentur stärkt und neue Perspektiven ermöglicht, und die andererseits in Einklang mit unseren Werten steht. Daneben war selbstverständlich auch eine Anforderung, dass der Deal den Erfolg und die Stellung von Hinderling Volkart widerspiegelt. Im Gegenzug war es uns wichtig, dass wir einen substanziellen Betrag in die Gruppe investieren können. Wir setzen uns ja nicht zur Ruhe, sondern möchten weiterhin als Unternehmer Vollgas geben.

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Bleiben Sie nun weiterhin an Bord oder haben Sie Ideen für ein neues Business?

MH: Wir freuen uns extrem auf die neuen Herausforderungen und Opportunitäten und committen uns langfristig – unternehmerisch sowie in der Leitung und Weiterentwicklung unserer Agentur sowie von Dept. Dies war ein Hauptgrund, warum wir uns für diesen Schritt entschieden haben: Es gibt nicht nur der Agentur, sondern auch uns persönlichen eine neue Perspektive.

«Der Investor hat einen langfristigen Anlagehorizont»

Dept dürfte nicht als einzige Agentur Interesse an HV angemeldet haben. Warum ist diese Agentur die richtige Käuferin?
MH: Bislang haben entweder Werte und Kultur nicht gepasst, oder aber wir haben uns an strukturellen Vorgaben gestört. Bei Dept sehen wir uns in einem unternehmerisch geprägten Umfeld von Gleichgesinnten, die allesamt eine digitale DNA mitbringen. Dies zeigt sich nicht nur an den Kompetenzen, sondern auch an der Vorstellung, wie die vielen verschiedenen Teams unter einem Dach organisiert werden und miteinander zusammenarbeiten. Am Schluss war es schlichtweg ein perfect Match, und wenn es passt, dann passt es.

Dept hat ja in der Schweiz bereits die Digitalmarketingagentur Yourposition gekauft. Rasch verschwand der Brand «Yourposition». Inwiefern wird das mit «Hinderling Volkart» ähnlich verlaufen?
MV: Es gibt bei Dept Agenturen, die sofort das Dept Branding angenommen haben, sowie auch solche, die ihren eigenständigen Brand behalten haben. Verfrüht einen Entscheid zu fällen oder überstürzt zu handeln, wäre falsch. Das Thema wird aber im Laufe des Jahres diskutiert. Vorderhand bleibt aber unser Brand mit dem Zusatz «Part of Dept» bestehen.

Die amerikanische Private Equity Firma Carlyle ist in Dept investiert und treibt offensiv das Wachstum voran. Inwiefern kennen Sie diese Investoren?
MV: Wenn man sich in diesem rasant verändernden und konsolidierenden Markt als internationalen Brand aufstellen möchte, liegt das Involvieren von Fremdkapital und einem Partner, der einem mit viel Erfahrung in diesem Vorhaben unterstützen kann, nahe. Der bei Dept investierte Tech- & Media-Fund verwaltet vor allem Pensionskassengelder und genügt den höchsten in der Finanzbranche anerkannten regulatorischen und ethischen Standards. Der Investor hat einen verhältnismässig langfristigen Anlagehorizont und verfolgt keine kurzfristigen Gewinnerwartungen. Die Wachstumsziele wurden mit dem Wechsel vom holländischen Investor zu Carlyle dann auch nach unten korrigiert. Auch wenn wir im Alltag den Investor wenig spüren werden, sind dies für uns wichtige Signale und Rahmenbedingungen.

«Inhaltlich werden sich neue Möglichkeiten anbieten»

Und wer von Ihnen beiden wird nun Dept-Schweiz-Chef? Oder wird es Lukas Stuber oder Beat Muttenzer?
MH: Gar niemand. Dept ist in mehrere Einheiten unterteilt, die organisatorisch eigenständig funktionieren. In der Schweiz sind das wir (Bereich «Design & Technology») mit Teams in Zürich, Bern und Basel sowie das bestehende Dept Schweiz Team («Digital Marketing», ehemals Yourposition). Wichtig ist, dass wir im Austausch mit dem bestehenden DM-Team sind und uns auch schweizweit die neuen Möglichkeiten optimal zu Nutze machen.

MV: Wir sind der Überzeugung, dass eine Agentur am besten funktioniert, wenn Teams oder Studios relativ autonom organisiert sind und ihre eigene intrinsische Motivation haben, in Projekten aber sehr eng zusammenarbeiten und sich auf organisatorischer Ebene eng austauschen und absprechen, oder für gewisse Bereiche auch gemischte Boards bilden. Das hat bis jetzt bei uns mit HV Bern und HV Italic sehr erfolgreich so funktioniert, und wir wollen dies auch in Zukunft bei Dept so handhaben.

Wie werden Ihre Kunden diese neue Eigentümerschaft spüren? Können Sie ein Beispiel machen?
MH: Ich bin mir sicher, dass sie von der Art des Geschäfts gar keine Änderungen spüren werden, da wir ja nach wie vor voll involviert sind. Inhaltlich werden sich neue Möglichkeiten anbieten, die wir aber keineswegs zu stark pushen möchten. Ein spannendes Beispiel ist vielleicht eine Anfrage unseres Kunden Lufthansa Gruppe: Wir wurde vor nicht allzu langer Zeit zum Pitch eingeladen, bei dem Lufthansa eine Agentur für die gesamte Gruppe suchte. Wir nahmen gar nicht teil, da das Engagement und die damit verbundenen Ressourcen nicht auf unsere Agentur passten. Bei der nächsten Anfrage dieser Art hätten wir in der Gruppe natürlich ganz andere Möglichkeiten.

 

Die beiden Interviewpartner haben schriftlich geantwortet. 

 



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