13.09.2012

smama

Interview mit Ex-Google-CH-CEO Andreas Schönenberger

"Wir haben das Online-Advertising verschlafen".
smama: Interview mit Ex-Google-CH-CEO Andreas Schönenberger

Mobile boomt: Weil immer mehr Schweizer über's Handy einkaufen oder Zeitung lesen, gilt Mobile für viele Unternehmen als grosse Wachstumschance. Um diesem Trend nicht schon wieder hinterher zu hinken, gründete Ex-Google-Schweiz-CEO Andreas Schönenberger kürzlich die "Swiss Mobile Association" (smama). Was der Verein bezweckt mit seiner Mobile-Offensive und wo die Trends im Mobile-Advertising liegen, lesen Sie im Interview:

Herr Schönenberger, Sie waren bis vor zwei Jahren CEO von Google Schweiz. Was machen Sie eigentlich jetzt?

Ich habe verschiedene Verwaltungsratsmandate, z.B. bei der Publigroupe, bei Zanox und bei Bisnode in Schweden. Daneben besitze ich eine eigene Firma mit Name "@speed". @speed ist mein Leidenschaftsprojekt, hier berate ich Firmen als Sparring-Partner zu den Themen Digital-Strategie und Innovation.

Daneben engagieren Sie sich bei smama, dem schweizerischen Mobile-Verband. Wie wollen Sie das Mobile-Geschäft vorwärts bringen?

Wir bieten den Leuten eine Web-Plattform, wo sie viele Informationen (Studien, Präsentationen, etc.) zum Thema Mobile finden und sich mit anderen Personen austauschen können. Ziel ist, Informationen zu teilen und voneinander zu lernen. In der Schweiz hatten wir das Online-Advertising verschlafen. Ich will mithelfen, dass uns im Mobile-Bereich nicht dasselbe passiert. Denn wir haben in der Schweiz eine sehr hohe Penetration von Smartphones (über 50 Prozent) und Tablets (über 13 Prozent) und daher beste Voraussetzungen für Geschäftsmöglichkeiten. Deshalb engagiere ich mich in diesem Verband – ehrenamtlich.

Smama gibt es seit einem halben Jahr. Wie zufrieden sind Sie mit dem Start?

Wir sind positiv überrascht, wie gross das Interesse ist. Zu unserer Fachtagung "Mobile Insights" am 4. September an der ETH in Zürich, sind rund 170 Leute gekommen. Das ist ein Super-Erfolg!

Welche Mobile-Trends werden sich Ihrer Einschätzung nach weiter verstärken?

Mobiles werden immer wichtiger für die Informationssuche. Google beispielsweise erwartet für 2012, dass 30 Prozent der Suchanfragen von Mobiles kommen. Daneben steigt die Bedeutung für die Interaktion auf Social-Networks (Facebook hat über 450 Millionen aktive mobile Nutzer), für Video/TVKonsum, insbesondere als Second-Screen und zum Bezahlen. Christian Wanner, CEO von LeShop, hat in seinem spannenden Referat erwähnt, dass bereits 19 Prozent des LeShop-Umsatzes von mobilen Geräten ausgelöst wird und Mobile-Shopping rasch wächst. Mobile-Shopping und Mobile-Bezahl-Systeme sind somit absolute Hot-Topics, mit denen sich die Unternehmen beschäftigen müssen.

E-Commerce war gestern, heute spricht man von "M-Commerce"?

Ja, genau. Es geht darum, über mobile Geräte einzukaufen. Einkaufen ist übers Mobile viel angenehmer als übers stationäre Internet. Dieser Bereich ist äusserst zukunftsträchtig und er betrifft alle Firmen, vor allem aber jene deren Produkte man übers Internet kaufen kann.

Sehen Sie weitere Trends, etwa bei der Werbung?

Werbung auf mobile Geräte wird stark zunehmen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand eine Werbung auf dem Mobile anklickt, ist viel höher als beim PC-Desktop. Bei Google wird Mobile-Werbung 72 Prozent häufiger und bei Facebook sogar doppelt so häufig angeklickt. Google wird dieses Jahr ca. 25 Prozent der bezahlten Klicks auf Werbung bei Suchanfragen über Mobiles generieren.

In dieser Diskussion werden zwei Werbungs-Typen genannt: Erstens "Inline-Advertisement" und zweitens "Privacy-safe targeted advertisement". Worum handelt es sich dabei genau?

Inline-Advertisements sind die meist farblich herausgehobenen Links in Texten. Wenn diese angeklickt werden erscheint ein Pop-up-Fenster oder man wird auf eine Landing-Page oder ein Webseite geführt. Bei "Privacy-safe targetedadvertisement" erfolgt eine gezielte Kundenansprache auf Grund des Nutzerverhaltens unter Respektierung der Privatsphäre. Das zweite ist aktuell ein sehr komplexes und viel diskutiertes Thema.

Wie relevant sind diese beiden Typen?

Absolut relevant, damit muss man sich beschäftigen! Privatsphäre ist ein absolut wichtiger Punkt – das zeigt z.B. auch die ganze Diskussion rund um Cookies- und andere Einstellungen für die Erfassung des Kundenverhaltens. Die grosse Frage ist: Inwiefern sind die Nutzer bereit, ihre Privatsphäre aufzugeben, wenn damit ein praktischer Nutzen für sie resultiert? "Privatsphäre vs. Komfort" heisst hier die Herausforderung. Es wird sich zeigen, welches die effizientesten und akzeptiertesten Werbeformen sind und wie die Privatsphäre geschützt werden kann.

Wo soll man sich hierbei orientieren?

In den USA ist man bezüglich Mobile-Werbung sehr weit: Google setzt sehr stark auf Mobile, denn der Suchmaschinenbetreiber erwartet, bereits 2012 4 bis 6 Milliarden Dollar mit Mobile-Werbung zu erwirtschaften. Daneben wird Mobile für alle grossen Player wie Facebook, Amazon, Ebay, Paypal, usw. zu einem der wichtigsten Geschäftsfelder.

Interview: Edith Hollenstein


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