11.09.2012

Suchmaschinen

Klischees über Nationalitäten

Schweizer sind unglücklich, weil sie so reich sind.

Dumme Amerikaner, ruppige Franzosen, böse Deutsche: Suchmaschinen im Internet ergänzen harmlose Anfragen meist mit üblen Klischees. Auch die Schweizer kommen nicht gut weg. Die englischsprachige Welt will offenbar insbesondere wissen, warum es den Menschen hierzulande so dreckig geht. Wer den Satzteil "Why are the Swiss so ..." ("Warum sind die Schweizer so ...") eingibt, erhält bei der bekanntesten Suchmaschine als prominent platzierte Fortsetzung "miserable" (unglücklich). Gemäss den Berechnungen, die das System anwendet, erscheint derzeit kaum eine Wortkombination zum Thema relevanter. In den einzelnen Suchergebnissen spiegelt sich das Unverständnis darüber, dass die Menschen in einem der reichsten und landschaftlich schönsten Länder der Welt nicht fröhlicher ihrem Tagwerk nachgehen.

David Manner, ein Blog-Autor aus der Elektronik-Branche, vermutet nach einem Schweiz-Aufenthalt, dass gerade das beständige Sorgen um den Reichtum unglücklich mache. Im französischsprachigen Raum interessieren der Reichtum und die Neutralität der Schweizer, aber auch die Frage, weshalb man hierzulande so langsam sei ("Pourquoi les suisses sont lents?"). Gemeint ist wohl nicht nur das Sprech-, sondern auch das Denktempo, wie man aus den Einträgen schliessen muss. US-Angst vor Drachen?

Auf Deutsch wird im Internet gefragt, weshalb Schweizer so arrogant und unfreundlich seien. Die Ratgeber-Community gutefrage.net mit Sitz in München verzichtet allerdings auf eine Antwort und mahnt die Nutzer, nicht so verallgemeinernde Fragen zu stellen. Genau solche Auskünfte werden in den Internet-Weiten jedoch gesucht. Allerdings tauchen zwischen den üblichen Klischees bisweilen originelle Problemstellungen auf. Amerikaner werden offenbar nicht nur als dumm, fett und religiös empfunden; prominent findet sich bei Google die selten beachtete Frage, weshalb in den USA Angst vor Drachen herrsche.

Die Antwort der Fantasy-Autorin Ursula K. Le Guin wirkt nicht mehr brandaktuell, erscheint bei der Suchmaschine aber noch immer an erster Stelle: Le Guin kam in den 1970er Jahren zum Schluss, dass fiktionale Werke von Amerikanern als verdächtig oder sogar verabscheuungswürdig angesehen werden. Grundsätzliche Fragen In einem aufschlussreichen Artikel beschäftigt sich das Kulturmagazin "Les Inrocktibles" mit einem Rätsel, vor das sich die französischsprachige Welt mit Blick auf die Deutschen gestellt sieht: "Warum wissen Deutsche nicht zu flirten?"

Der Autor Alain Xavier-Wurst macht hierfür die deutsche Sprache verantwortlich. "Geschlechtsverkehr" klingt in seinen Ohren verständlicherweise eher nach einem schwierigen philosophischen Problem als nach Vergnügen. Der Satz "Schatz, ich habe Lust auf Geschlechtsverkehr" ist im deutschen Alltag allerdings wohl selten. Ein eher positives Suchmaschinen-Image geniessen die Italiener. Vor allem ihre Schlankheit scheint bei Englisch- und Deutschsprachigen Bewunderung auszulösen. Hart ist schliesslich das Urteil, das sich aus den Suchmaschinen-Anfragen über Liechtenstein ableiten lässt: "Warum ist das ein Land?", fragt die englischsprachige Welt. (sda/dpa)


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