12.08.2020

Telekommunikation

Liberty Global will Sunrise kaufen

Beim zweiten Anlauf der Hochzeit von Sunrise und UPC rechnen die Firmenchefs mit keinem Widerstand durch die Behörden. Das jährliche Synergiepotenzial liege bei 275 Millionen Franken. Wie viele Jobs verloren gehen, ist noch unklar.
Telekommunikation: Liberty Global will Sunrise kaufen
Ein neuer grosser Konkurrent für die Swisscom entsteht: Ein Sunrise-Shop im Kanton Waadt. (Bild: Keystone/Christian Beutler)

Für die Übernahme von Sunrise durch UPC-Besitzerin Liberty Global rechnen die Spitzen beider Seiten mit keinem Widerstand durch die Behörden. Er sei zuversichtlich für das grüne Licht der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko), sagte Liberty Global-Chef Mike Fries am Mittwoch in einer Telefonkonferenz.

Ins selbe Horn stiess auch Sunrise-Verwaltungsratspräsident Thomas Meyer: Der Deal sei im Prinzip derselbe wie letztes Jahr.

Beim ersten Anlauf zur Hochzeit von Sunrise und UPC im vergangenen Jahr hatten die Schweizer Wettbewerbshüter die Genehmigung ohne Bedingungen oder Auflagen erteilt. Damals wollte Sunrise UPC übernehmen, war aber am Widerstand der Aktionäre unter der Führung der deutschen Freenet gescheitert.

Die industrielle Logik des Deals sei unbestreitbar, sagte Fries. Eine Konsolidierung im Schweizer Markt sei nötig. Gemeinsam würden UPC und Sunrise zu einem potenteren Herausforderer für Marktführer Swisscom. Mit der Kombination der neuen ultraschnellen Mobilfunktechnologie 5G und dem UPC-Kabelnetz könne man im nächsten Jahr 90 Prozent der Haushalte mit Internetgeschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde versorgen. Zudem habe das gemeinsame Unternehmen Wachstumschancen.

Ausmass von Stellenabbau unklar

Fries rechnet mit jährlichen Synergien von 275 Millionen Franken. Gehoben werden sollen sie etwa bei der IT oder dem Wegfall von Redundanzen nach der Integration. Auch bei den Betriebskosten gebe es Einsparmöglichkeiten. 70 bis 80 Prozent der Synergien sollten in drei Jahren realisiert werden können. Die vollen Synergien würden nach vier bis fünf Jahren anfallen.

Wie viele Jobs gestrichen werden, wollte Fries nicht bekannt geben: So weit sei man in der Planung noch nicht. Wer neuer Chef des zusammengelegten Telekomanbieters wird, sei ebenfalls noch nicht entschieden. «Wir wollen ein Managementteam mit den besten Leuten von beiden Seiten», sagte Fries. Auch über die Marken sei noch nicht entschieden. Allerdings: Fries lobte Sunrise als «aussergewöhnliche Marke», während UPC eine «starke Marke» sei, die in der Vergangenheit belastet gewesen sei.

Glasfaserbau mit Salt auf Eis

Als Folge der neuen Hochzeitsbemühungen werde die gerade erst beschlossene Kooperation von Sunrise und Salt für den Glasfaserausbau auf Eis gelegt, sagte Meyer. Sunrise und Salt hatten im Mai das Gemeinschaftsunternehmen Swiss Open Fiber gegründet, um in den nächsten fünf bis sieben Jahren 1,5 Millionen neue Glasfaserleitungen in die Haushalte (FTTH) zu legen.

Damit würden über 70 Prozent der Bevölkerung mit den ultraschnellen Datenautobahnen erschlossen. Das wären etwa doppelt so viele wie heute. Beide wollten 3 Milliarden Franken in den Ausbau investieren.

Kein Widerstand von Aktionären zu erwarten

Der Schritt für die Wideraufnahme der Hochzeitsgespräche kam von Liberty Global. «Wir sitzen auf 10 Milliarden Dollar Liquidität», sagte Fries. Die wolle man investieren. Angesichts der Performance von Sunrise, der Logik des Deals und der Notwendigkeit für eine Marktkonsolidierung in der Schweiz habe man nun das Kaufangebot vorgelegt. Damit sollen die Sunrise-Aktionäre 5 Milliarden Franken in bar erhalten. Der Unternehmenswert von Sunrise belaufe sich auf 6,8 Milliarden Franken, hiess es. Die Verhandlungen hätten weniger als einen Monat gedauert.

Widerstand von Aktionärsseite wie im letzten Jahr erwarten Fries und Meyer nicht: Man habe von Anfang an Grossaktionär Freenet ins Boot geholt. Und im Gegensatz zu damals werde über den Deal nicht öffentlich an einer Generalversammlung abgestimmt, sondern jeder Aktionär entscheide für sich, ob er das Angebot annehmen wolle, sagte Meyer.

Bei der letzten Transaktion sei Sunrise der Käufer gewesen, sagte Fries. Damals hätten die Bedingungen Freenet nicht gefallen. "Jetzt ist Freenet der Verkäufer." Der ganze Verwaltungsrat inklusive Freenet stünden einstimmig hinter dem Kaufangebot.

Nach der Übernahme soll Sunrise von der Schweizer Börse SIX dekotiert werden. Eine Rückkehr ist für Liberty Global-Chef Fries indes eine Option: «Die Chancen dafür stehen sehr gut. Wir haben kein Problem mit börsennotierten Unternehmen, unsere Tochter in Belgien ist ein börsennotiertes Unternehmen.» Man schaue diese Option an, wenn UPC und Sunrise zusammengelegt seien und die Geschäfte gut laufen würden. (awp/sda/wid)



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