19.02.2017

Suchmaschinen-Optimierung

«Nur wer mit klarem Fokus agiert, kann erfolgreich sein»

Seit Google künstliche Intelligenz für das Evaluieren der relevantesten Inhalte nutzt, verlieren allgemeine Ranking-Faktoren an Bedeutung. Nicht mehr das einzelne Keyword ist entscheidend, sondern der Kontext der Suchanfrage. Dario Mühle, SEO-Experte bei Namics, sagt im Interview, wie Marketer diesen Veränderungen begegnen können.
Suchmaschinen-Optimierung: «Nur wer mit klarem Fokus agiert, kann erfolgreich sein»
Dario Mühle ist Consultant und SEO-Experte bei der Webdienstleisterin Namics in Zürich. (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Herr Mühle, Keywords auf einer Homepage waren gestern, mit Google RankBrain* hat sich vieles verändert. Was genau?
Aufgrund von Machine Learning ist Google mittlerweile in der Lage, die Intention des Users zu deuten. Dies führt dazu, dass das einzelne Keyword immer weniger gewichtet wird. So sind mittlerweile auch Topplatzierungen möglich, auch wenn das Keyword nicht mehr in der Überschrift H1 hinterlegt ist. Das Format, also wie der Content dargestellt wird, erlangt eine immer grössere Bedeutung.

Auch der Kontext der Suchanfrage ist entscheidend. Was heisst das?
Genau. Sucht ein User beispielsweise nach «Frisurentrends 2017», ist nicht mehr entscheidend, dass dieses Keyword möglichst oft vorkommt, sondern vielmehr, dass die Intention befriedigt wird. In diesem Beispiel möchte der User eine Bildergalerie mit Frisuren sehen und keinen langen Text lesen.

Wie viele Unternehmen setzen aber immer noch auf die guten alten Keywords?
Zu viele. Reichlich Unternehmen betreiben noch immer kein strategisches SEO (Search Engine Optimization, Suchmaschinen-Optimierung, Anm. der Red.). Eine SEO-Strategie ist jedoch entscheidend, um das Ranking nachhaltig zu optimieren. Oft wissen Unternehmen nicht, in welchen Themenbereichen sie ein gutes Ranking erzielen möchten. Nur wer mit klarem Fokus agiert, kann erfolgreich sein.

Was entgeht den Firmen so?
Je nach Branche macht der organische Traffic über 50 Prozent der Besucher aus. Das gleicht einem Fussballspiel, bei dem nur die Hälfte der Tribüne gefüllt ist, obwohl Potenzial vorhanden wäre, Tickets für das ganze Stadion zu verkaufen. Daraus resultieren natürlich fehlende Erträge.

Google RankBrain evaluiert mit künstlicher Intelligenz die relevantesten Inhalte. Wie kann die Suchmaschine trotzdem beeinflusst werden? Gibt es da Tricks?
Es reicht wie gesagt nicht mehr aus, das Keyword möglichst oft zu integrieren. Vielmehr müssen sich Publisher fragen, wie man die eigene Online-Präsenz aufbaut, um die Intention des Users zu befriedigen. Sprich das ganze Websitekonzept muss stimmig sein. Einer der letzten «Tricks» sind die technischen Voraussetzungen zu erfüllen, welche die Basis für ein gutes Ranking bilden. Kann beispielsweise die Ladezeit optimiert oder die Domain auf HTTPS umgestellt werden, so führt dies zu relativ schnell spürbaren Verbesserungen.

Die Intention muss durch einen Mehrwert befriedigt werden. Wie könnte ein solcher Mehrwert aussehen?
Stellt der User eine Suchanfrage, erwartet er eine Antwort. Der Mehrwert wäre, wenn dieser Vorgang möglichst störungsfrei verläuft und er die passende Antwort auf seine Frage erhält. Sprich eine Antwort in der richtigen Länge, im richtigen Format und auf sein Device abgestimmt.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?
Nehmen wir an, ich suche nach einem Kochrezept. Zuerst möchte ich, dass die Seite schnell lädt und auch auf dem Smartphone funktioniert. Neben dem eigentlichen Rezept können Bilder oder Videos, wie ich das Essen am besten anrichte, einen wertvollen Mehrwert liefern.

Worin besteht also die Herausforderung für einen Marketer?
SEO ist eine interdisziplinäre Fachrichtung. Konzept, Technik, Marketing und Produktmanagement müssen sämtliche Optimierungsmassnahmen zusammen abstimmen. Jedoch wird in Unternehmen oft in Silos gedacht und agiert. Dies führt dazu, dass einerseits die Massnahmen nicht aufeinander abgestimmt und somit weniger effektiv sind. Andererseits können Unternehmen so nur langsam auf Änderungen reagieren.

Eine Möglichkeit ist auch Relevanz durch Personalisierung. Was heisst das?
Aufgrund zahlreicher Datenquellen wie Google Chrome und Google Analytics ist Google inzwischen in der Lage, in Echtzeit zu analysieren, ob die User mit den angezeigten Suchresultaten zufrieden sind oder nicht. Deshalb muss die oberste Maxime sein, die Relevanz für den User zu erhöhen. Personalisierung kann hierfür einen wichtigen Beitrag leisten, zum Beispiel durch personalisierte Inhalte, die die Besuchszeit verlängern.

Fühlt sich da ein User nicht verfolgt oder beobachtet, wenn er beispielsweise mit seinem Namen begrüsst wird?
Natürlich kann man es auch übertreiben. Aber im realen Leben behandeln Unternehmen einen Stammkunden auch anders als einen Neukunden. Weshalb sollte das online anders sein? Wichtig ist, dass man den User nicht bevormundet und ihm nur noch personalisierte Inhalte anzeigt. Idealerweise integriert man den User in den Personalisierungsvorgang, indem man ihm beispielsweise zu Beginn einige Fragen stellt. So kann er verstehen, weshalb ihm einige Inhalte prominenter angezeigt werden als andere.


* Google RankBrain setzt auf künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Damit sollen vor allem Suchanfragen verstanden werden, die bisher noch nie so eingegeben wurden – laut Google betrifft das 15 Prozent der Anfragen. RankBrain hilft der Suche dabei, diese einzuordnen, um passende Ergebnisse zu liefern.

 



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