15.07.2020

Serie zum Coronavirus

«Das CL-Finale wird nicht Vujo moderieren»

Folge 86: Roger Elsener von CH Media ist der Coup des Sommers gelungen: Er hat die Champions-League-Rechte gesichert. Von bezahlten Bieren mit dem SRF-Sport-Chef, dem Umzug ins neue Studio und wo er dieses Jahr die Ferien verbringt.
Serie zum Coronavirus: «Das CL-Finale wird nicht Vujo moderieren»
«Medienökonomisch gesehen ist es für den Schweizer Steuerzahler erfreulich, wenn ein privater TV-Anbieter die Champions League und die Europa League im Free-TV halten kann, ohne dass hierfür Gebührengelder der SRG aufgewendet werden müssen», sagt der TV- und Radiochef bei CH Media im Gespräch. (Bild: Thomas Buchwalder)

Herr Elsener, herzliche Gratulation zu den Champions-League-Rechten. Wie haben Sie gefeiert?
Wolfgang Elsaesser, CEO der Cinetrade AG, hat mich informiert, als ich gerade auf dem Heimweg von der Arbeit war. Ich habe mir dann zu Hause ein Glas Prosecco gegönnt.

Haben Sie auf diesen Coup viele Reaktionen bekommen?
Ja, ich habe noch nie so viele Gratulationen nach einem Rechteerwerb bekommen. Dass CH Media sich die Free-TV-Rechte der Champions League sichern kann, kam wohl für viele überraschend.

Und von der SRG?
Bevor wir die Medien über den Rechteerwerb informiert haben, war ich mit Roland Mägerle, dem Leiter von SRF Sport, ein Bier trinken. Selbstverständlich habe ich ihm das Bier bezahlt. Ich denke, das ist fair. Seither habe ich seitens SRG nichts mehr gehört, wir sind aber mit der SRG und dem SRF in gutem Einvernehmen und arbeiten in vielen Bereichen auch zusammen.

Jetzt plant die SP eine Petition, wonach die Champions League weiterhin bei der SRG aufgeschaltet werden soll. Welche Chancen geben Sie diesem Vorhaben?
Ich bin kein Politiker und eine politische Beurteilung des Rechtekaufs möchte ich mir auch nicht anmassen. Medienökonomisch gesehen ist es für die Schweiz und den Schweizer Steuerzahler erfreulich, wenn ein privater TV-Anbieter die Champions League und die Europa League im Free-TV halten kann, ohne dass hierfür Gebührengelder der SRG aufgewendet werden müssen.

Die Frage, die die ganze Schweiz beschäftigt, was haben Sie besser gemacht als die SRG?
Die SRG ist bekanntlich ein Vielfaches grösser als wir. Ein reines Wettbieten wäre da die falsche Strategie, auch wenn die SRG angehalten ist, zu sparen. Wir haben versucht, ein möglichst gutes Kooperationsmodell mit dem Teleclub zu finden, der ja Hauptrechtenehmer der UEFA ist. Ein Kooperationsmodell, das eine Win-Win-Situation für den Teleclub und für uns mit sich bringt. Ich denke, dieses Kooperationsmodell hat überzeugt und den Ausschlag zu unseren Gunsten gegeben.

Wie teuer wird der ganze Spass?
Über den Preis wurde stillschweigen vereinbart. Er liegt aber im Rahmen dessen, was wir refinanzieren können.

Am 23. August wird bereits das Finale auf 3+ übertragen werden. Wissen Sie schon wer moderiert und wer im Studio sein wird?
Nein. Ich kann aber garantieren: Vujo ist es nicht.

Wie haben Sie selbst die ganze Corona-Zeit erlebt?
In erster Linie war es gemeinsam mit unserer Unternehmensleitung meine Aufgabe, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen und den finanziellen Schaden so klein wie möglich zu halten. Das ist uns im Rahmen unserer Möglichkeiten gut gelungen. Ich selber war in der Zeit fast jeden zweiten Tag mehrere Stunden in Verhandlungen mit den Netzbetreiberverbänden rund um Replay-TV. In einem viel zu grossen, dafür Corona-konformen Sitzungszimmer an der völlig verlassenen Bahnhofstrasse in Zürich. Dieses Bild werde ich nie vergessen.

Welche Auswirkungen hatte die ganze Krise auf Ihre Sender?
Am Zuschauer- und am Hörermarkt konnten wir extrem punkten. Unsere Redaktions- und Moderationsteams der regionalen TV- und Radiosender haben einen super Job gemacht. Wir konnten gegenüber der Konkurrenz entsprechend stark zulegen. Auch unsere nationalen TV-Sender liegen im Marktanteil zweistellig über Vorjahr. Und dies, obwohl wir in der Produktion unserer Unterhaltungsformate wegen Corona massiv eingeschränkt waren. Zum Glück war «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» schon fertig produziert. Dieses Format ist in der Corona-Zeit neben «The Voice of Switzerland» durch die Decke gegangen und hat dafür kompensiert, dass wir zum Beispiel «Bumann der Restauranttester» nicht zeigen konnten. Was bei all der Freude natürlich trotzdem schmerzt: Die Werbeeinnahmen sind von einem auf den anderen Tag eingebrochen.

Nun planen Sie in den nächsten Jahren eine grosse Zügelaktion vom Steinfelsareal nach Zürich-Oerlikon. Kann dies überhaupt planmässig stattfinden?
Ja, wir sind auf Plan. Corona hat die Planungsarbeiten nicht aufgehalten.

Wird sich der Werbemarkt noch dieses Jahr erholen?
Das wäre erfreulich. Es ist aber leider nicht damit zu rechnen, dass sich der Werbemarkt noch dieses Jahr vollständig erholt.

Ganz privat gefragt: Machen Sie dieses Jahr überhaupt Ferien und wenn ja wo?
Ich hatte mit meiner Familie diesen Sommer eine Südostasienreise geplant. Hatte. Jetzt sind wir im Reka-Feriendorf in Rougement.

Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Wochen?
Nun, das war schon der Prozess rund um die Rechtevergabe der Champions League und der Europa League. Hinter den Kulissen hatte diese Vergabe eine Dynamik, die ich sicher nicht so schnell vergessen werde.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier. 


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