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Viele neue Tassen im Schrank

Christian Beck

Zum Start von CH Media, dem Joint Venture von AZ Medien und den NZZ-Regionalmedien, gab es am Montag Mitarbeiter-Apéros und Tassen für alle. Was als Willkommensgeschenk gedacht war, könnte für einige auch zum Give-away werden. Unklar ist nämlich im Moment, wie viele der über 2000 Mitarbeiter gehen müssen. «Wir werden uns Doppelspurigkeiten in der neuen Organisation nicht leisten können und es wird harte Entscheidungen geben müssen», sagte CEO Axel Wüstmann in einer Videobotschaft unmissverständlich. Bis Mitte November müssen sich die Angestellten gedulden. Anschliessend will CH Media Klarheit schaffen (persoenlich.com berichtete).

Bis dahin können sich die Mitarbeiter an den Namen ihres neuen Arbeitgebers gewöhnen. Dabei hat CH Media durchaus auch Verwechslungspotenzial. «CH Media» klingt, so finde ich, ähnlich wie «TA Media» – so hiess Tamedia bis ins Jahr 2000. Viele vor allem ältere Menschen sprechen noch heute von TA Media. Wurde das bei der Wahl des neuen Firmennamens beachtet? «Der Name CH Media ist das Ergebnis eines gemeinsamen Namensfindungsprozesses und wurde aus verschiedenen Möglichkeiten gewählt», sagt Monica Stephani, Leiterin der Unternehmenskommunikation von CH Media. «Bei CH Media hat uns das Gesamtpaket der Wort-Bildmarke überzeugt.» Nur: Wenn sich dereinst CH Media wie TA Media auch mal zusammenhängend schreiben sollte, wird es unaussprechlich: Chmedia.

Apropos Namen, hier gibt es einen weiteren interessanten Fakt: CH Media heisst nicht nur das neue Joint Venture, im Internet zu finden unter chmedia.ch. CH Media heisst auch ein Berufsverband für Medienschaffende aus Presse, Radio, Fernsehen und neue elektronische Medien – unter der Domain ch-media.ch. Dieser «Unabhängige Verband der Schweizer Journalisten» wurde 1970 in Sitten gegründet. «Das war bekannt und es gab bereits eine Kontaktaufnahme», so Stephani. Wer von den beiden wird den Namen nun möglicherweise ändern müssen? David oder Goliath?

Zurück zu den Willkommens-Apéros vom Montag. Diese seien von den Mitarbeitenden geschätzt worden, sagt Stephani dazu. «Die hohe Teilnehmerzahl bestätigt dies.» Ob die Quantität etwas über die Qualität aussagt, steht indes in den Sternen. Auf jeden Fall hiess es: Hoch die Tassen. Ebensolche – samt CH-Media-Logo – gabs als Präsent für die Mitarbeitenden. Warum aber ausgerechnet ein Trinkgefäss? Was ist die Botschaft dahinter? Das wollte ich von der Unternehmenssprecherin wissen. Die Antwort auf meine schriftliche Anfrage: «--». Zwei Striche lassen mir also keine Wahl. Ich muss über die mögliche Symbolik spekulieren.

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Mit hunderten, vielleicht gar tausenden neuen Tassen im Schrank kann man dem Unternehmen wenigstens nicht vorwerfen, verrückt zu sein. Auch wenn unter den Mitarbeitenden sicherlich – wie fast in jeder Firma – einige trübe Tassen dabei sein könnten, gab es durch den Zusammenschluss reichlich Auffrischung. Und beim nächsten Fest können mit der CH-Media-Tasse alle das «Traurige Lied vom Bodensee» anstimmen: «Wie ist es traurig, wenn ich in der Tasse den Boden seh.»

Dabei muss man ja nicht immer Tee einschenken. Viele würden sich jetzt reinen Wein wünschen.



Christian Beck ist Redaktor bei persoenlich.com.

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