Frau Hunziker, Sie sind Markenbotschafterin der Schweiz in Italien. Welchen Stellenwert hat unser Land in Italien?
Ich habe das Angebot von Schweiz Tourismus (ST), für die Schweiz zu werben, mit Freude angenommen, weil es eine Chance ist, die Schönheit der Berge, das kulturelle Erbe und die Sorge für das Land, die uns Schweizer auszeichnet, einem möglichst breiten Publikum bekannt zu machen. Ich bin Schweizerin in meiner DNA, aber Italienerin in meiner Seele. Die ersten Jahre, die ich in der Schweiz verbracht habe, haben mich geprägt, und dann, als ich fünfzehn war, kam die Liebe zu Italien, das ich als meine zweite Heimat betrachte, hinzu. Ich bin eine perfekte Verbindung zwischen Italien und der Schweiz, zwei Ländern, die historisch und durch den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch eng miteinander verbunden sind.
Was schätzen die Italienerinnen und Italiener an der Schweiz?
Die Schweiz ist klein, aber ungemein vielfältig. Innerhalb weniger Kilometer ändern sich Landschaften, Kantone und sogar die gesprochene Sprache. Es gibt eine Vielzahl von Angeboten für jede Art von Ferien. Die Schweiz ist ein Synonym für Natur und Lebensqualität. Die italienischen Gäste schätzen die Möglichkeit, viele Erlebnisse in der Natur zu geniessen, mit Panoramazügen zu reisen, aber auch unsere hübschen kleinen Städte zu besuchen, die, obwohl sie im Vergleich zu den grossen europäischen Hauptstädten klein sind, ein beneidenswertes kulturelles Angebot haben und im Sommer Festivals und Open-Air-Veranstaltungen von grosser Attraktivität bieten.
Ist die Schweiz für die Italiener nicht zu teuer?
Die Lebenshaltungskosten sind in der Schweiz höher. Daran besteht kein Zweifel. ST und seine Partner haben jedoch Angebote entwickelt, die für verschiedene Arten von Touristinnen und Touristen zugänglich sind. Es gibt Pauschalangebote, die Unterkunft und öffentliche Verkehrsmittel kombinieren, und viele Ermässigungen für Familien. Die Qualität der Infrastruktur ist ebenfalls sehr gut. Es ist nicht notwendig, nur in ein Fünfsternehotel zu gehen, um einen herzlichen und ebenso professionellen Empfang zu geniessen. Im Sommer verwandelt sich die Schweiz in einen riesigen Spielplatz mit freiem Eintritt. Sie können in den Seen und Flüssen baden, zu Fuss oder mit dem Velo eine der vielen Touren unternehmen oder die Open-Air-Events besuchen, die die Schweizer Städte beleben.
Sie sind wohl die international bekannteste Schweizerin überhaupt. Wie geht man mit diesem Prädikat um?
Ich bin stolz darauf, die Schweiz zu vertreten und zu einem positiven Image meines Landes beizutragen.
«Ich habe schöne Erinnerungen an diese Jahre in der Schweiz»
Sie sind wie Ursula Andress in Ostermundigen aufgewachsen. Was macht diesen Ort so speziell?
Ich wurde in Sorengo in der Nähe von Lugano geboren und lebte im Tessin, bis ich drei Jahre alt war. Dann zog ich nach Ostermundigen, einem kleinen Dorf in der Nähe von Bern, der Hauptstadt. Mit dreizehn Jahren ging ich nach Solothurn, wo ich die Matura machte. Ich habe schöne Erinnerungen an diese Jahre in der Schweiz. Ich fuhr mit dem Zug nach Bern, sprang mit meinen Freunden in die Aare und fuhr oft mit meiner Familie ins Berner Oberland, um schöne Wanderungen in den Bergen zu unternehmen.
Von welchen Schweiz-Qualitäten profitieren Sie in Italien am meisten?
Beharrlichkeit und Liebe zum Detail. Ich gebe mir bei allem, was ich tue, sehr viel Mühe und versuche, bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben. Von meinem Schweizer Elternhaus habe ich auch die Liebe zum Sport und die Leidenschaft für die Berge geerbt.
Wenn Sie einer Italienerin oder einem Italiener einen Ort in der Schweiz empfehlen müssten, welcher wäre das?
Es gibt viele Orte des Herzens. Ich empfehle einen Besuch der Schlösser und der Altstadt von Bellinzona, aber auch einen Aufenthalt in Luzern im Herzen der Schweiz. Vielleicht mit dem Gotthard Panorama Express, der eine Zugfahrt über die historische Gotthard-Bergstrecke mit einer Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee kombiniert.
«Die Schweiz ist für mich ein sehr wichtiges Land»
Sie moderierten bereits vor 20 Jahren eine eigene TV-Sendung im damaligen Privatsender TV 3. Sieht man Sie wieder einmal in einem Schweizer TV-Programm? Gab es entsprechende Anfragen?
Die Schweiz ist für mich ein sehr wichtiges Land. Ich habe dort meine Wurzeln. Meine ganze Dankbarkeit gilt dem, was ich in meinem Geburtsland gelernt habe, der Ausbildung, die ich erhalten habe. Ich wäre nicht die Person, die ich heute bin, wenn ich nicht diesen Sinn für Disziplin, Hingabe an die Dinge und den Willen zum Erfolg hätte. All dies wurde mir von der Umgebung und der Schule vermittelt. Was das Fernsehen betrifft, so gibt es in der Schweiz Kanäle, die in verschiedenen Sprachen senden und daher für ein kleines Publikum gedacht sind. Da ich die Gelegenheit hatte, für das italienische Fernsehen zu arbeiten, das auch im Tessin ausgestrahlt wird, und für das deutsche Fernsehen, das auch von den Deutschschweizern gesehen wird, schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich komme nicht zum Arbeiten in die Schweiz, aber ich komme so trotzdem «in die Stuben» der Schweizerinnen und Schweizer.
Welches sind Ihre nächsten Projekte?
Ich bin immer sehr beschäftigt mit Doppia Difesa, der Stiftung von mir und Rechtsanwältin Bongiorno, die seit 2007 Menschen hilft, die Opfer von Gewalt, Diskriminierung und allen Formen von Missbrauch und Belästigung geworden sind. Es kostet mich viel Energie, aber es gibt mir auch viel Befriedigung. Es erfüllt mich mit Freude, Frauen zu helfen, «neu geboren» zu werden und das Licht wieder zu sehen, nachdem sie Tragödien erlebt haben.
Michelle Hunziker ist die Tochter einer Niederländerin und eines Schweizer Kunstmalers. Sie wurde 1977 in Sorengo bei Lugano geboren. Bekannt wurde sie im deutschsprachigen Raum als Co-Moderatorin von «Wetten, dass..?» zusammen mit Thomas Gottschalk. Hunziker war mit dem Sänger Eros Ramazotti und dem Unternehmer Tomaso Trussardi verheiratet. Über ihr aktuelles Privatleben wollte sie sich im Interview nicht äussern. Ihr Vertrag als Markenbotschafterin von Schweiz Tourismus (ST) in Italien wurde soeben verlängert. Michelle Hunziker spricht fünf Sprachen fliessend und hat drei Kinder.
Das ausführliche Interview ist in der aktuellen Printausgabe von «persönlich» erschienen.
KOMMENTARE
11.08.2022 23:09 Uhr