08.04.2020

Serie zum Coronavirus

«Ich lebe ständig in Quarantäne»

Im Teil 18 unserer Serie: Der Basler Erfolgsautor Claude Cueni ist jeden Winter in der Quarantäne. Deswegen kann er über die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nur lachen.
Serie zum Coronavirus: «Ich lebe ständig in Quarantäne»
«Ich brauche keine optimalen Bedingungen, um kreativ zu sein», so Autor Claude Cueni. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Cueni, wie fest beeinträchtigt die Krise Ihren persönlichen Alltag?
Seit meiner leukämiebedingten Knochenmarktransplantation vor elf Jahren bin ich immunsupprimiert, um weitere Organabstossungen zu verhindern. Ich verbringe deshalb freiwillig jeden Winter in Quarantäne. Im August war eine Behandlung auf der Intensivstation notwendig. Seitdem lebe ich einer Dauerquarantäne. Das ist der Preis fürs Überleben. Ich habe das als neue Normalität akzeptiert und abgehakt. Wenn Angela Merkel nach ihrer 14-tägigen Quarantäre sagt: «14 Tage allein zu Hause, das ist nicht leicht», dann kann ich nur lachen.

Also hat das Ganze keinen Einfluss auf Ihr Leben …
Die Pandemie hat durchaus einen Einfluss auf meinen Alltag. Alle vier Spitäler, in denen ich seit Jahren in Behandlung bin, haben die Termine auf unbestimmte Zeit verschoben. Das ist unangenehm, weil man ja laufend mein Blut kontrollieren und die Medikamente anpassen muss. Angenehm ist hingegen, dass meine Frau unbezahlten Urlaub genommen hat und mir Gesellsellschaft leistet. Sonst hätte das Risiko bestanden, dass sie mir das Virus nach Hause bringt. Ich geniesse jetzt jeden Mittag ihre asiatische Küche und mache mich als «human selfie stick» nützlich, wenn sie ihre Videos dreht.

«Literatur ist immer auch Selbsterfahrung»

Sie sind Schriftsteller. Was ist der Einfluss auf Ihre Tätigkeit?
Keinen. Es ist alles eine Frage der Einstellung. Ich brauche keine optimalen Bedingungen, um kreativ zu sein. Ich hatte nie welche. Hätte ich darauf gewartet, hätte ich keinen einzigen Roman geschrieben.

Gibt es Ihnen sogar Inspiration?
Literatur ist immer auch Selbsterfahrung. Seit frühester Kindheit inspiriert mich alles was ich sehe, höre oder lese zu neuen Geschichten. Ich bin mein eigener Hofnarr und damit sehr glücklich.

Sie haben über vieles geschrieben, aber haben Sie sich einmal so etwas wie die jetzige Situation vorgestellt?
Ja. Ich muss mich seit meiner Leukämieerkrankung mit Viren, Bakterien, Keimen und dem Immunsystem beschäftigen. Das hat mich zum Roman «Genesis – Pandemie aus dem Eis» inspiriert, der am 20. Juli bei Nagel & Kimche erscheint. Ich schrieb ihn bereits ein Jahr vor dem Ausbruch der Conora-Pandemie. Für mich war immer klar, dass nicht Meteoriten, Ausserirdische oder die Klimaerwärmung das grösstmögliche Unglück für die Menschheit darstellen, sondern eine Pandemie.

Lesen Sie in der heutigen Zeit?
Auch hier hat sich nichts geändert. Meine Medikamente haben starke Nebenwirkungen. Spätestens um 2 Uhr muss ich aufstehen und beginne meinen Arbeitstag mit meinem Rehab-Programm. Dann verfolge ich das Geschehen an den asiatischen Börsen. Über den Tag verteilt lese ich jeweils circa drei Stunden die internationale Presse. Diese Woche lese ich die Druckfahnen von «Genesis», und anschliessend lese ich das neue Manuskript «Hotel California», bevor ich es meinem Agenten zur Prüfung schicke.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier



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