04.11.2019

Rod Kommunikation

«Ohne Kampagne würden die Infektionen zunehmen»

Mateo Sacchetti ist Creative Director bei Rod Kommunikation und verantwortlich für die Umsetzung der aktuellen «Love Life»-Kampagne. Sacchetti erklärt, warum die Leute heute das Kondom öfters benutzen als bei ihrem ersten Mal.
Rod Kommunikation: «Ohne Kampagne würden die Infektionen zunehmen»
«Dieses Jahr geht die Kampagne noch näher an das Kondom», sagt Mateo Sacchetti über die neue «Love Life»-Kampagne.
von Loric Lehmann

Herr Sacchetti, das diesjährige Motto der «Love Life»-Kampagne lautet «Auf gehts». Wohin denn?
Hin zu einem lustvollen Umgang mit dem Kondom und somit zu einer sicheren und gesunden Sexualität.

Das neue Logo von «Love Life» ist eine geöffnete Kondomverpackung. Warum hat man sich vom alten verabschiedet?
Das Logo ist noch immer dasselbe, nur kommt ihm in der Kampagne eine aktivere Rolle zu und ist in den Mittelpunkt gerückt. Neu ist es also nicht nur Absender, sondern eigentlicher Botschaftsträger.

Gegenüber den humorvollen Spots von letztem Jahr sind jene der aktuellen Kampagne ja nicht ganz so spektakulär. Wurde das ganze Pulver bei der letzten Kampagne verschossen?
Das Pulver ist bei dieser Kampagne nie verschossen. Seit 30 Jahren geht es darum, für die Vermittlung derselben Botschaft neue Strategien und neue Geschichten zu finden. Dieses Jahr geht die Kampagne noch näher an das Kondom.

«Mit der Erfahrung wird es einfacher, ein Kondom zu benutzen»

Für die Kampagne hält man an den bereits bestehenden «Safer-Sex-Regeln» fest. Sie lauten: Vaginal- und Analsex mit Kondom und verweisen auf den «Safer-Sex-Check» auf der Website. Will man nun die Leute vermehrt auf die Website holen, statt auf den Plakaten und Spots Informationen zu liefern?
Der «Safer-Sex-Check» ist zentraler Bestandteil der Kampagne und wichtiges Tool zur Erreichung ihrer Ziele. Sämtliche Werbemittel führen auf ihn hin. Dass dabei jedes Werbemittel umfeld- und kanalspezifisch die Botschaft zu vermitteln hat, ist im Jahr 2019 selbstverständlich.

Eine Umfrage der Forschungsstelle Sotomo, deren Ergebnisse in die Kampagne eingeflossen sind, zeigt, dass die Befragten das Kondom «bei neuen und gelegentlichen Sexualkontakten heute konsequenter verwenden als bei ihren ersten sexuellen Kontakten.» Worauf führen Sie dies zurück?
Der Umgang mit dem Kondom muss gelernt sein. Mit der Erfahrung wird es einfacher, ein Kondom zu benutzen.

Müsste die Kampagne dann nicht bei einer jüngeren Zielgruppe ansetzen, also die Menschen VOR den ersten sexuellen Kontakten gezielt aufklären? Nachher besteht ja die Gefahr, dass es schon «zu spät» ist.
Die «Love Life»-Kampagne richtet sich an die Gesamtbevölkerung, die jungen Menschen gehören selbstverständlich dazu. Jetzt wird diese Bevölkerungsgruppe zum Beispiel explizit über die sozialen Medien und via YouTube mit Antworten zu den drängendsten Fragen angesprochen.

«Die Kampagne weist seit 30 Jahren darauf hin, dass die Verwendung des Kondoms dazu gehört»

Fast 60 Prozent der Befragten bezeichneten Sex mit Kondom als weniger intensiv, 52 Prozent gar als lusteinschränkend. Sehr beliebt scheint das Kondom ja nach wie vor nicht zu sen. Sind die Leute trotzdem einfach vernünftiger als früher?
Die Kampagne war von Anfang an darauf ausgerichtet, die Menschen zu befähigen, mit der Bedrohung umzugehen. Die Kampagne macht seit jeher konkrete Handlungsanweisungen und weist seit 30 Jahren darauf hin, dass die Verwendung des Kondoms selbstverständlich dazu gehört.

Gemäss einer Analyse des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (Fög) zur Medienberichterstattung über das Kondom wurde im Verlauf der letzten zehn Jahre weniger und weniger emotional über das Kondom berichtet. Wie viel hat das mit der «Love Life»-Kampagne zu tun?
Das Fög kommt in seiner Medienanalyse zum Schluss, dass die Kampagne «Love Life» einen grossen Einfluss auf die mediale Perzeption des Kondoms hat und dass das Kondom oft gerade im Zusammenhang mit der Kampagne erwähnt wird. Gerade im Online-Zeitalter ist dies für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit entscheidend, weil die Onlinemedien ein wertvolles Wissensreservoir darstellen.

Letzte Frage: Jedes Jahr bringt das BAG eine Studie raus, die besagt, dass die Infektionen mit HIV und sexuell übertragbaren Krankheiten abnehmen. Braucht es die «Love Life»-Kampagne also bald gar nicht mehr?
Natürlich braucht es die Kampagne immer noch. Ansonsten vergessen die Menschen, dass das Kondom beim Sex dazu gehört. Ohne Kampagne würden die Infektionen sofort wieder zunehmen.



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