03.11.2021

Weihnachtswerbung 2021

«Wir sollten nicht zu viel alleine sein»

Als erste Schweizer Detailhändlerin hat die Migros ihren Weihnachtsfilm veröffentlicht. In der Hauptrolle ist die Lieferdrohne Robin. Livio Dainese von Wirz und Michel Noverraz von der Migros über soziale Isolation und batteriebetriebe Herzen.
Weihnachtswerbung 2021: «Wir sollten nicht zu viel alleine sein»
«Die Geschichte ist ein Appell an die Menschlichkeit» (v.l.): Livio Dainese, Co-CEO und Kreativchef von Wirz, und Michel Noverraz, Senior Projektleiter Campaigning beim Migros-Genossenschafts-Bund. (Bilder: zVg)
von Christian Beck

Herr Dainese, Herr Noverraz, haben Sie privat schon mal eine Drohne gesteuert?
Michel Noverraz: Ich habe mal einen Freund versehentlich mit einer gestreift. Es ist bei diesem einen traumatischen Versuch geblieben.

Livio Dainese: Danach war sie in Stücken.

Held des neuen Migros-Weihnachtsfilms ist die Lieferdrohne Robin (persoenlich.com berichtete). Weil während der Coronakrise vermehrt online bestellt wurde?
Dainese: Nein, das nicht. Die Geschichte ist ein Appell an die Menschlichkeit. Viele Menschen, auch in diesem Land, hatten und haben eine harte Zeit. Manche haben sogar jemanden verloren. Es gilt jetzt mehr denn je, aufeinander zu schauen, aufeinander Acht zu geben. Dafür ist der eigentlich «herzlose» Robin der beste Protagonist.

An Weihnachten 2020 flutete die Migros die Schweiz mit einer Fülle kurzer Spots. Früher waren die Helden Wichtel Finn oder Eulenküken Mimi. War es wichtig, wieder eine liebenswürdige Figur zu kreieren?
Noverraz: Eine überzeugende Geschichte und eine gute Dramaturgie haben für uns einen höheren Stellenwert als die Frage, ob die Umsetzung nun mit Menschen geschieht oder ob wir uns einer Fabelfigur behelfen. Im Falle von Weihnachten steht es der Agentur in einem ersten Schritt frei, wie sie das Briefing in Filmideen übersetzen will. Es wäre meiner Ansicht nach falsch, der Kreativität bereits Türen zu schliessen, bevor sie überhaupt aufgestossen wurden.

«Wir wollten einen Hauptdarsteller mit Charakter, mit Ecken und Kanten»

Robin wirkt wie aus einer anderen Zeit – mit Beulen und Kratzern. Warum haben Sie sich nicht für ein topmodernes Modell entschieden?
Dainese: Robin war einfach sehr günstig. Im Ernst: Wir wollten einen Hauptdarsteller mit Charakter, mit Ecken und Kanten. Oder eben mit Beulen und Kratzern. Robin hat schon vieles erlebt und schon alles gesehen. Gerade das macht seine menschliche Regung so besonders.

Und sonst: Welche Charaktereigenschaften hat Robin?
Dainese: Wie sein Name schon andeutet, hat Robin einen Sinn für Menschlichkeit, ein grosses, batteriebetriebenes Herz. Und sehr viel Empathie.

Als ich den Film das erste Mal sah, kriegte ich Hühnerhaut, als die ältere Dame vor der Türe stand. Wie erging es Ihnen?
Noverraz: Obschon mir natürlich bekannt war, dass auf das Tief wieder ein Hoch folgt, geht einem die Situation nahe. Nicht hauptsächlich, weil die Szene selbst einen berührt, als vielmehr zu wissen, dass die hier gespielte Situation eine grosse Portion Realität in sich trägt.

Die Botschaft des Spots ist, dass niemand allein Weihnachten feiern soll. Ist diese Message wichtiger denn je?
Dainese: Ja und wie. Überhaupt sollten wir nicht zu viel alleine sein. Denn wir werden doch alle ein bisschen komisch, wenn wir so gar keinen Austausch, keinen Spiegel haben.

Noverraz: Über ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer fühlen sich einsam und Corona hat die Mehrheit von uns faktisch zusätzlich in die soziale Isolation gezwungen. Das Problem der Einsamkeit in der Schweiz wurde so zusätzlich verschärft. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass sich ausschliesslich verwitwete, ältere Menschen einsam fühlen. Es war noch nie wichtiger als heute, darauf hinzuweisen.

«Der Weihnachtsgruss wäre zum heutigen Zeitpunkt sicherlich etwas verfrüht»

Der Migros-Weihnachtsfilm feierte am Dienstag Premiere. Warum bereits Anfang November?
Noverraz: Wir haben das Timing intern intensiv besprochen. Entscheidend war nicht, welcher Detailhändler nun als erster sein Ass zückt. Unsere Botschaft «Lassen wir niemanden alleine.» erachten wir bereits im kalten, dunklen November als hochrelevant. Wir ergänzen die Botschaft zu einem späteren Zeitpunkt mit «Schöne Weihnachten für alle». Einverstanden – der Weihnachtsgruss wäre zum heutigen Zeitpunkt sicherlich etwas verfrüht.

Und was wird bei Ihren Liebsten unter dem Weihnachtsbaum liegen? Eine Drohne vermutlich nicht, da dürfte es Lieferprobleme geben infolge fehlender Chips …
Noverraz: Unser Sohn wird zu dem Zeitpunkt sieben Monate alt sein. Erfahrungsgemäss freuen sich die Kleinen über das Geschenkpapier fast mehr als über den Inhalt. Das wiederum freut dann wohl unsere dreijährige Tochter, die voraussichtlich die darauffolgenden Tage intensiv mit Duplo-Spielen beschäftigt sein wird.

Dainese: Seit meine Buben lesen können, kann ich solche Fragen nicht mehr beantworten. Ich hoffe, Sie verstehen.



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