17.08.2000

Der Abschied vom Heidiland

"Präsenz Schweiz" soll mit professionellen Marketingstrategien das Image Helvetiens im Ausland aufpolieren.

Wenn Ende September die bundeseigene PR-Organisation "Präsenz Schweiz" offiziell ihre Tätigkeit aufnimmt, verabschiedet sich die Schweiz im Ausland endgültig vom Image des idyllischen Heidilandes. Mit professionellen Marketingstrategien will sich unser Land wieder ins richtige Licht rücken. Noch ist "Präsenz Schweiz", die Nachfolgeorganisation der 1976 gegründeten Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland (Koko) im Aufbaustadium. Zum Kommissionspräsidenten im Nebenamt hat der Bundesrat zwar den Sabena-Chef und ehemaligen Swissair-Manager Paul Reutlinger gewinnen können. Aber die übrigen Kommissionsmitglieder sind noch nicht bestimmt, und auch der Leiter der zehnköpfigen Geschäftsstelle (sprich bundeseigene PR-Agentur) wird erst in den nächsten Wochen vom Bundesrat ernannt werden. Dessen Stellvertreter wird der EDA-Mitarbeiter Yves Morath sein, der derzeit die Fäden zieht.

Die Diskussionen um nachrichtenlose Vermögen und das Verhalten der Schweiz im Zweiten Weltkrieg haben das Image der Schweiz im Ausland und insbesondere in den USA verschlechtert. Grund genug, "Präsenz Schweiz" personell zu verdoppeln und zehn professionelle Mitarbeiter an die Arbeit zu schicken. Damit einher geht auch die Erhöhung des Budgets. Statt den heute jährlichen 7,5 Millionen stehen zwischen 2000 und 2003 insgesamt 46,4 Millionen Franken für die Image-Pflege zur Verfügung. "Mit dem Geld müssen wir auskommen können. Die Frage ist, ob zehn Personen ausreichen werden", erklärt Morath im Gespräch.

Schlicht nicht mehr präsent

Seines Erachtens ist es nicht bloss die Vergangenheitsbewältigung, welche die Schweiz international in ein schiefes Licht rückte. "Wir sind in manchen Ländern schlicht nicht mehr präsent", sagt Morath und erwähnt das Beispiel Deutschland: "Hier nimmt uns die Jugend kaum mehr wahr." Dies sei nicht zuletzt auf das Abseitsstehen von EU und Nato zurückzuführen. Folgerung: "Wir müssen uns in solchen Staaten vorstellen und unsere Eigenheiten, unsere Vielfalt, unsere Werte und unsere Innovationsfähigkeit präsentieren." Die Vermittlung kann mit Veranstaltungen, aber auch über Drucksachen, Filmmaterial, Multimedia oder Radio und Fernsehen erfolgen. "Am Besten ist es, das Werk einer Persönlichkeit für sich sprechen zu lassen, wie etwa den vom Architekten Peter Zumthor erstellten Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Hannover", umschreibt Yves Morath das Ziel von "Präsenz Schweiz".

Wenig Schwerpunktregionen

Die Schweiz will keineswegs weltweit die Präsenz suchen. Zur Schwerpunktregion in den nächsten Jahren gehören die USA. Welches Land oder welche Region daneben noch zum Handkuss kommt, wird derzeit evaluiert. 14 Schweizer Botschaften haben Interesse bekundet, mit "Präsenz Schweiz" unser Land ins richtige Licht zu rücken. "Höchstens in zwei Ländern können wir in den nächsten zwei bis drei Jahren unsere Präsenz forcieren", so Morath. Es mache keinen Sinn, an zu vielen Orten aktiv zu werden. Denn das Angebot von "Präsenz Schweiz" - Aktivitäten und Instrumente - sei nachfrageorientiert ausgerichtet. Erkenntnisse und Bedürfnisse von Schweizer Auslandvertretungen und ausländischen Meinungsträgern stünden daher im Vordergrund. Und das Botschaftspersonal müsse Kreativität beweisen. Denkt Morath etwa an Thomas Borer, den Schweizer Botschafter in Berlin? "Dessen 1.-August-Feier war genial", schwärmt der EDA-Mitarbeiter. Und: "Die Botschaftseröffnung im Mai 2001 wird bestimmt ein Hit."

Beisst die Wirtschaft an?

Für Morath ist klar, dass "Präsenz Schweiz" kein Projekt zu 100 Prozent selbst finanzieren wird: "Wir müssen so gute Ideen lancieren, dass die Wirtschaft anbeisst und sich projektbezogen mitbeteiligt." Nicht zuletzt deshalb wurde der Manager Reutlinger als Präsident verpflichtet. Morath gibt indes zu bedenken, dass nicht nur die Exportwirtschaft und die Tourismusbranche von "Präsenz Schweiz" profitierten. Wenn die Schweiz ihr Image vom Heidiland, der Berge, der Uhren und der Schokolade abstreife und sich realistisch präsentiere, bringe dies auch verschiedenste kulturelle Gegenwerte oder stärke den Forschungs- und Innovationsplatz Schweiz. Ein weiteres Ziel von "Präsenz Schweiz" ist die bessere Koordination der verschiedenen Akteure. Dies gilt insbesondere für die Tätigkeiten des Bundesamtes für Kultur, des Departements für Auswärtige Angelegenheiten und der Stiftung Pro Helvetia. Da "Präsenz Schweiz" als dezentrale Verwaltungseinheit beim EDA angesiedelt ist, kommt ihr diesbezüglich eine Scharnierfunktion zu.


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