25.03.2014

GfM

"Seien Sie der einsame, sexy Tänzer!"

Am Dienstag fand die 24. Marketing-Trend-Tagung der GfM unter dem Motto "Successful Marketing in Turbulent Times" statt. Professoren, Werber, Zukunftsforscher und Extremsportler sorgten für ein rundes Programm mit zahlreichen Inputs aus Theorie und Praxis. Wichtige Punkte waren die Orientierung am Kunden, die zeitgemässe Umsetzung einer Marke und das Ausprobieren von neuen Wegen - ohne Angst vor Fehlern.
GfM: "Seien Sie der einsame, sexy Tänzer!"

"Successful Marketing in Turbulent Times" lautete das Motto der 24. Marketing-Trend-Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM), die am Dienstag im Kongresshaus in Zürich stattfand. Turbulent sind die Zeiten allemal, bieten aber auch Chancen, wie GfM-Präsident Ulrich H. Moser in seiner Begrüssung mit einigen Beispielen illustrierte. Stolz verkündete er, seine kurze Rede habe im BlaBlaMeter gut abgeschnitten - was nicht alle der folgenden Vorträge gleichermassen von sich behaupten konnten.

Dann übernahm "10vor10"-Moderatorin Daniela Lager, die souverän durch die Tagung führte. Als ersten Redner bat sie Dominique Turpin auf die Bühne. Der Wirtschaftsprofessor und Präsident der renommierten IMD forderte Unternehmen dazu auf, sich stets am Kunden zu orientieren, und gerade in turbulenten Zeiten umso mehr zu investieren. Vor allem solle man sich um die Kopfschmerzen des Kunden kümmern und versuchen, das Produkt auch aus seiner Sicht zu sehen.

Agilität und Stabilität
Werber Dominique von Matt stellte fünf Grundsätze vor, mit denen man auch im digitalen Wandel Erfolg haben kann. "Agilität und Stabilität" sei dabei sehr wichtig: Eine Marke müsse sich stets weiterentwickeln, dürfe ihren Kern dabei aber nicht verlieren. Er forderte auch, Pilotprojekte durchzuführen statt Projektgruppen einzusetzen - ohne Angst vor Fehlern. So erhalte man eine steile Lernkurve, ganz im Sinne der Maxime von Facebook: "Done is better than perfect."

Jörg Grünwald, Vice President Global Brand Management für Nivea, zeigte auf, wie die bekannte Kosmetikmarke seit 100 Jahren ihr Image pflegt - und schloss fast nahtlos an von Matt an. Auch Grünwald nannte zuallerst den Kundennutzen. Schliesslich sei auch Markenkontinuität sehr wichtig, die Umsetzung davon müsse aber immer zeitgemäss sein und sich weiterentwickeln.

79 Tage vor der Weltmeisterschaft in Brasilien erklärte Ralph Straus, Head of Strategy and Brand Management bei der FIFA, wie solche Grossanlässe marketing- und sponsoringtechnisch organisiert werden (siehe Bild oben). Dabei sind nicht weniger als 46 Prozent der Weltbevölkerung vor dem Fernseher: 3,2 Milliarden sehen mindestens ein Spiel der WM. Man wolle die Marke nicht zeigen, sondern sie erlebbar machen.

Daten und Online-Marketing
Rainer Balensiefer und Thomas Ruck von der Beratungsfirma Accenture stellten im Anschluss eine globale Studie des Beratungsunternehmens über die Situation des Chief Marketing Officers vor. Sie forderten auch eine "Data Supply Chain" - denn Daten seien in Zukunft die wichtigste Währung eines Unternehmens und sollten auch dementsprechend bewirtschaftet werden.

Der "sehr junge" Tobias Zehnder (siehe Bild oben) von Webrepublic erklärte als Vertretung für seinen CEO Thomas Hanan, wie man Online-Marketing effizient gestaltet. Unter anderem zeigte er die Grenzen gängiger Messmethoden auf und widerlegte den Mythos, im Online-Marketing sei alles messbar. Auch für ihn stehen die Kunden im Zentrum, soll man experimentieren und neue Wege finden - dabei aber auch die Grenzen kennen.

Die Twitter-Wall mit dem Hashtag #gfm14 wurde rege genutzt - auch für Kritik: So wurden im Laufe des Morgen schon die ersten Gewinner im Bullshit-Bingo ausgerufen und Beratersprech und übermässiger Gebrauch von Anglizismen bemängelt.

Die Bodenhaftung verlieren
"Bei einer Trend-Tagung darf man die Bodenhaftung auch mal kurz verlieren und abheben", führte Lager den ersten Referenten des Nachmittags ein. Remo Läng (siehe Bild unten) erklärte in urchigem Berner Hochdeutsch, wie er mit seinem Wingsuit in sieben Minuten über die Alpen geflogen ist. Angst kennt der Seeländer nicht - ausser beim Fussballspielen. Da sei die Verletzungsgefahr viel höher als beim Fliegen, erklärte er auf Nachfrage.

Fast schon in Bühnendeutsch brachte der Wirtschaftsprofessor Zheng Han aus Shanghai dem Saal den "emerging market" China näher - einen turbulenten Markt voller unberechenbarer Konsumenten, die im Luxussegment schon für über einen Viertel des weltweiten Umsatzes verantwortlich sind. Für westliche Firmen sei es aber immer noch schwierig, in China Fuss zu fassen, da sie potentielle Käufer nicht verstehen und darum falsch ansprechen.

Monique Bourquin, Finanzchefin bei Unilever für Deutschland/Österreich/Schweiz, redete mit Daniela Lager - die Form des Gesprächs war eine gute Abwechslung - über Frauen im Topmanagement und die vielen Marken ihres Konzerns. 80 Prozent des Marketingbudgets von Unilever werde immer noch für traditionelle Werbung ausgegeben, aber bei einigen Marken wie beispielsweise Axe versuche man auch, junge Leute im digitalen Bereich abzuholen.

Verrückte Ideen
Den Schluss- und Höhepunkt setzte der schwedische Zukunftsforscher Magnus Lindkvist, der seit einem halben Jahr in Zürich lebt. Im Stil und Aussehen eines verrückten Professors erklärte er, dabei weit in die Vergangenheit ausholend, dass zu viel kopiert und zu wenig geschaffen werde. Es brauche mehr vertikalen statt horizontalen Wandel. Seine Aufforderung, ausgehend von einem Youtube-Video: "Seien Sie der einsame, sexy Tänzer!" Alle guten Ideen halte man zuerst für verrückt. Darum brauche man viel Geduld und dürfe keine Angst vor Fehlern haben.

Ulrich Moser entliess das Publikum schliesslich mit den Worten, es sei ein rundes Programm mit vielen Inputs gewesen - hoffentlich habe jeder etwas "food for thought" mitnehmen können. Marketing sei nötiger denn je und habe "eine gute Gegenwart und eine noch bessere Zukunft". (lmy)

Mehr Bilder zum Anlass finden Sie hier.



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