25.08.2000

"Und sie sind halt doch nicht echt"

Weil die Waro gefälschte Levi's-Jeans verkaufte, muss Ex-Direktionspräsident Paul Nagel 40'000 Franken Busse bezahlen.

100'000 Jeans der Marke Levi's 501 hatte die Waro 1996 beim Zürcher Textilhändler Karol Kollmann gekauft. Über 40'000 waren bereits ausgeliefert, als ein Fälschungsfahnder der Firma Levi Strauss die Kollmann-Hosen in den Waro-Regalen als Fälschungen erkannte. Die Waro-Verantwortlichen erklärten zwar schriftlich, die Ware nicht weiter zu verkaufen, bis deren Echtheit eindeutig abgeklärt sei. Doch kurz darauf lagen die Hosen wieder in den Verkaufsgestellen. Mit dem Slogan "Und sie sind halt doch echt" wurde in Zeitungen für die vermeintlichen "501" geworben.

Auch Lieferant Kollmann, der sich im vergangenen Mai in einem separaten Verfahren vor Gericht verantworten musste, beteuert bis heute die Echtheit seiner Jeans. Das Urteil steht noch aus. Ende 1998 war Gerichtstermin in Uster. Verstösse gegen das Markenschutzgesetz und unlauteren Wettbewerb warf der Bezirksanwalt den Waro-Verantwortlichen vor und beantragte eine Busse von 80'000 Franken für den damaligen Direktor und 10'000 Franken für den Chef-Einkäufer. Die Angeklagten plädierten auf Freispruch.

Empa bestätigt Fälschungen

Doch auch nach der sechsstündigen Verhandlung blieb unklar, ob die Jeans nun echt oder gefälscht waren. Ein Jeansfahnder von Levi Strauss erwähnte fälschungssichere, aber geheim zu haltende Merkmale, die an den fraglichen Hosen fehlten. Der Bezirksanwalt verwies auf offensichtliche Fehler wie falsch geschriebene Firmenbezeichnungen auf den Etiketten ("Levi's" ohne Apostroph) und falsche Initialen auf den Nieten. Die Waro-Verantwortlichen erklärten dagegen, die Ware stamme vom legalen Graumarkt und zu Fehlproduktionen komme es halt auch in Levi's-Betrieben. Überhaupt gehe es der Hosenfirma nur darum, Druck auf die Händler auszuüben, damit diese bei Levi Strauss direkt und nicht auf dem billigeren Graumarkt einkauften. Der Richter entschied, mit einem unabhängigen Gutachten nach der Wahrheit zu suchen, und erteilte der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Versuchsanstalt (Empa) einen entsprechenden Auftrag.

In ihrem Bericht kommt sie zu einem klaren Ergebnis: Die Hosen sind nicht echt. Das Bezirksgericht hat darauf den ehemaligen Direktionspräsidenten der Waro, Paul Nagel, wegen unlauteren Wettbewerbs, nicht aber wegen Verstössen gegen das Markenschutzgesetz verurteilt. Er muss 40'000 Franken Busse bezahlen. Der Chef-Einkäufer wurde freigesprochen. Die Urteilsbegründung steht noch aus.

Zu den Kunden Kollmanns zählten auch Coop, Migros und Epa. Anders als die Waro konnten diese ihren Streit mit Levi Strauss in einem Vergleich beilegen. So musste Coop seine Kollmann-Jeans nach Entfernen der Etiketten an ein Hilfswerk verschenken und Levi Strauss Schadenersatz bezahlen. Die Hosenfirma zog im Gegenzug ihre Anzeige zurück. Die Waro war dazu nicht bereit gewesen.



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