05.07.2024

Plakatwerbung

Verbot in Vernier laut Bundesgericht zulässig

Das in der Genfer Gemeinde im Jahr 2022 verabschiedete Verbot kommerzieller Plakatwerbung sei mit den Grundrechten vereinbar. Das Bundesgericht hat die Beschwerden von Unternehmen und Privatpersonen abgewiesen. Verboten ist Werbung, die von öffentlichem Grund aus sichtbar ist.
Plakatwerbung: Verbot in Vernier laut Bundesgericht zulässig
Werden immer weniger: Plakatwände in der Gemeinde Vernier. (Bild: Keystone/Martial Trezzini)

Im Rahmen einer so genannten abstrakten Kontrolle prüfte das Bundesgericht in zwei am Freitag veröffentlichten Urteilen die Rechtmässigkeit von Artikel 3 und 4 des gerügten Reglements von Vernier. Es ist zum Schluss gelangt, dass kein unzulässiger Eingriff in Grundrechte festzustellen ist. Das Reglement stelle keine nach Artikel 94 der Bundesverfassung verbotene wirtschaftspolitische Massnahme dar.

Es verfolge keine derartigen Ziele und bezwecke keine Einflussnahme auf den freien Wettbewerb. Das Verbot ziele vielmehr darauf ab, das Ortsbild zu schützen. Zudem solle damit die Bewegungsfreiheit der Menschen im öffentlichen Raum verbessert, die visuelle Verschmutzung bekämpft und der Bevölkerung die Möglichkeit gegeben werden, sich unerwünschter Werbung zu entziehen. Es handle sich dabei um umwelt- und sozialpolitische Zielsetzungen, die im öffentlichen Interesse lägen.

Der mit dem Verbot kommerzieller Plakatwerbung verbundene Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und in die Eigentumsgarantie ist laut Bundesgericht zulässig. Das Verbot basiere auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, beruhe auf einem überwiegenden öffentlichen Interesse und sei verhältnismässig. Die Rechte von Plakatgesellschaften oder anderen wirtschaftlichen Akteuren, die ihre Produkte oder Dienstleistungen bekannt machen wollten, würden nicht übermässig beschränkt. Für Werbung gebe es unzählige andere Möglichkeiten.

Privatgrund mitbetroffen

Ein stärkerer Grundrechtseingriff sei das Verbot kommerzieller Plakatwerbung auf privatem Grund, der von öffentlichem Grund einsehbar ist. Auch diese Einschränkung sei jedoch verhältnismässig. Ohne Ausweitung auf Privatgrundstücke könne das Verbot kommerzieller Plakatwerbung auf öffentlichem Grund umgangen werden, womit die angestrebten Ziele nicht erreicht würden.

Im Weiteren liegt gemäss den Erwägungen des höchsten Schweizer Gerichts auch keine Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Konkurrenten vor. In Bezug auf erlaubte Plakatwerbung – etwa für kulturelle und sportliche Veranstaltungen - sei angesichts der unterschiedlichen Werbeinhalte keine Ungleichbehandlung erkennbar. Schliesslich sei das Verbot auch mit der Meinungsäusserungsfreiheit vereinbar.

Der Gemeinderat der Stadt Vernier verabschiedete 2022 das Reglement zum Verbot von kommerzieller Plakatwerbung. Es untersagt kommerzielle Plakat- und Anzeigenwerbung auf Papier, die von öffentlichem Grund aus sichtbar ist. Das Verbot gilt unabhängig davon, ob sich die Werbung auf öffentlichem oder privatem Grund befindet. Das Referendum gegen das Reglement kam nicht zustande. Ende Juli 2023 trat es in Kraft. Die Gemeinde Vernier demontierte in der Folge 132 der bisher 172 Plakatwände. (Urteile 2C_36/2023 und 2C_38/2023 vom 5.6.2024) (sda/cbe)


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KOMMENTARE

Jean-Jacques Gubler
08.07.2024 06:21 Uhr
Und schon bald wird die nächste Gemeinde kommen, dann die übernächste, und dann vielleicht einmal eine Stadt. Nein, das trifft das Herz einer freiheitlichen Wirtschaft und muss dringendst bekämpft werden. Zustände wie in der DDR wollen wir nicht. FdP und SVP sind gefordert.
Andreas Hugi
05.07.2024 15:29 Uhr
Ich glaub', mich tritt ein Pferd: Das Bundesgericht stützt das Verbot kommerzieller Plakatwerbung der Genfer Gemeinde Vernier: Wenn Plakatwerbung verboten werde, sei das kein wirtschaftspolitischer Eingriff, sondern ziele vielmehr darauf ab, "visuelle Verschmutzung zu bekämpfen". Mit diesem unverständlichen Entscheid spielt das Bundesgericht vielerorts aufkommenden Zensur- und Erziehungsgelüsten des Staates in die Hände. Dass sich unsere Branche hier wehren muss, ist klar. Aber der Aufschrei sollte alle freiheitsliebenden und liberalen Kreise erfassen, die nicht wollen, dass eine Behörde uns vorschreibt, welche Werbung wir (nicht) sehen sollen.
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