Der Bundesrat lehnt die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» ab. Dies hat er an seiner Sitzung vom Mittwoch beschlossen. Der Bundesrat teile aber das Anliegen der Initianten, die Haushalte und die Wirtschaft finanziell zu entlasten, teilte er mit. Darum schlägt der Bundesrat vor, die Medienabgabe für Haushalte von heute 335 Franken pro Jahr auf 300 Franken zu reduzieren.
Der Bundesrat will der Initiative keine Änderung der Verfassung oder eines Gesetzes entgegenstellen – über solche Gegenvorschläge hätte das Parlament und allenfalls auch das Volk zu befinden. Er bevorzugt einen Gegenvorschlag in seinem Zuständigkeitsbereich; er will die Höhe der Radio- und Fernsehgebühr weiterhin selbst festlegen. Die Botschaft zur SRG-Initiative wird der Bundesrat vor den Sommerferien 2024 an das Parlament überweisen.
Unternehmen mit bis zu 1,2 Millionen Umsatz zahlen nicht mehr
Die Senkung soll bis 2029 in zwei Etappen erfolgen. Gar keine Abgabe mehr zahlen sollen zudem rund 60'000 Unternehmen mit einem steuerpflichtigen Jahresumsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken. Heute liegt die Grenze für die Abgabenbefreiung bei 500'000 Franken Umsatz. Zu diesem Vorschlag können sich interessierte Kreise im Rahmen einer Vernehmlassung bis zum 1. Februar 2024 äussern.
Laut Bundesrat Albert Rösti hätte die Senkung und Streichung der Abgabe für Haushalte und Unternehmen eine Reduktion im SRG-Budget von 170 Millionen Franken zur Folge. Der Abgabenanteil beträgt heute 1,25 Milliarden Franken. Private Lokalradios und Regionalfernsehen, die Geld aus dem Gebührentopf erhalten, sind von den Kürzungen nicht betroffen.
SRG: «Wir stünden vor einer völlig neuen Situation»
Für die SRG ist klar: Eine solche Reduktion des Budgets hätte negative Folgen für das Programm, die dezentrale Aufstellung des Unternehmens und das Personal der SRG. So liess sich SRG-Sprecher Edi Estermann in der NZZ am Sonntag zitieren, die vorab über den Sparentscheid berichtete. Es sei schlicht nicht möglich, mit 200 Millionen Franken weniger Budget dieselbe Leistung zu erbringen. «Wir stünden vor einer völlig neuen Situation», so der SRG-Sprecher.
Die SRG begrüsst in einer Mitteilung vom Mittwoch die klare Haltung des Bundesrates gegen die Initiative, nimmt die vorgeschlagenen Massnahmen aber aufgrund der unvermeidbaren Konsequenzen mit Sorge zur Kenntnis. Die Konsequenzen davon wären «unvermeidbar», schreibt die SRG: Neben einem Stellenabbau hätten die Massnahmen unweigerlich negative Konsequenzen für das Programm, zum Beispiel in den Bereichen regionale Informationen, Sportproduktionen, Koproduktionen von Schweizer Filmen und Musikaufnahmen sowie populäre Grossveranstaltungen. Die SRG werde deshalb in der Vernehmlassung die Folgen der Massnahmen darlegen.
Bundesrat Rösti spricht von einem Abbau von «mehreren 100 Stellen», betont aber gleichzeitig die Etappierung des Abbaus.
Die neue SRG-Konzession werde im Anschluss an die voraussichtlich 2026 stattfindende Volksabstimmung zur «SRG-Initiative» ausgearbeitet, heisst es weiter. «Es macht keinen Sinn, jetzt eine Konzession zu erarbeiten, wenn wir nicht wissen, wie viel Geld wir zur Verfügung haben», sagte Bernard Maissen, Direktor des Bundesamts für Kommunikation, an der Medienkonferenz des Bundesrates. Die neue SRG-Konzession soll ab 2029 gelten.
Im Gegensatz zu heute soll die SRG in Zukunft ihren Auftrag verstärkt auf Information, Bildung und Kultur ausrichten. Bei der Unterhaltung und beim Sport soll sie auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden. Und das Onlineangebot soll stärker auf audiovisuelle Inhalte ausgerichtet werden, fordert der Bundesrat. Die aktuelle Konzession wird der Bundesrat im Jahr 2024 bis 2028 verlängern. (nil)