Herr Canonica, das von Ihnen geführte "Tagi Magi" steht im Umbruch. Was planen Sie genau?
Bisher war die Redaktion des "Magazin" eine schreibende Redaktion. Wir verbrachten einen grossen Teil unserer Zeit mit dem Schreiben von eigenen Geschichten. Daneben muss eine Redaktion aber, gerade heute, wo der Themendruck steigt, noch mehr leisten: sie muss länger über Themen nachdenken, Texte diskutieren, redigieren und schliesslich noch das wöchentliche Heft produzieren. Zusätzlich müssen Autoren betreut, neue Autoren gefunden, und unzählige Textvorschläge gelesen werde. Das System der schreibenden Redakteure, das etwa zehn Jahre alt ist, hat dazu geführt, dass uns für diese redaktionelle Arbeit nicht mehr genügend Zeit zur Verfügung stand. Jetzt stellen wir die Redaktion um, arbeiten künftig mit einem System, wie es bei angelsächsischen Magazinen wie zum Beispiel dem "New York Times Magazine" oder "The New Yorker" schon lange gäbe ist: Eine kleine Gruppe von Redakteuren kümmert sich ausschliesslich um Themenzusammensetzung, Qualität der Texte und Autorenbetreuung. Diese Redakteure schreiben selbst keine langen Texte. Für einen grossen Teil der Texte im "Magazin" wird der bewährte Autorenstamm zuständig sein, von relativ jungen Autoren wie Thomas Zaugg bis hin zu Edelfedern wie Erwin Koch.
Geschieht dies auch wegen des finanziellen Drucks?
Praktisch jedes Medienunternehmen, jede Redaktion steht heute unter finanziellem Druck. Auch wir, das kann man nicht bestreiten. Ja, wir sparen mit dieser Umstellung - wir geben dafür jedoch mehr Geld aus für Texte von guten Autoren und Reportern.
In letzter Zeit waren mit Martin Beglinger, Mathias Ninck, Birgit Schmid (persoenlich.com berichtete) und einigen Weiteren die Abgänge wesentlich zahlreicher und prominenter als die Zuzüge. Hat Sie das überrascht?
Jeder Abgang ist auf seine eigene Art schade. Wir hatten auf der Redaktion in den letzten Wochen drei Abgänge und zwei Zugänge. Die Gründe für jeden Wechsel sind verschieden, ich möchte aber darauf hinweisen, dass beispielsweise Martin Beglinger elf Jahre beim "Magazin" gearbeitet hat. Ich glaube, man kann es niemandem übel nehmen, wenn er nach dieser langen Zeit nochmals eine neue Aufgabe übernimmt. Aber klar, das neue Modell, wie die Redaktion funktionieren soll, hat Kollegen vor eine Wahl gestellt: als nichtschreibender Redaktor weitermachen oder aber sich für einen Autorenvertrag zu entscheiden. Das war nicht einfach und das hat auch zu Spannungen geführt. Es verlassen das "Magazin" jetzt aber auch Kollegen, die erst beim "Magazin" zu dem wurden, was Sie heute zu Recht als "prominente Autoren" bezeichnen. Ausserdem zähle ich Bruno Ziauddin, der neu zu uns stösst, zu einem der profiliertesten Schweizer Journalisten. Und wir werden bald ein weiteren, guten Namen bekannt geben können.
Was soll online passieren?
Das "Magazin" soll voll ins Newsnet integriert werden. Das hätte eigentlich schon früher passieren sollen, wir mussten dieses Projekt aber aufgrund der Bezahlmodell-Einführung etwas auf die Wartebank schieben. Das wird sich jetzt aber ändern. Wir erachten einen unserem Blatt würdigen Auftritt innerhalb des Newsnet für sehr wichtig und ich freue mich darauf.
Wird das "Tagi Magi" an Schlagkraft einbüssen?
Nein, das glaube ich nicht. Aber das ist ein bisschen wie im Fussball: Wird Real Madrid nach dem Abgang von Angel di Maria wesentlich geschwächt? Viele haben es vermutet, es ist aber nicht passiert. Redaktionen verändern sich nun mal, und wir hatten beim "Magazin" jahrelang fast keine Wechsel auf der schreibenden Seite.
Haben Sie "neue" Edelfedern im Visier?
Ich sehe Leute wie Michael Hugentobler, Paula Scheidt, Thomas Zaugg oder Joel Bedetti als Angehörige einer jüngeren Generation von neuen Edelfedern, nur um ein paar Namen zu nennen. Wir verzichten aber auch nicht auf die klassischen Topschreiber, Erwin Koch arbeitet gerade an einer Geschichte für uns, ebenso Peter Haffner, und auch der Kisch-Preisträger Jan Christoph Wiechmann gehört zum Magazin-Autorenstamm.
"Spiegel" und "Focus" haben ihr Erscheinungsdatum geändert. Ist das für "Das Magazin" langfristig auch eine Option?
Sie sprechen ein Thema an, dass wir immer wieder diskutieren. Viele Zeitungen und Zeitschriften setzen zur Zeit mit aller Kraft auf den Samstag. Also dahin, wo wir schon immer waren. Ob es jetzt ein schlauer Move wäre, sich vom Wochenende wegzubewegen? Ich halte das tatsächlich für bedenkenswert, aber ob das unsere 600'000 Leser auch so sehen, weiss ich nicht.
Fragen: Matthias Ackeret/Bild: zVg