Herr Schoenenberger, Sie holen die Korrespondenten aus der Nordwestschweiz, St. Gallen und Luzern in die Zentralredaktion Zürich oder nach Bern. Wie viele Mitarbeiter werden den Arbeitsort wechseln?
Zwei Korrespondenten werden künftig in der Zürcher Inlandredaktion, eine Korrespondentin in der Bundeshausredaktion arbeiten.
In der Westschweiz gibt es weiterhin eine Korrespondentenstelle. Und im Tessin?
Unser Tessiner Korrespondent wird im Tessin bleiben und wird vorläufig als freier Mitarbeiter über die Kantone Tessin und Graubünden schreiben.
Wenn die Bundespolitik «massiv an Bedeutung gewonnen hat», wie Sie vor einigen Tagen den Schritt begründeten, hätten Sie doch einfach zusätzliches Personal für Bern einstellen können. Warum sind die Korrespondenten die Richtigen hierzu?
So einfach ist das nicht, denn eine Erhöhung der Aufwendungen für die Redaktion liegt unter den gegebenen Umständen leider nicht drin. Die NZZ-Korrespondenten sind erfahrene Journalisten. Ihnen bleiben wir treu, sie sind die Richtigen, um die Standorte Bern und Zürich zu verstärken.
Wie viel können Sie so sparen?
Interna wie diese kommunizieren wir nicht.
Ist es nicht bedeutend schwieriger, mit den Leuten in der Ostschweiz oder in Luzern ins Gespräch zu kommen, zu sehen war vor Ort passiert, wenn die Journalisten in Zürich oder Bern arbeiten?
Natürlich ist es so, dass die Berichterstattung aus den Kantonen davon lebt, dass Journalisten vor Ort präsent sind. Zu verschweigen, dass wir diesbezüglich nichts verlieren, wäre unehrlich. Die jetzigen Korrespondenten, die wir nun in Zürich zusammenziehen, werden aber weiterhin einen engen Draht zu ihren momentanen Berichterstattungsgebieten haben.
Auch der Tagi hat die Korrespondenten reduziert. Wäre es nicht gerade in Abgrenzung zur Konkurrenz und mit dem Ziel vor Augen «Qualitätsjournalismus» zu liefern, der die verschiedenen Teile der Schweiz verbindet, wichtig, vor Ort präsent zu sein?
Wir werden das Inlandressort so organisieren, dass die Berichterstattung aus den Kantonen weiterhin gewährleistet ist, aber nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher. Das Inlandressort in Zürich kennt das Fachdossier-System, mit dem wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben, weil es uns erlaubt, Themen eng zu begleiten und die für die NZZ-Leserschaft wichtige Tiefenschärfe zu entwickeln. Analog dazu werden wir kantonale Zuständigkeiten definieren. Wir lassen die Berichterstattung aus den Regionen nicht fallen.
Sie sagten, dass durch das Internet «alle relevanten Informationen seitens Behörden online zugänglich sind». Was meinten Sie damit?
Wenn Sie vor 20 Jahren Grundinformationen wie beispielsweise parlamentarische Beschlüsse, Gesetzestexte oder Vorlagen von Kantonsregierungen beschaffen wollten, mussten Sie an den Ort des Geschehens gehen oder diese aufwändig bestellen. Diese Informationen sind heute online zugänglich. Selbstverständlich ersetzen diese Informationen keine Gespräche vor Ort, kein Telefonat, keine Recherche und auch nicht den Kontakt mit der Bevölkerung. Aber der Aufwand, an die Grundinformationen zu gelangen, hat sich dank der Digitalisierung doch erheblich reduziert.
Informationen über Prozesse, angeführte Argumente, persönliche Interessen erfahren Journalisten jedoch nur, wenn sie die Debatte mit eigenen Augen verfolgen können. Ist das nicht mehr wichtig oder kann sich die NZZ das künftig nicht mehr leisten?
Doch, das bleibt wichtig. Wir können aber doch Gerichtsprozesse, Parlamentsdebatten und andere planbare Ereignisse weiterhin vor Ort verfolgen. Auch Reportagen sind möglich. Richtig ist, dass dies künftig bei der NZZ vermehrt punktuell geschehen wird.
Und was ist mit dem Ton an den Stammtischen, auf Pausenplätzen, an Gemeindeversammlungen oder in Betriebskantinen?
Da werden wir sicher weniger präsent sein.
Inwiefern sind inhaltliche Kooperationen mit dem «St. Galler Tagblatt» oder der «Neuen Luzerner Zeitung» ein mögliches Zukunftsszenario für das Inland-Ressort der NZZ?
Derzeit ist das kein Zukunftsszenario.
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