Was hat der Bundesrat beschlossen?
Der Bundesrat senkt die Medienabgabe für Privathaushalte bis 2029 stufenweise auf zuerst 312 und dann auf 300 Franken pro Jahr. Heute beträgt sie 335 Franken. Weiter schafft der Bundesrat die Unternehmensabgabe für Firmen mit einem Jahresumsatz unter 1,2 Millionen Franken ab. Bisher galt eine Umsatzlimite von 500'000 Franken. Das hat die Regierung an ihrer Sitzung am Mittwoch beschlossen (persoenlich.com berichtete). Dieses Vorgehen hatte Uvek-Vorsteher Albert Rösti im vergangenen November vorgeschlagen. Da die beschlossene Mittelreduktion erst ab 2027 zu greifen beginnt, hat der Bundesrat ebenfalls beschlossen, die bestehende Konzession der SRG, die Ende Jahr ausläuft, bis 2028 zu verlängern. Erst wenn der neue Finanzrahmen definitiv bekannt sei, könne auch der Service public neu definiert werden. Geringfügige Anpassungen hat der Bundesrat in seiner Kompetenz als Konzessionsbehörde dennoch vorgenommen, etwa bei der Evaluation der Qualitätssicherung, die künftig externe Stellen durchführen sollen, oder der Positionierung der SRG als «Arbeitgeberin mit Vorbildfunktion».
Warum will der Bundesrat die Medienabgabe senken?
Mit seiner Abgabensenkung reagiert der Bundesrat auf die sogenannte Halbierungsinitiative. Die Regierung lehnt das Begehren aus SVP-Kreisen ab, das eine Reduktion der Medienabgabe auf 200 Franken pro Jahr und Haushalt sowie eine komplette Abschaffung der Unternehmensabgabe fordert. Die SRG benötige ausreichend finanzielle Mittel, um in allen Sprachregionen ein gleichwertiges publizistisches Angebot bereitstellen zu können, hält der Bundesrat fest. Mit 200 Franken wäre das nicht mehr möglich.
Wie reagiert die SRG auf den Entscheid?
Die SRG begrüsst in einer ersten Stellungnahme «die klare Haltung des Bundesrats» und dessen Entscheid, die Halbierungsinitiative abzulehnen. Den Beschluss, die Haushalts- und Unternehmensabgabe – und damit das SRG-Budget – zu reduzieren, nimmt die SRG gemäss Communiqué zur Kenntnis und kommentiert ihn nicht weiter. Sie verweist aber auf die Medienmitteilung vom 20. November. Damals geisselte die SRG die nun beschlossenen Massnahmen mit deutlichen Worten. Die Senkung der Medienabgabe schiesse über das Ziel hinaus und hätte massive Konsequenzen, wie etwa den Abbau von 900 Stellen, so die SRG damals. Dass sie die drastische Diktion heute nicht explizit wiederholt, könnte auch von der personellen Übergangsphase an der Spitze des Unternehmens herrühren. Generaldirektor Gilles Marchand, der damals den Ton angab, hat in der Zwischenzeit seinen Rücktritt bekannt gegeben und Susanne Wille wurde als seine Nachfolgerin gewählt. Wille sagte nach ihrer Wahl zum Spardruck aus der Politik: «Es ist dann meine unternehmerische Aufgabe, Lösungen zu finden, um die Vorgaben aus der Politik umzusetzen.» In der Reaktion auf den Bundesratsentscheid betonte die SRG auch, dass sie in nächster Zeit vermitteln wolle, welchen Wert sie mit ihrem audiovisuellen Service public für die Gesellschaft erbringe. Dazu hat die SRG eine Imagekampagne lanciert mit Werbespots in eigener Sache, die in ihren Fernsehprogrammen zu sehen sind.
Wer profitiert von den Massnahmen?
Neben den Haushalten und Unternehmen, die Geld einsparen, ist für Uvek-Vorsteher Albert Rösti klar, wer an erster Stelle vom Entscheid des Bundesrats profitieren soll: die SRG. Bereits am vergangenen 8. November sagte Rösti in der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens: «Meine Zielsetzung ist eine Stärkung der SRG.» Damit meint er, dass mit einer moderaten Reduktion der gröbere Schnitt verhindert werden kann. Denn so leicht wie «No Billag» lasse sich die Halbierungsinitiative nicht bodigen. Damals sei es um alles oder nichts gegangen, um die Abschaffung der SRG. Diesmal würden die Leute denken, mit 200 Franken bleibe ihre Lieblingssendung schon noch im Angebot. Mit Blick auf die künftige Anpassung der Konzession sollten auch die privaten Verlage von einer Einschränkung der SRG profitieren. Geplant seien etwa weitere Einschränkungen des Textangebots der SRG online. Doch für diesen Konnex – schwächere SRG gleich stärkere Private – gibt es allerdings keine Belege. Im Gegenteil: Forschung aus anderen Ländern, etwa aus Norwegen, gibt Hinweise auf das Gegenteil, wonach ein starker Service public das Mediensystem insgesamt stärkt.
Wie reagieren Parteien und Verbände?
Im Vorfeld des absehbaren Bundesratsentscheids zeigten sich Medienpolitikerinnen und -politiker von links bis rechts in seltener Einigkeit wenig erfreut ob des gewählten Vorgehens. Zuerst solle der Auftrag der SRG (neu) definiert und dann über die dafür erforderlichen Mittel entschieden werden. Entsprechend äusserten sich auch die für Medienfragen zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat und kündigten Widerstand gegen die in ihren Augen verfrühte Gebührensenkung an. Nach Bekanntwerden der Senkung von Haushalts- und Unternehmensabgabe meldeten sich am Mittwoch vor allem kritische Stimmen zu Wort. Ob Grüne Partei, Allianz Pro Medienvielfalt, Verband Medien mit Zukunft, Operation Libero, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, die Mediengewerkschaften und -verbände Syndicom, SSM und Impressum oder der Kulturdachverband Suisseculture – sie alle reagierten irritiert bis empört ob des eingeschlagenen Wegs der Regierung. Sie sehen darin eine Schwächung der SRG und befürchten, dass sie ihren Service-public-Auftrag mit reduzierten Mitteln nicht mehr erfüllen könne. Etwas anders gelagert kommt dagegen die Kritik der Verbände von Privatradio- und fernsehen daher, deren Sender auch aus der Medienabgabe unterstützt werden. Die Senkung dürfe nicht auf ihrem Buckel ausgetragen werden, mahnen sie. Die Sparmassnahmen müssten ausschliesslich bei der SRG stattfinden. Hier eine Übersicht der Reaktionen.
Wie geht es weiter?
Als Nächstes sind National- und Ständerat am Zug. Der Bundesrat hat die Botschaft zur Halbierungsinitiative zuhanden des Parlaments verabschiedet und zur Ablehnung empfohlen. Dieses kann selber entscheiden, ob und – wenn ja – wie es die Haushalte und Unternehmen finanziell entlasten will. Denkbar ist etwa ein indirekter Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe. Die Räte könnten so auch den Entscheid des Bundesrats übersteuern, zumal dessen beschlossene schrittweise Abgabesenkung erst ab 2027 wirksam wird.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.