«Der spontane Applaus hat mich enorm gefreut»

Dreikönigstagung 2020 - Ringier ist wieder Mitglied im Verband Schweizer Medien. Vor gut vier Jahren hatte der Medienkonzern den Verband im Streit verlassen. Ist der Ärger nun überwunden? CEO Marc Walder über die Gründe der Rückkehr und die Chancen der Digital-Allianz.

von Edith Hollenstein

Herr Walder, Sie haben für die grosse Überraschung gesorgt an der Dreikönigstagung (persoenlich.com berichtete). Behagt Ihnen die Rolle?
Mir behagt die Rolle, einen Beitrag dazu zu leisten, dass wir die medienpolitischen und medientechnischen Interessen nun wieder gemeinsam zusammen mit dem Verband Schweizer Medien vertreten werden. Denn es wird um sehr viel gehen: Einerseits steht eine – vielleicht gar historische – medienpolitische Debatte vor uns: Wie gelingt es uns, den Medienstandort Schweiz intelligent und nachhaltig stark zu erhalten? Wie soll das Verhältnis zwischen Staat und privaten Medien in Zukunft geregelt sein? Welche Rolle soll die SRG spielen? 

Ihr Lieblingsthema ist aber ein ganz anderes, korrekt?
Korrekt: Die Schweizer Digital-Allianz. Ein fundamental wichtiges, ja wegweisendes Projekt. Wir haben bisher Beachtliches erreicht: NZZ, TX Group, CH Media, Ringier und die SRG gehen Schulter an Schulter voran. Wir sehen in vielen europäischen Ländern, dass sich in der Medienindustrie digitale Allianzen bilden. Der umfassende Schulterschluss in der Schweiz ist aber einzigartig. Und: Das – bis jetzt noch freiwillige – Login ist live.

Wie ist der Erfolg bisher?
Ringier verzeichnet seit Mitte Oktober bereits über 110'000 zusätzliche Logins. Tamedia gut 80'000. NZZ gut 40'000. Wir sind super zufrieden. Digitale, journalistische Plattformen brauchen dringend diese Logins. Bei Facebook, Twitter, Spotify, Netflix, Quora, Fortnite, Instagram etc., etc. sind – selbstredend – 100 Prozent der User eingeloggt. Dorthin müssen wir kommen. Um den Usern einerseits und dem Werbemarkt andererseits die passenden Inhalte beziehungsweise die passenden Profile bieten zu können. Alles – ebenfalls selbstredend – komplett datenschutzkonform.

«Die Schweizer Medien sollen geschlossen von dieser einzigartigen Initiative profitieren»

Im Oktober ist die Login- respektive Digital-Allianz gestartet. Welchen Einfluss auf den Entscheid zum Comeback beim Verlegerverband hatte dieses Projekt?
Einen grossen. Die Schweizer Medien sollen geschlossen von dieser einzigartigen Initiative profitieren. Der Verband Schweizer Medien übernimmt hier eine tragende Rolle. Vor Weihnachten hat die Allianz zwei Informationsveranstaltungen für weitere interessierte Verlage durchgeführt: eine in der Deutschschweiz, eine in der Romandie. Wir hoffen und gehen davon aus, in Kürze weitere Medienmarken in der Allianz begrüssen zu dürfen.

Ist nun sozusagen die Trotzphase vorbei oder handelt es sich eher um die Rückkehr des verlorenen Sohns?
Ringier und der Verband waren in den vergangenen fünf Jahren in einem korrekten Austausch. Nicht zuletzt auch zu medienpolitischen Themen wie beispielsweise der indirekten Presseförderung.

Alexander Theobald wird Ringier im VSM-Präsidium vertreten. Warum nicht Sie selber?
Alexander Theobald ist einer der renommiertesten Medienmanager im deutschsprachigen Europa. Er wird neu den grossen Verlag Ringier Axel Springer Schweiz leiten, dazu agiert er als COO Ringier Schweiz. Er ist die perfekte Besetzung. 

Mit Ringier trat 2015 auch Ringier Axel Springer Schweiz (RASCH) aus. Ist mit Theobald im VSM-Präsidium nun RASCH auch wieder beigetreten?
Selbstverständlich. 

«Es wird um viel gehen. Politisch, genauso wie technologisch»

Was, welches Versprechen oder welches Angebot, hat den Ausschlag gegeben, dass Ringier nun dem Verband Schweizer Medien wieder beigetreten ist?
Gemeinsam sind wir stärker. Und wie gesagt, es wird um viel gehen. Politisch, genauso wie technologisch.

Was für Reaktionen haben Sie an der Dreikönigstagung auf Ihren Entscheid bekommen?
Ausnahmslos positive. Der spontane Applaus in der Halle hat mich enorm gefreut.

In welchen Themen haben Sie den Eindruck, dass der Verband Schweizer Medien in den Jahren seit Ihrem Austritt 2015 konstruktiver und innovativer geworden ist?
Ringier war nicht dabei und sollte deshalb auch nicht darüber urteilen.

Damals war ja Admeira Auslöser der heftigen Differenzen. Rückblickend gesehen: Was würden Sie in diesem Zusammenhang nicht mehr so machen?
Die Frage ist müssig – man entscheidet immer im Wissen des Hier und Jetzt. Admeira war und ist getragen von dem Ziel, den Schweizer Medien- und Werbemarkt zu stärken. Übrigens, die entstandenen Differenzen hatten auch ihr Gutes: Sie haben die Relevanz, aber auch das Ausmass der Herausforderungen ins öffentliche Interesse gerückt.

Was erhoffen Sie sich nun von der erneuten Verbandsmitgliedschaft?
Eine Stärkung des Medienstandortes Schweiz. Nicht mehr und nicht weniger. 



Marc Walder hat die Fragen schriftlich beantwortet.