Und wieder ein Knall in der Schweizer Medienbranche: Ringier tritt mit sofortiger Wirkung aus dem Verband Schweizer Medien (VSM) aus. Dies schreibt Ringier-Sprecher Edi Estermann am Donnerstagnachmittag in einer E-Mail an persoenlich.com. Grund seien "unüberbrückbare Differenzen mit einzelnen Mitgliedern im Präsidium des Verbandes". Der Entscheid hängt mit dem Zusammenschluss von Ringier, SRG und Swisscom in der Vermarktung zusammen. Der VSM hatte das Thema anlässlich einer Klausurtagung des Präsidiums am Dienstag "intensiv" beraten, wie es in einer späteren Mitteilung von Ringier heisst.
Streit um Werbe-Joint-Venture
Wenige Minuten nach Ringier meldet sich der Verband ebenfalls in einer Mitteilung zu Wort: "Es geht nicht an, dass der Bund über die mit der Mediensteuer finanzierte SRG und die mehrheitlich von der Eidgenossenschaft gehaltene Swisscom mit dieser neuen Vermarktungsfirma dazu beiträgt, in den bereits verzerrten Wettbewerb im Medienbereich einzugreifen. Und es ist bedauerlich, dass dies zusammen mit einem der grössten privaten Medienhäuser der Schweiz erfolgt." Es sei elementar, dass der Bund über die SRG und die Swisscom nicht die Existenzgrundlage der privaten Medien schwäche. Und weiter: "Folgerichtig hat Ringier den Austritt aus dem Verband erklärt."
Der VSM hält in seiner Mitteilung weiter fest, dass er das Joint-Venture medienpolitisch höchst bedenklich hält und enttäuscht ist, dass die öffentliche SRG mit ihrem Service-public-Auftrag, und die Swisscom, die zu 51 Prozent im Besitz des Bundes ist, zusammen mit Ringier die Vermartung ihrer Werbung in eine gemeinsame Firma zusammen legen wollen.
Ringier teilt diese "drastische Haltung" des Verbands nicht und zieht die Konsequenzen: "Faktisch fordert der Verband Schweizer Medien ein Werbeverbot für die SRG. Also: Auch keine Werbung mehr auf deren Fernsehsendern. Dies ist eine Radikalforderung, hinter der Ringier nicht stehen kann", sagt CEO Marc Walder. Er bedaure den "unausweichlichen" Austritt.
Lebrument war "positiv überrascht"
Der Verband Schweizer Medien ist gemäss Angaben auf der Homepage die Branchenorganisation der privaten schweizerischen Medienunternehmen mit Schwerpunkt Print und Online. Er vereinigt über 100 Unternehmen, die zusammen rund 300 Zeitungen und Zeitschriften herausgeben sowie verschiedene Newsplattformen und elektronische Medien anbieten.
Zusammen mit den beiden sprachregionalen Organisationen, Médias Suisse und Stampa Svizzera, setzt sich der Verband für die Wahrung der Interessen der privaten Medienunternehmen in der Schweiz ein. Im VSM-Präsidium sitzen nebst Ringier-CEO Marc Walder, Präsident Hanspeter Lebrument (Somedia), Gilbert A. Bühler (Freiburger Nachrichten), Veit Dengler (NZZ), Christof Nietlispach (Freiämter Regionalzeitungen), Markus Somm (Basler Nachrichten), Pietro Supino (Tamedia) und Peter Wanner (AZ Medien).
Text: Michèle Widmer, sda; Bild oben: Keystone
Lesen Sie dazu auch die Kommentare "Der grosse Knall" von Matthias Ackeret und "Eine Werbeallianz mit Potential" von Edith Hollenstein, sowie auf edito.ch eine Einschätzung von Philipp Cueni.