19.03.2023

CS-Krise

Die ersten Kommentare zur Übernahme

Die traditionsreiche Geschichte der Credit Suisse kommt zu einem Ende. Die schwer angeschlagene zweitgrösste Schweizer Bank wird von der Konkurrentin UBS übernommen. Am späten Sonntagabend erschienen die ersten Einschätzungen in den Onlinemedien.
CS-Krise: Die ersten Kommentare zur Übernahme
Grünes Licht für die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. (Bild: Keystone/AP/Michael Buholzer)

Blick

«Der Fall Credit Suisse ist auch ein Fall Schweizer Finanzplatz. Denn die Schweiz hat geschlafen und viel zu lange zugeschaut, wie die einst stolze Escher-Bank sehenden Auges in den Untergang schlitterte. (…) Zurück bleiben fast nur Verlierer. Die Aktionäre, die gerade noch einen Brosamen für ihre Aktie bekommen. Die Kunden, die nun mit weniger Wettbewerb unter den Banken rechnen müssen. Die Angestellten der CS, von denen wohl viele ihren Job verlieren werden. Und an erster Stelle der Finanzplatz Schweiz. Über Nacht ist er zu einem Finanzplätzli geworden – mit noch einer einzigen Grossbank, die wie ein Koloss über allem thront. Ein Finanzplatz, der erst mal all seinen ausländischen Kunden erklären muss, warum sie ihr Geld wieder oder weiter bei einer Schweizer Bank anlegen sollen. Denn mit dem Vertrauen, das die CS verspielt hat, ist auch viel Vertrauen in das ‹Swiss Banking› verloren gegangen.»

NZZ

«Das Scheitern der Credit Suisse hatte noch vor Monaten niemand für möglich gehalten. Ein Unfall allerdings ist es nicht. Die Schweizer Bank hatte 2007 einen Börsenwert von 100 Milliarden Franken, letzten Freitag waren davon noch 7 Milliarden übrig – gleich viel wie die Waadtländer Kantonalbank. Es hat somit eine Wertvernichtung riesigen Ausmasses stattgefunden, verantwortet von Managern, die Risiken fahrlässig unterschätzt haben, und hilflosen Verwaltungsräten, die in der Kontrolle zu oft versagt haben. (…) Die Schweiz hat sich jetzt zwar einer Zombie-Bank entledigt, wacht am Montag jedoch mit einer Monster-Bank UBS auf. ‹Monster› deshalb, weil ihre neue Bilanzsumme fast doppelt so gross sein wird wie die Schweizer Wirtschaftsleistung. Die neue UBS ist somit erst recht zu gross, um sie untergehen zu lassen – ‹too big to fail› ist also mit voller Wucht zurück. (…) Der CS-Präsident Axel Lehmann hat recht: Dieser 19. März ist ein historischer und trauriger Tag. Es ist ein schwarzer Tag für den Finanzplatz, für viele Mitarbeitende der CS und auch für das Vertrauen in die Marktwirtschaft.»

SRF

«Sie soll es also verhindern, das grosse Beben in den globalen Finanzmärkten: Eine Notübernahme der CS durch die Rivalin UBS. (…) Die Turbo-Heirat steht unter schwierigen Vorzeichen. Sie ist eine Zwangsheirat. Weder die UBS noch die CS wollten sie. Auch für die Schweiz und den hiesigen Finanzplatz steht trotz Rettung noch viel auf dem Spiel. (…) Die Übernahme ist für die UBS eine Blackbox. Sie hatte nicht wirklich Zeit, genau zu analysieren, welche Risiken sie sich mit der CS noch ins Haus holt. Wie gefährlich ist das? Das grosse und risikoreiche Investment-Banking der CS muss die UBS nun jedenfalls selbst zusammenstreichen. Das bedeutet viel Aufwand. (…) Der Staat geht weit: Er hebelt mit einer Notverordnung geltendes Recht aus – was staatsrechtliche Fragen aufwirft und das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Schweiz schmälern kann. Und: Er steht einmal mehr für Milliarden von Franken ein. Am Schluss haftet hier die Allgemeinheit.»

Tages-Anzeiger

«Aus. Fertig. Ende. Die Credit Suisse, die 166-jährige Schweizer Institution, wird aufhören, zu existieren. (…) Kein Satz zeigt besser, wer als einzige Gewinnerin aus dem Sonntagabend hervorgeht: In ihrer Medienmitteilung jubelte die UBS über ‹attraktive finanzielle Bedingungen, die eine Absicherung nach unten beinhalten. Genau so ist es. Die grösste Schweizer Bank reisst sich für einen Kaufpreis von 3 Milliarden Franken – das ist nicht einmal die Hälfte des ohnehin tiefen Börsenwerts der Credit Suisse – die zweitgrösste Schweizer Bank unter den Nagel. (…) Dies ist die schlechteste Lösung aus Sicht der Kundinnen und Kunden, namentlich der international tätigen kleinen und mittelgrossen Firmen. Sie sind nun einer einzigen Grossbank ausgeliefert. Fragwürdig ist das, weil Bundesrat, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht der UBS keinerlei Bedingungen auferlegt haben. (…) Bevor es um die Zukunft gehen kann, muss die Vergangenheit aufgearbeitet werden. Und dazu gehört, zu klären, wer für das Ende der Credit Suisse die Verantwortung trägt. Für jene Bank, die dieses Land mitprägte.»

Watson

«Die Grossaktionäre der CS sind längst nicht mehr die Nachkommen von Alfred Escher und Schweizer Kleinaktionäre, sondern handelt es sich um Ölscheiche vom Persischen Golf und amerikanische Hedgefonds. So gesehen sind die Krokodilstränen fehl am Platz, die nun vergossen werden, weil angeblich mit der Credit Suisse eine Schweizer Tradition untergeht. Die CS war niemals ein nationales Monument, wie die Swissair es war – und wir haben auch deren Untergang überlebt. Allein die Tatsache, dass man als Kind möglicherweise im Winter mit der Skimütze der Kreditanstalt unterwegs war, rechtfertigt ebenfalls noch keine Staatstrauer. (…) Der Vergleich mit der IT-Branche drängt sich auf. Auch dort dominieren Apple, Google, Microsoft & Co. das Geschäft. Das Resultat ist ein wachsender Volkszorn auf die Tech-Oligarchen. Banken waren nie beliebt, Grossbanken schon gar nicht. Die neue Monster-Bank kann daher nicht damit rechnen, mit Blumen und Konfetti empfangen zu werden.» (cbe)



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