Ladina Heimgartner, nach dem SwissMediaForum in Luzern sind Sie nun wenige Tage später am World News Media Congress in Kopenhagen zu Gast. Wie unterscheiden sich die Themen vom Schweizer und dem globalen Medienkongress?
Die Themen sind gar nicht so unähnlich. AI ist das Schwerpunktthema hier. Unsere Geschäftsmodelle stehen unter Druck, die Pressefreiheit ebenfalls. Auch global beschäftigt die Frage, wie man den Umgang mit Tech-Plattformen wie Google, OpenAI und Co. gestaltet. Weiter geht es hier in Kopenhagen auch um die Wichtigkeit unabhängiger Nachrichtenmedien und des Journalismus als Grundpfeiler der Demokratie. Dazu wurden auch nochmal sehr konkret in verschiedenen Resolutionen die Regierungen dazu aufgerufen, die Pressefreiheit zu wahren und die Sicherheit von Journalisten durch rechtliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten.
Sie wurden vor Ort zur Präsidentin vom Weltverlegerverband gewählt. Was bedeutet Ihnen diese Wahl?
Es ist einer der wichtigsten Momente meiner beruflichen Laufbahn. Ich habe mich vom ersten Tag an für Journalismus und freie Meinungsbildung eingesetzt – in der SRG, nun bei Ringier. Dass ich nun auch in der wichtigsten globalen Branchenorganisation mitwirken kann, freut mich sehr. WAN-IFRA ist in 120 Ländern aktiv und vertritt die Interessen von 3000 Medienunternehmen mit über 18'000 Publikationen. Dass ich als erste Frau diesen Verband leiten darf, macht mich schon stolz. Aber ich spüre auch die Verantwortung, die diese Präsidentschaft mit sich bringt. Der Journalismus steht weltweit vor enormen Herausforderungen – aber andersrum war es wohl auch noch nie spannender, die Interessen von Medienunternehmen weltweit vertreten zu dürfen.
«Ich denke, dass es sehr viel um Kooperation und gegenseitiges Lernen voneinander gehen wird»
Welche Themen beschäftigen die rund 3000 privaten Medienunternehmen, die zum WAN-IFRA gehören, am meisten?
Da sitzen wohl alle im selben Boot. Die dritte Welle der digitalen Transformation ist in vollem Gange, die Möglichkeiten und auch Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz bestimmen auch hier die Agenda. Ein weiterer Punkt sind die Rahmenbedingungen für den Journalismus: In vielen Teilen der Welt steht unsere Arbeit unter einem enormen Druck und manche Regierungen torpedieren nicht nur unser Wirken, sondern machen eine neutrale Berichterstattung nahezu unmöglich. Dabei ist die Rolle der Medien wichtiger denn je – und wir müssen unaufhörlich für die Freiheit und das Recht kämpfen, über die Wahrheit berichten zu können.
Sie sind für mindestens zwei Jahre gewählt. Welchen thematischen Fokus werden Sie in dieser Amtszeit legen?
Ich denke, dass es sehr viel um Kooperation und gegenseitiges Lernen voneinander gehen wird. In der Medienbranche gibt es seit Beginn der digitalen Transformation kein «Richtig oder Falsch», kein Playbook, das uns vorschreibt, wie es geht, keinen Vorreiter, der uns Erfolgsrezepte liefert. Wir können nur ständig voneinander lernen. Wichtig ist sicherlich auch, die Attraktivität des Journalismus weiter zu stärken, damit die besten Talente sich weiter für uns und einen Beruf in den Medien entscheiden. Es ist schliesslich immer noch der spannendste Job der Welt.
Und wo gilt es aktuell besonders rasch aktiv zu werden?
Auch wenn ich mich wiederhole, müssen wir schnellstmöglich Lösungen für die Zusammenarbeit mit den grossen Tech-Firmen dieser Welt finden. Es wird beides brauchen: Griffige gesetzliche Rahmenbedingungen sowie Kooperationen zwischen Medienhäusern und den Tech-Firmen. Die nächsten Jahre werden wir nur partnerschaftlich bestreiten können, davon bin ich zutiefst überzeugt.
In Ihrer Antrittsrede in Kopenhagen betonten Sie unter anderem die Wichtigkeit der globalen Vernetzung. In welchen Bereichen sehen Sie diesbezüglich Chancen für den Verlegerverband Schweizer Medien und Ringier Medien Schweiz?
WAN-IFRA vereint Medienfirmen und Verbände aus 120 Ländern unter ihrem Dach. Der Verband Schweizer Medien ist schon lange Mitglied, unser Geschäftsführer Stefan Wabel sehr aktiv. Von einem solchen Netzwerk kann man nur profitieren. Die Bereiche sind die bereits erwähnten: die Koexistenz mit den grossen Tech-Firmen sowie der Einsatz für den freien, unabhängigen Journalismus.
«Die Schweizer Medienbranche geniesst viel Respekt und Ansehen»
Sie sind in Kopenhagen mit internationalen Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern im Austausch. Wie wird die Schweizer Medienindustrie in anderen Ländern wahrgenommen?
Die Schweizer Medienbranche geniesst viel Respekt und Ansehen. Ich bin immer wieder positiv überrascht, wie viele Kolleginnen und Kollegen Ringier kennen und auch wissen, dass Ringier weit über die Schweizer Grenze in 20 Ländern aktiv ist. Im ganzen Land haben wir ein sehr vielfältiges und vielsprachiges Medienangebot, das so in dieser Form wohl weltweit einmalig ist, und stellen so auch international unter Beweis, dass die Schweiz für mehr steht als Schokolade und präzise Uhrwerke (auch wenn die ausländischen Kolleginnen und Kollegen davon schwärmen) …
Was bedeutet diese Wahl für Ihre Terminplanung. Welche Aufgaben kommen zusätzlich auf Sie zu?
Langweilig dürfte mir in den kommenden zwei Jahren sicherlich nicht werden, aber das war es mir bisher auch nicht. Natürlich kommen noch ein paar Auslandsreisen mehr hinzu, der Mehrwert, der die Vernetzung und die weltweit offenen Türen bringt, überwiegt allemal. Und im Herbst gibt es sogar kurze Wege, denn da findet mit dem World Editors Forum ein WAN-IFRA Summit in Zürich statt.