«Es wird wohl zu personellen Veränderungen kommen»

NZZ - Die NZZ-Mediengruppe ist solide aufgestellt. Dennoch hat das Unternehmen Kurzarbeit beantragt. Nebst Sparmassnahmen im Zusammenhang mit der Coronakrise soll darüber hinaus auch ein Kostensenkungsprogramm aufgesetzt werden, so NZZ-CEO Felix Graf.

von Christian Beck

Herr Graf, Sie folgen dem Beispiel von TX Group oder CH Media und haben Kurzarbeit beantragt. War dies das letzte Mittel?
Wir haben uns nach eingehender Prüfung der Situation im gesamten Unternehmen zu diesem Schritt entschieden. Angesichts der massiven wirtschaftlichen Folgen von Corona auf unser Geschäft gibt uns das sicher etwas Luft. Das ermöglicht uns den Erhalt der Arbeitsplätze, und wir sind weiterhin in der Lage, unsere journalistischen Leistungen zu erbringen. Grundsätzlich sind wir als Unternehmen sehr solide aufgestellt, wie Sie unserem aktuellen Geschäftsbericht entnehmen können.

Für wie lange haben Sie Kurzarbeit beantragt – und auf wie viele Stellenprozente?
Wir haben für einige Monate Kurzarbeit beantragt. Zu Zahlen äussern wir uns nicht.

Wie dramatisch ist die Situation bei der NZZ-Mediengruppe?
Wir rechnen aufgrund der Coronakrise mit hohen Einbussen im Werbemarkt und im Veranstaltungsgeschäft. Darum haben wir über das gesamte Unternehmen hinweg die in der Medienmitteilung genannten Massnahmen, inklusive Beantragung von Kurzarbeit, ergriffen. Wir tun somit alles, damit sich die Krise nicht nachhaltig negativ auf das Unternehmen auswirkt. Hilfreich in dem Zusammenhang sind die starke Bilanz sowie die hohe Liquidität der NZZ-Mediengruppe. Ausserdem stellen wir fest, dass unsere hochwertigen Medienprodukte gerade in der Krise sehr stark nachgefragt werden. Das Wachstum der NZZ-Print- und Digital-Abos im Monat März hat sich gegenüber dem Vorjahr verelffacht. Dies bestätigt, dass wir strategisch auf dem richtigen Weg sind, indem wir mit Qualitätsjournalismus auf Wachstum im Nutzermarkt setzen.

«Unsere nüchterne, differenzierte Berichterstattung wird sehr geschätzt»

Sie sagen es: Die Nachfrage nach Informationen ist enorm und sie verkaufen sogar in der Krise Abos. Es fliesst also doch noch Geld …
Ja, bei der NZZ haben sich sowohl das Interesse an unseren Artikeln, nicht nur zur Coronakrise, sowie die Kaufbereitschaft in den letzten Wochen markant erhöht. Wir stellen fest, dass unsere nüchterne, differenzierte Berichterstattung zum Thema Corona und generell unser Qualitätsjournalismus von der Leserschaft sehr geschätzt werden. Aber die durch Corona verursachten massiven Verluste im Werbemarkt können mit dem Wachstum im Nutzermarkt nicht wettgemacht werden.

Wie lösen Sie das in der Praxis? Die Redaktionen haben alle Hände voll zu tun. Es ist keine Rede von «Kurzarbeit».
Wie gesagt: Kurzarbeit haben wir über das gesamte Unternehmen hinweg beantragt – dort, wo sie tatsächlich Sinn macht und vorgesehen ist.

Wie viele Mitarbeitende sind betroffen?
Über das gesamte Unternehmen sind Mitarbeitende dort betroffen, wo Kurzarbeit anfällt. Zu Zahlen äussern wir uns nicht.

«Wir müssen unser Unternehmen auf die sich laufenden verändernden Marktverhältnisse ausrichten»

Entlassungen können Sie ausschliessen?
Generell gilt es zu unterscheiden zwischen den erwähnten kurzfristigen Massnahmen, die der Coronakrise geschuldet sind, und längerfristigen Überlegungen angesichts der strukturellen Herausforderungen der Medienbranche. Im Rahmen der Coronakrise tun wir alles, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Langfristig müssen wir zur Existenzsicherung des Unternehmens ein Kostensenkungsprogramm aufsetzen, bei dem wir diverse Massnahmen prüfen werden. Diese haben im Grundsatz nichts mit der Coronakrise zu tun. Wir müssen unser Unternehmen und unsere Angebote auf die sich laufenden verändernden Marktverhältnisse ausrichten. Vor diesem Hintergrund wird es wohl auch zu personellen Veränderungen kommen.

Als kurzfristige Sparmassnahme senken Sie die Marketingausgaben. Gleichzeitig beklagen Sie hohe Einbussen im Werbemarkt. Ist das nicht ein Widerspruch? Sie müssten mit gutem Beispiel vorangehen und weiterhin werben …
Im Nutzermarkt investieren wir durchaus weiter in Marketingmassnahmen. Und grundsätzlich sind wir natürlich weiterhin marketingmässig aktiv – derzeit einfach in reduziertem Ausmass.

Sie selber dürften auch eher genug Arbeit haben …
So ist es.

Sie arbeiten praktisch papierlos, wie Sie mir in einem Interview Ende 2018 gesagt haben. Ist diese Methodik in der jetzigen Krise besonders praktisch?
Ganz unabhängig von mir: Die Digitalisierung im Unternehmen schreitet voran und hat sich bei uns gut etabliert. Die letzten Wochen haben sicher einen zusätzlichen Schub gegeben.

Verzichten Sie Ende Jahr auf den Bonus – oder wird es ohnehin keinen geben?
Bezüglich Sparmassnahmen prüfen wir weiterhin diverse Optionen – auf allen Ebenen.