14.11.2018

NZZ-Mediengruppe

«Der publizistische Aufwand hat zugenommen»

Die NZZ-Gruppe hat ihre Strategie geschärft. Was das bedeutet, sagt Felix Graf im ersten grossen Interview als CEO. Darin spricht der 51-Jährige über Bereinigungen im Portfolio und neu anvisierte Zielgruppen – zudem verrät er, warum er besser arabisch schreiben sollte.
NZZ-Mediengruppe: «Der publizistische Aufwand hat zugenommen»
«Wir sind dran, die Begrifflichkeit ‹Journalismus› breiter zu definieren», sagt Felix Graf, seit Juni CEO der NZZ-Mediengruppe (Bild: NZZ/Karin Hofer)
von Christian Beck

Herr Graf, im Juni traten Sie Ihr Amt als CEO an (persoenlich.com berichtete). Wo fehlt es der NZZ an Strom?
Auf der ökonomischen Seite fehlt es uns etwas an «Material». Das heisst, dass wir durch den Werbemarkteinbruch massive Umsatzeinbussen hatten. Ein Ort, an dem es uns ganz sicher nicht an Strom fehlt, ist bei den Mitarbeitenden. Wir haben ein tolles Team, wir haben wahnsinnig viel Intellekt im Haus. Es macht Spass, mit diesen Leuten zu arbeiten.

Sie waren Chef der Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) und Konzernleitungsmitglied der Axpo. Welche Parallelen haben die Energie- und die Medienbranche?
Viele Unternehmen haben heute Parallelen: Die Digitalisierung hinterfragt viele Geschäftsmodelle fundamental. Eine der Parallelen, die ich selber erlebt habe: Wir sahen massive Werteinbrüche in der Energiebranche, die Produktion verlor 80 Prozent an Wert. Das ist sicher eine Analogie. Ein Unterschied ist, dass Energie generell zyklisch ist, in der Medienbranche aber sehen wir sehr strukturelle Veränderungen.

Das klingt düster. Wie verdient die NZZ künftig Geld?
Wir glauben an den Lesermarkt und wir glauben daran, dass man den Lesermarkt monetisieren kann. Wir glauben aber auch daran, dass dies nur mit einem qualitativ hochstehenden Journalismus möglich ist, der hintergründig und tief ist. Werbung wird ein Bestandteil sein, aber die Bedeutung nimmt massiv ab.

Stand heute: Wie gross ist der Anteil der Werbeeinnahmen?
Werbung macht heute noch einen Anteil von 50 Prozent aus – die übrigen 50 Prozent kommen aus dem Nutzermarkt. Historisch war die Verteilung bei 80:20. Die Veränderung ist also massiv. Im Schweizer Markt ist der Werbeanteil immer noch relativ hoch, aber in der Tendenz ganz klar rückläufig.

«Ich halte den Begriff ‹werbefrei› für ein falsches Konzept»

Die Werbeeinnahmen beim Print sind rückläufig – Online stagniert. Ist eine werbefreie NZZ ein mögliches Szenario?
Ich halte den Begriff «werbefrei» für ein falsches Konzept. Wenn ich das Printprodukt anschaue, dann ist Werbung für mich ein Teil dieses Produktes und macht dieses reich. Ich glaube, dass dies eine der Herausforderungen sein wird: Schafft man es, ein Produkt so anzureichern, dass die Werbung ein Produkt besser macht? Es ist denkbar, dass es auch werbefreie Elemente gibt. Aber für mich ist Werbung dann gut, wenn sie zu einem Teil des Produktes wird. Dann ist auch die User Experience gut.

Das heisst, es gibt künftig weniger klassische Inserate, dafür vermehrt Sponsored Content?
Am Schluss hängt dies von den Kunden ab. Wir sind eine Inhalte-Firma. Wir schauen zusammen mit unseren Kunden an, wie ihre Botschaft optimal positioniert werden kann. Wir werden dabei aber die publizistische Unabhängigkeit immer respektieren. Es wird nie eine Vermischung geben. Das kommt für uns nicht infrage.

Es wird also immer alles klar deklariert?
Ja, ganz sicher.

Wird die gedruckte NZZ irgendwann verschwinden und nur noch als E-Paper erscheinen?
Das kann ich nicht ausschliessen. Aber an ein kurzfristiges Ende glaube ich nicht. Es gibt einige, die diese Zeitung lieben. Am Sonntag wird es noch länger dauern. Ich kann mir vorstellen, dass es mittelfristig Mischformen gibt, dass Leute sagen, sie hätten gerne nur noch am Samstag eine gedruckte Zeitung und unter der Woche lesen sie rein online. Hier werden wir uns mit unterschiedlichsten Modellen auseinandersetzen müssen.

«Teuer ist in erster Linie die Herstellung der Inhalte»

Wenn es einst nur noch ein E-Paper gäbe, wie würde sich das auf den Abopreis auswirken?
Grundsätzlich würde sich dieser nicht substanziell ändern. Teuer ist in erster Linie die Herstellung der Inhalte. Klar würde man ein wenig bei der Distribution sparen, und je kleiner die Auflage wird, desto teurer wird diese Distribution. Dieses Delta ist im Vergleich mit den effektiven publizistischen Kosten aber überschaubar.

Könnten Sie sich auch vorstellen, dass künftig eine Stiftung die NZZ finanziert?
Vorstellen kann man sich viel. Die Frage ist, ob man es anstrebt. Wir streben es nicht an (schmunzelt).

Ende Oktober haben Sie zusammen mit dem Verwaltungsrat die Strategie überprüft und geschärft. Was für eine Vision haben Sie mit der NZZ-Mediengruppe?
Wenn man es ganz vereinfacht darstellt, dann haben wir zwei Assets: Das eine ist die unglaublich starke Marke und das zweite sind unsere Mitarbeitenden. Mit beiden müssen wir sorgsam umgehen und eine Weiterentwicklung ermöglichen. Das heisst, wir versuchen alles, was wir tun, aus der Marke heraus zu denken und machen konsequent nur noch Dinge, die konsistent mit dem Brand sind – oder wo man den Brand drauf schreiben könnte. Alle unsere Dienstleistungen müssen diejenige Qualität liefern, die wir mit dem Brand versprechen.

Wo möchten Sie den Brand nicht mehr draufschreiben?
Strategisch wurden unterschiedliche Sachen geprüft – einzelne davon werden nicht mehr weiterverfolgt. Da kann ich aber nichts dazu kommunizieren. Wir haben aber auch einzelne Beteiligungen, wo es sich lohnt, wenn wir so weiterfahren wie bisher.

Zum Beispiel?
Ein Beispiel ist unsere E-Commerce-Beteiligung Architonic (eine Plattform für Architektur und Design, Anm. der Red.). Hier könnten wir sehr wohl unseren Namen draufschreiben. Die Plattform hat diese hohe Qualität und den hohen Qualitätsanspruch. Auch ein Zurich Film Festival hat diese Qualität. Hier würde ich mich wohlfühlen, NZZ drauf zu schreiben. Ich sage damit aber nicht, dass wir wirklich NZZ drauf schreiben.

«Qualitätsjournalismus braucht Personal»

Nun zum zweiten Asset: den Mitarbeitenden…
Qualität im Journalismus bedeutet, dass wir keinen Kahlschlag bei den Mitarbeitenden machen wollen und können. Qualitätsjournalismus braucht Personal.

Und dabei spielt es keine Rolle, ob die gedruckte Zeitung überlebt oder nicht?
Das ist vollkommen egal. Im Gegenteil. Indem man die Beiträge für x digitale Kanäle aufbereiten muss, nimmt man diese folglich mehrfach in die Hand. Der Aufwand ist tendenziell gestiegen, seit die Printwelt verlassen wurde. Früher, und das ist nicht abschätzig gemeint, hat man einfach einen Printartikel auf eine Seite geschrieben – und fertig. Heute nimmt man den Artikel nochmals in die Hand für Digital, dann muss das Ganze mit einem Video versehen werden, muss mit einer Grafik kombiniert werden, dann kommt es noch auf Social Media… Der publizistische Aufwand hat zugenommen.

Und diesem Umstand tragen Sie Rechnung…
Dem versuchen wir Rechnung zu tragen. Es ist klar: Die traditionelle Aufbereitung werden wir immer stärker herunterfahren und den neuen Medien, Kanälen und Erzählformen – ob Podcasts, Videos oder Live-Journalismus von Events – mehr Platz einräumen. Wir sind dran, die Begrifflichkeit «Journalismus» breiter zu definieren.

Was heisst das?
Für uns ist wichtig, dass man unsere Edelfedern in unterschiedlichsten Formen erleben kann. Das geschriebene Wort wird weiterhin ein wichtiger Bestandteil bleiben. Gleichzeitig nimmt das gesprochene Wort an Bedeutung zu, ebenso das Live-Erlebnis. Das sind wichtige und unterschiedliche Ausgestaltungsformen.

Bezeichnen Sie alle Ihre Journalisten als Edelfedern oder nur bestimmte?
Ich meinte alle damit. Aber das ist natürlich eine Frage der Messlatte.

«Ich verstehe mich gar nicht als ein Disruptor»

In einer Mitteilung hiess es, dass Sie die NZZ unter dem Vorzeichen der Digitalisierung in die Zukunft führen wollen. Was haben Sie diesbezüglich schon eingeleitet?
Wir haben Unterschiedliches eingeleitet. Aber ich verstehe mich eigentlich gar nicht als ein Disruptor, der kommt und allen erklärt, was falsch gemacht wurde. Man hat in Vergangenheit sehr viel gut gemacht. Gewisse Akzente wurden einfach neu gesetzt. Sicher werden wir die Digitalisierung noch konsequenter vorwärts pushen. Gewisse Aktivitäten, die wir gemacht haben, werden wir re-priorisieren. Künftig werden wir sicherlich auf Mobile First setzen.

Dann gibt es künftig auch Snaps und Instagram-Stories, so dass die NZZ jünger wird?
Viel älter dürfen wir gar nicht mehr werden (lacht). Spass beiseite. Das ist ja die Herausforderung, die alle Unternehmen haben. Einerseits muss man die bestehende Kundschaft bedienen. Hier riskiert man aber: Stirbt diese Kundschaft, könnte man selber untergehen. Wir müssen uns also auch verjüngen. Die Frage ist: Werden wir jemals das Medium der unter 20-Jährigen werden? Ich glaube nicht. Unser Ziel muss aber sein, künftig auch die 30+ gut anzusprechen. Auch haben wir uns zum Ziel gesetzt, Frauen besser anzusprechen. Hier sehen wir Potenzial.

Andere Medienhäuser digitalisieren nicht nur, sondern zentralisieren auch – wie beispielsweise Tamedia oder CH Media. Spannen künftig auch NZZ und «NZZ am Sonntag» enger zusammen?
Hier haben wir teilweise zwei unterschiedliche Zielgruppen, und dem werden wir weiterhin Rechnung tragen. Es ist nicht auszuschliessen, dass wir in gewissen Rubriken Elemente des Service-Journalismus übergreifender angehen, um Synergien zu nutzen. Das muss aber genau geprüft werden. Wir orientieren uns am Kunden und müssen uns überlegen, was dieser überhaupt wünscht. Immerhin sind wir schon mal am gleichen Standort, das macht es einfacher.

Synergien werden genutzt mit dem Joint Venture CH Media – dort sind die Regionaltitel wie «St. Galler Tagblatt» oder «Luzerner Zeitung» untergebracht. Sie sitzen zwar im Verwaltungsrat, aber nicht in der operativen Geschäftsleitung. Sind Sie froh, dass Ihr Portfolio damit übersichtlicher wurde?
Als ich entschieden habe, meinen jetzigen Job anzutreten, wusste ich bereits von diesem Schritt und unterstützte diesen strategisch. Wäre er nicht vollzogen worden, wäre das eine meiner Prioritäten gewesen. Die redaktionellen Synergien, die es zwischen den Regionalmedien und der NZZ gab, waren überschaubar. Redaktionell war hier nicht viel zu machen. Die Synergien, die es nun aber unter den Regionalmedien gibt, sind hingegen gross. Dieser Zusammenschluss war entsprechend sinnvoll.

«Ich bin selber kein wahnsinnig guter Schreiber»

Wie stark mischen Sie sich eigentlich ins Tagesgeschäft Ihrer Redaktionen ein?
Das ist nicht meine Aufgabe. Bei uns gilt die journalistische Unabhängigkeit. Es wäre ausserdem nicht sonderlich fruchtbar, weil ich selber kein wahnsinnig guter Schreiber bin (lacht). Man soll seine Fähigkeiten kennen, und Schreiben gehört definitiv nicht dazu. Was ich hingegen mache und was auch meiner Rolle entspricht, ist, dass ich diese Firma zusammen mit meiner Geschäftsleitung strategisch präge.

Mit wem haben Sie mehr zu tun, mit NZZ-Chefredaktor Eric Gujer oder NZZaS-Chefredaktor Luzi Bernet?
Luzi führt eine kleinere Einheit, entsprechend haben wir mehr Diskussionen mit der NZZ. Das entspricht einfach der Grösse der Titel. Ich habe aber mit beiden regelmässig zu tun, aber auch mit allen Produktleuten, mit den Technologen… Zwar sind die Journalisten am Schluss die Edelfedern, entscheidend ist aber, dass es technologisch und produktemässig auch funktioniert.

Digitalchef Thomas Stamm musste seine Ämter abgeben, wohl wegen Differenzen mit Gujer. Sie haben Stamm in Ihren Stab zurückgeholt. Warum?
«Zurückgeholt» ist der falsche Begriff. Thomas Stamm war immer bei uns angestellt. Dies als Klarstellung. Er nahm sich eine Auszeit und wollte sich neu orientieren. Thomas Stamm ist ein Mann, der 20 Jahre Erfahrung hat und dieses Haus aus dem Effeff kennt. Entsprechend sagte ich bei Arbeitsantritt, dass ich Personen brauche, die das Wissen über Produktion, Technologie und Prozesse haben. Von dem her ist Stamm prädestiniert und leitet für die Geschäftsleitung Gesamtprojekte, in denen es um die Digitalisierung geht.

Gehört das zu Ihren Fähigkeiten, dass Sie vorhandenes Wissen in einer Organisation richtig nutzen?
Ich bin ja selber Ex-Berater. Ich finde es eine ziemlich schwierige Sache, wenn Unternehmen immer externe Berater engagieren und nicht versuchen, das Wissen, das im Haus vorhanden ist, einzusetzen. Hier im Haus ist so viel Wissen vorhanden. Gleichzeitig muss man aber aufpassen, dass man nicht industrieblind wird. Hierfür muss man raus gehen. Ich nehme diese Industrie als sehr transparent war. In den letzten paar Monaten verbrachte ich viel Zeit innerhalb des Hauses, habe aber auch andere Unternehmen angeschaut. Ich erfuhr eine extrem hohe Austauschbereitschaft. Einer der Treiber ist, dass diese Industrie noch keine Ahnung hat, wie sie ihre Probleme lösen soll. Das heisst, dass alle gemeinsam nach Lösungen suchen.

«Vom Nutzer her denken – das ist mein ganz grosses Credo»

Dies wurde am Rande des Swiss Media Forums deutlich, als sich alle Verlage bereit zeigten, eine Login-Allianz zu prüfen…
Das ist ein guter Vorstoss, der konkretisiert werden muss. Wenn wir das gut machen, wird es auch für die Nutzer einfacher und damit für das Unternehmen besser. Vom Nutzer her denken – das ist mein ganz grosses Credo.

Ihr Vorgänger Veit Dengler war ein fleissiger Twitterer. Von Ihnen habe ich noch nie etwas gelesen.
Ja, das ist so (lacht). Ich habe zwar ein Twitterkonto, brauche es aber praktisch nie. Ich schliesse nicht aus, dass ich mal etwas twittere, halte mich selbst aber nicht für so relevant, dass ich die ganze Zeit twittern müsste. Nochmals: Wir haben Journalisten, die etwas zu sagen haben, die sollen kommunizieren.

Wie haben Sie es generell mit den Sozialen Medien? Nutzen Sie keine?
Doch, doch, sehr wohl. Das ist ja kein Widerspruch. Ich bin kein Content-Generator, aber ein fleissiger Nutzer unterschiedlichster Content-Gefässe. Ich bin seit vielen, vielen Jahren digital unterwegs. Ich war vermutlich einer der ersten Twitter-Nutzer, seit 2006 oder 2007. Ich habe überhaupt keine Berührungsängste. Es ist vielmehr ein bewusster Entscheid, dass ich das nicht überbetonen will. Und das hat übrigens nichts mit meinem Vorgänger zu tun.

Sie sind Vater von zwei Kindern – mittlerweile 18 und 20 Jahre alt. Wie brachten Sie Ihrem Nachwuchs Medienkompetenz bei?
Das ist eine spannende Frage. Bildung ist die Grundvoraussetzung für Medienkompetenz – das heisst: Dialog und Auseinandersetzung. Als Beispiel: Meine Tochter konnte in einem Tag ein 300-seitiges Buch verschlingen. Sie liest viel schneller als ich und liest viel mehr, als ich jemals gelesen habe. Bildung ist eine wichtige Voraussetzung, dass man dann auch Medien konsumiert. Meine Tochter ist eine sehr reflektierte Person.

Sie waren aber nicht die Sorte Vater, der mit dem Computer hingesessen ist und die Kinder vor der bösen Werbung gewarnt hat?
Das war nicht nötig. Beide haben sich sehr bewusst damit auseinandergesetzt. Auch die Schule hat hier gute Beiträge geleistet. Wenn es Diskussionsbedarf gab, sind die Kinder gekommen. Es war nicht im Push-, sondern im Pull-Modus.

Was liegt bei Ihnen morgens auf dem Tisch? Zeitungen oder ein Tablet?
Ein Tablet, seit zehn Jahren. Ich mag mich erinnern: Als ich 30 Jahre alt war, hatte ich die «Financial Times» abonniert, die war damals relativ teuer. Ich war aber zu 80 Prozent meiner Zeit am Reisen. Während ich also irgendwo auf der Welt war, lag zu Hause jeden Morgen die Zeitung vor der Türe. Darüber ärgerte ich mich und bestellte das Abo schnell wieder ab. Ich habe heute auch sonst kaum Papierunterlagen, alles ist nur elektronisch.

Also auch kein Buch auf dem Nachttisch oder in den Ferien?
Teilweise erhalte ich Bücher geschenkt, die ich dann zusätzlich auf dem E-Book beziehe. Ich mache meine Notizen lieber ins E-Book.

«Unsere Sprache ist nicht für Linkshänder gemacht»

Ist dies ein bewusster Entscheid, der auch mit ökologischen Überlegungen zu tun hat?
Auch. Viel eher aber war es ein logistisches Thema. Ich müsste x Ordner mit Unterlagen mitnehmen. Damit (zeigt auf das Tablet) habe ich einfach alles immer dabei. Und es hat noch einen anderen praktischen Grund: Ich bin Linkshänder und kann meine eigene Schrift fast nicht lesen. Ich müsste eigentlich arabisch schreiben von rechts nach links – unsere Sprache ist nicht für Linkshänder gemacht. Weil ich so «gruusig» schreibe, konnten meine Mitarbeitenden meine Notizen teils gar nicht lesen. Seit rund acht Jahren mache ich diese deshalb konsequent elektronisch.

Mitarbeiter sagen über Sie: «sympathisch», «witzig», «sehr gut, ein Zürcher»…
Ich bin ein Zürcher, ohne ein Zürcher zu sein. Oder anders formuliert: Ich arbeite zum ersten Mal in Zürich. Und zum ersten Mal wird mir das Zürcher-sein als kompetitiver Vorteil ausgelegt, bisher war es immer ein kompetitiver Nachteil. In der Zentralschweiz war das Zürcher-sein nicht wirklich ein Vorteil. Eine Eigenschaft, die mich sicherlich ausmacht: Ich bin sehr passioniert. Was ich mache, das mache ich richtig und gern. Und sonst würde ich es nicht mehr machen. Zudem bin ich sehr kundenfokussiert.

Können Sie auch mal die Faust auf den Tisch hauen und laut werden, so dass man Sie am Ende des Korridors noch hört?
Das bezweifele ich, meine Bürotür ist so dick – da müsste ich ungeheuer laut schreien, das gibt meine Stimme gar nicht her. Ich finde das sowieso eine eher bemühende Führungsform. Ich bin aber sehr emotional, kann mich auch ärgern. Normalerweise bin ich aber relativ gemässigt. Ich hoffe, dass ich als Führungsperson grundsätzlich positiv wahrgenommen werde. Ich glaube für mich in Anspruch nehmen zu können: Wenn etwas nicht funktioniert, dann versuche ich zuerst, das Problem zu lösen und nicht den Schuldigen zu finden.



Felix Graf ist seit 1. Juni 2018 CEO der NZZ-Mediengruppe. Zuvor war er ab 2012 Mitglied der Geschäftsleitung der Centralschweizerischen Kraftwerke und führte das Unternehmen ab 2014 als deren CEO. Von 2002 bis 2009 arbeitete er in verschiedenen Führungsfunktionen für Swisscom. Dort verantwortete er unter anderem das Bluewin-Portal und Swisscom TV. Graf verfügt über einen Masterabschluss der ETH Zürich in Physik und Chemie sowie einen Doktortitel in Physik der ETH Zürich.

 



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