Ab der kommenden Mach-Basic-Studie 2018-2, die am 9. Oktober 2018 publiziert wird, ändert die AG für Werbemedienforschung Wemf ihre Erhebungsmethode. Neu werden die Leserschaftszahlen nicht mehr auf Basis der letzten zwei, sondern der letzten vier Semester ermittelt.
Die Änderung wurde vom Schweizer Werbe-Auftraggeberverband SWA und Leading Swiss Agencies LSA scharf kritisiert; sie befürchten eine «Verwässerung» der Ergebnisse und fehlende Aktualität (persoenlich.com berichtete). In einem Mediengespräch nahmen Harald Amschler, Executive Director of Research and Development, und Urs Wolfensberger, Executive Director of Marketing and Sales bei der Wemf, am Dienstag zu den Änderungen Stellung.
«Vorteile überwiegen ganz klar»
Dass die Aktualität der Leserzahlen abnehmen wird, bestreiten die Verantwortlichen nicht. Sie betrachten die Auswirkungen auf die Reichweiten – die im Vergleich zur bisherigen Messmethode um durchschnittlich zwei Prozent höher ausfallen werden – allerdings als gering. Ebenso sei die Vergleichbarkeit der Reichweiten mit den Vorjahren gegeben. Aus Wemf-Perspektive überwiegen ganz klar die Vorteile.
Angestossen wurde die Änderung durch Sparvorgaben der Medienhäuser, welche die Leserschaftsforschung zu über 90 Prozent finanzieren. Das Sparpotenzial des neuen Erhebungsmodells erklärt Harald Amschler wie folgt: «Der verlängerte Erhebungszeitraum ermöglicht es uns, die Anzahl Interviews pro Jahr von 19'000 auf 15'000 zu senken und so Kosten zu sparen. Die Senkung wird in der Auswertung aber überkompensiert, weil Daten aus zwei Jahren – also 30'000 Interviews – berücksichtigt werden.» Die höhere Fallzahl erhöhe zudem die Validität der Ergebnisse, so Amschler vor den Medien.
Für kleine Tages- und Wochenzeitungen (Auflage bis 20'000 Exemplare) wende die Wemf die zweijährige Berechnungsbasis bereits seit 2011 an. In der Erhebung Mach-Basic 2018-1 seien die Leserzahlen von 59 der insgesamt 307 publizierten Titel auf diese Weise ermittelt worden. Von einer Änderung zu Mach 4 wollen die Verantwortlichen nicht sprechen, nur von einer «Optimierung von Mach 3».
Der Entscheid fällte der Verwaltungsrat der Wemf – zusammengesetzt aus fünf Vertretern des Verband Schweizer Medien VSM und je einem Vertreter des Tessiner Verlegerverbands Stampa Svizzera, des welschen Verlegerverbands Médias Suisses und dem SWA.
Änderungen im Interesse der Medienhäuser
Der LSA sei vom Entscheid des Wemf-Verwaltungsrats «überrumpelt» worden, sagte Geschäftsführerin Catherine Purgly gegenüber dem «Klein Report». Sie befürchtet, dass nicht nur Sparmasnahmen dahinterstecken, sondern so auch weitere Reichweitenverluste verzögert würden, was «dem einen oder anderen Verleger entgegenkommen» werde.
Die Wemf-Vertreter geben zu, dass gegenüber SWA und LSA Vertrauen kaputtgegangen sei. Die beiden Verbände der Werbebranche sollen nun Einblick in die Ergebnisse nach alter und neuer Erhebungsmethode erhalten und so den Direktvergleich machen können. Nicht jedoch die Medienhäuser: So soll vermieden werden, dass zwei verschiedene Werte, die eigentlich das Gleiche aussagen sollen, öffentlich sind und je nach Gutdünken verwendet werden.
Trotzdem werden die Medienhäuser bei der Interpretation der Zahlen mehr Spielraum haben als bisher. Eine Interpretation der Zahlen durch die Wemf wird von den teilnehmenden Medienhäusern in Zukunft nicht mehr gewünscht. Auch wird das Forschungsinstitut – auf Wunsch der teilnehmenden Zeitungen – in Zukunft keine Vorab-Infos mit Sperrfrist mehr verschicken.
Dies erschwert die Berichterstattung insbesondere für die Fachmedien, darunter «persönlich» und persoenlich.com. Die geänderte Kommunikationsstrategie könnte auch als Versuch der Medienhäuser, die Deutungshoheit über die Wemf-Zahlen zu gewinnen, interpretiert werden.