22.01.2023

Indiskretionsaffäre

Leaks aus dem Bundeshaus sind häufig

Ringier sei nicht exklusiv bedient worden, schreibt Denis von Burg in der SonntagsZeitung. Es habe eine «riesige Corona-Indiskretions-Maschinerie für und gegen Berset» gegeben. Die Republik sieht mit den Ermittlungen die Arbeit der freien Presse als vierte Gewalt bedroht.
Indiskretionsaffäre: Leaks aus dem Bundeshaus sind häufig
Wie schwer wiegen die Indiskretionen wirklich? Bundesrat Alain Berset mit seinem ehemaligen Kommunikationschef Peter Lauener. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)

Peter Lauener, Ex-Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, habe mit seinen Informationen an Ringier-CEO Marc Walder keinerlei Scham und Zurückhaltung gezeigt. «Daraus aber jetzt eine Staatsaffäre wegen einer angeblich unbotmässigen Verklüngelung des Gesundheitsdepartementes mit der Blick-Gruppe zu machen oder gar Alain Bersets Kopf zu fordern, ist absurd», schreibt Denis von Burg, Politikchef und Leiter der Bundeshausredaktion in der aktuellen SonntagsZeitung.

Erstens habe Lauener Ringier nicht exklusiv bedient. «Fakt ist: Der grösste Teil der Schweizer Medienlandschaft wurde wöchentlich mit ähnlichen Vorinformationen versorgt – auch die SonntagsZeitung», heisst es. Zweitens seien weder «Staatsgeheimnisse verraten noch politische Gegner angeschwärzt» worden – der Fall Lauener sei gemessen an jenen der vergangenen Jahre eher «minder schwer». Und drittens, so von Burg in seinem Kommentar: «Auch Kantonsvertreter und die Stäbe anderer Departemente sowie eingeweihte Politiker haben sich wiederholt als sogenannte Spindoktoren betätigt und eine riesige Corona-Indiskretions-Maschinerie für und gegen Berset betrieben.» Auch seitens SVP, aus deren Partei nun Bersets Rücktritt gefordert werde.

Indiskretionen aus dem Bundesrat seien «das tägliche Brot der Schweizer Politik», so Denis von Burg. Die Empörung jener Politiker, «die jetzt eine Staatsaffäre daraus zimmern wollen», sei heuchlerisch. «Solche Interna aus dem Bundesrat gehören zum System und tun diesem zuweilen auch gut. Sie schaffen Transparenz und zeigen, wer im Bundesrat wofür steht.» Ähnliches sagte auch schon Verlegerpräsident Andrea Masüger in der SRF-«Arena» vom Freitag (persoenlich.com berichtete).

«Presse als vierte Gewalt bedroht»

«Ist es überhaupt eine Affäre Berset?», fragt sich die Republik. Es sei nicht verboten, Untersuchungsakten weiterzugeben oder zu veröffentlichen – «zumindest, wenn man Beschuldigter ist – und nicht ans Amtsgeheimnis gebunden wie eine Ermittlerin». Die Republik stellt fest: «Am Ende könnten in dieser Affäre alle verlieren: die Regierung, die Medien, die Justiz.» Genährt werde eine gefährliche Erzählung: «dass die Medien und die politische Macht unter einer Decke steckten».

Zudem werde mit den Untersuchung des Sonderermittlers ein Präjudiz geschaffen, das die Arbeit der freien Presse als vierte Gewalt bedrohe: «Wenn ein Staatsanwalt Indiskretionen, die lange als Kavaliersdelikte galten, verfolgt wie schwere Straftaten, wenn auf vertrauliche Gespräche Hausdurchsuchungen und Untersuchungshaft folgen, wenn nach Enthüllungen E-Mails beschlagnahmt werden, dann ist der Schutz von Informantinnen in Gefahr.» (cbe)



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Kommentare

  • Peter Leuenberger, 22.01.2023 16:54 Uhr
    Eher dürfte es das enorme Ausmass der Leaks sein, welche die Presse als vierte Gewalt bedrohen. Immerhin sind die Sitzungen des Bundesrates nicht öffentlich.
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