24.10.2022

Recherche

Machenschaften um AntePAY enthüllt

Die Bezahlkarte war einst Sponsor des FC Zürich. Nun zeigt eine gemeinsame Recherche von Reflekt und SRF Investigativ, dass AntePay für illegales Glücksspiel verwendet worden und Teil eines heimlichen Millionengeschäfts gewesen sei. Was die Protagonisten dazu sagen.
Recherche: Machenschaften um AntePAY enthüllt
Prangte zwei Jahre lang auf den Trikots des amtierenden Schweizer Meisters FC Zürich: der Schriftzug «AntePAY». (Bild: Keystone/Walter Bieri)

Zwei Saisons lang war AntePAY Sponsor des FC Zürich. Eine Recherche von Reflekt und SRF Investigativ soll gemäss einer Mitteilung zeigen: Die Bezahlkarte soll für illegales Glücksspiel verwendet worden und Teil eines heimlichen Millionengeschäfts gewesen sein. Zur Co-Recherche gehört auch ein dreiteiliger Podcast*:

Hier ein Überblick der wichtigsten Punkte der Recherche:

  • Offiziell habe das AntePAY-Geschäftsmodell so funktioniert: Der Kunde oder die Kundin kaufe die Karte mit Guthaben. Damit lasse sich mittels Zahlencode anonym in ausgewählten Onlineshops bezahlen. Das Unternehmen erhalte dafür vom Shop-Anbieter eine Gebühr.
  • Zum Zeitpunkt des FCZ-Deals war AntePAY laut Mitteilung nur in sechs Onlineshops akzeptiert, die heute nicht mehr existieren würden. Später seien bekanntere Namen hinzugekommen. Die Nachfragen von SRF Investigativ und Reflekt hätten gezeigt: Zwei Firmen habe es nicht mehr gegeben, zwei hatten keinen Onlineshop und von den restlichen hätten fünf gesagt, dass sie nie einen Franken Umsatz mit AntePAY gemacht hätten.
  • Alle Erkenntnisse würden darauf hinweisen, dass es hinter AntePAY «nie ein legales, funktionierendes Geschäftsmodell gab». Vielmehr tauche die Karte in zahlreichen Urteilen auf, in welche die an der Recherche beteiligten Medienschaffenden Einsicht erhalten hätten. Ein Spieler, der vor Ort befragt wurde, gab über AntePAY zu Protokoll: «Ich kann nichts damit einkaufen, das ist nur für Glücksspiele.» Diese Version habe ein Insider gegenüber Reflekt bestätigt, der aus Angst vor negativen Konsequenzen anonym bleiben will: «Diese Karte haben alle nur für Siskowin oder Solobet gebraucht», wird die Person in der Mitteilung zitiert.
  • siskowin.com und solobet.com sind laut Recherche Webseiten, auf denen in der Schweiz illegales Glücksspiel angeboten werde und die auch für illegales Glücksspiel in Lokalen benutzt worden seien. Sie seien Teil eines kaum bekannten Millionengeschäfts. Der Casinoverband Schweiz schätze grob, dass in der Schweiz ein dreistelliger Millionenbetrag mit illegalem Glücksspiel umgesetzt werde.
  • Anders als bei konzessionierten Anbietern werde dieses Geld nicht versteuert, wodurch dem Staat viel Geld entgehe. Zudem würden die Gewinne laut Eidgenössischer Spielbankenkommission oft für die Finanzierung von Schwerstdelikten wie Menschen- oder Drogenhandel verwendet.

Was die Protagonisten der Story sagen:

  • Die Firma DSCnet, welche die AntePAY-Karte herausgegeben hat, ist 2021 Konkurs gegangen. Giancarlo Tottoli, Gründer und zum Zeitpunkt des FCZ-Deals alleiniger Verwaltungsrat, streitet gegenüber Reflekt und SRF Investigativ ab, dass seine Firma die Bezahlkarte für das illegale Glücksspiel hergestellt habe. «Es gab nie illegale Geschäftstätigkeiten», wie er gemäss Mitteilung schriftlich bestätigt. Man könne belegen, dass AntePAY über legale Onlineshops Umsatz gemacht habe. Konkrete Namen nennt er laut Reflekt allerdings keine.
  • FCZ-Präsident Ancillo Canepa sagt gemäss Mitteilung: «Es ist für mich sehr ärgerlich, wie es gelaufen ist.» In diesem Fall habe man sich auf die externe Sportvermarktungsfirma InfrontRingier Sports & Entertainment verlassen, welche den Deal aufgegleist habe. «Im Nachhinein muss ich sagen: Man sollte sich nie auf Drittparteien verlassen», so Canepa weiter. Umso mehr, weil DSCnet dem Verein laut Canepa noch mehrere hunderttausend Franken schuldig gewesen sei. Reflekt und SRF Investigativ hätten die Verantwortlichen von AntePAY damit konfrontiert, dass sie dem FCZ noch Geld schulden würden. Kurze Zeit später habe der FCZ-Präsident mitgeteilt, die Schulden seien nun beglichen worden.
  • Ringier schreibt auf Anfrage, nichts vom Bezug der AntePAY-Karte zum illegalen Glücksspiel in der Schweiz gewusst zu haben: «Aus damaliger Sicht sprach nichts gegen diesen Vorschlag und InfrontRingier ist all ihren vertraglichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung mit dem FC Zürich nachgekommen», wie es laut Mitteilung heisst.
  • Wer wissentlich technische Hilfsmittel zur Durchführung von illegalem Glücksspiel zur Verfügung stelle, könne mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Zuständig für die Verfolgung illegaler Spielbankenspiele ist die Eidgenössische Spielbankenkommission. Sie äussert sich laut Mitteilung nicht zur Frage, ob ein Verfahren im Zusammenhang mit AntePAY oder DSCnet läuft.


*Alle Erkenntnisse sowie alle drei Podcasts Recherche finden sich unter diesem Link und hier.



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