31.03.2023

Transparenz

Mehr Licht in die Aktenablagen der Kantone

Um Lokalredaktionen im Umgang mit amtlichen Dokumenten fit zu machen, startet der Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch am Freitag eine mehrjährige Informations- und Sensibilisierungskampagne. persoenlich.com hat mit zwei Beteiligten des Projekts gesprochen.
Transparenz: Mehr Licht in die Aktenablagen der Kantone
Ein neuer Leitfaden hilft Redaktionen und Behörden beim Umgang mit dem Öffentlichkeitsgesetz. (Bild: zVg/Raphael Hünerfauth)
von Nick Lüthi

Wenn Medienschaffende auf der Grundlage des Öffentlichkeitsprinzips amtliche Dokumente einzusehen verlangen, dann taten sie das bisher deutlich öfter bei der Bundesverwaltung als bei kantonalen Behörden. Das zeigt ein Blick in die Story-Datenbank von Öffentlichkeitsgesetz.ch. Seit 2006 gelten Dokumente der Bundesverwaltung grundsätzlich als öffentlich zugänglich. Für Journalistinnen und Journalisten stellt diese Regelung ein wichtiges Arbeitsinstrument dar, wie die Rechercheergebnisse zeigen. Sei es die zweifelhafte Visa-Vergabe der Schweizer Botschaft 2006 in Skopje, oder 200'000 Franken Steuergeld für einen Kurztrip von Ueli Maurer 2015 an ein Fussballspiel oder unlängst die Hintergründe zur Lieferung von Schweizer Kampfjetmunition an Katar. All das und viel mehr kam ans Licht der Öffentlichkeit, weil Redaktionen von ihrem Recht Gebrauch machten und im richtigen Moment bei der richtigen Stelle die richtigen Dokumente herausverlangten.

Kantonale Behörden, deren Tätigkeit auch grossmehrheitlich dem Öffentlichkeitsprinzip untersteht, sehen sich dagegen deutlich seltener mit solchen Medienanfragen konfrontiert. Das soll sich nun ändern. «Wir wollen die Umsetzungspraxis auf kantonaler, aber auch auf kommunaler Ebene optimieren», sagt Martin Stoll, Geschäftsführer des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch und langjähriger Recherche-Journalist bei der SonntagsZeitung von Tamedia. In den nächsten sechs Jahren plant der Verein deshalb, in acht Regionen der Schweiz Redaktionen zu schulen und zu coachen. Weiter will man die Transparenzpraxis evaluieren und Hilfsmittel entwickeln, die den Redaktionen die Arbeit mit dem Öffentlichkeitsgesetz erleichtern. Wie der Verein schreibt, startet das Projekt in Zürich, ab Herbst folgen die Kantone Aargau, Solothurn und die beiden Basel. Im kommenden Jahr läuft das Projekt mit Genf und Waadt auch in der Westschweiz an.

«Oft fehlt es am Wissen»

Dass Lokalmedien weniger auf diese Weise recherchierten, liege nicht an den meist geringeren Personalkapazitäten im Vergleich mit den grossen Politik-Ressorts der nationalen Medien. «Oft fehlt es am Wissen. Die Arbeit mit dem Öffentlichkeitsgesetz an sich ist nicht besonders ressourcenintensiv», sagt Stoll im Gespräch mit persoenlich.com.


«Aktiver miteinander kommunizieren»

Eine Ansicht, die Martin Stoll teilt. Er beobachtet einen Annäherungsprozess der beiden Seiten, auch wenn man sich zum Teil noch mit Skepsis begegnet. Eine Möglichkeit zum gegenseitigen Beschnuppern bot zuletzt ein «Transparenz-Zmittag». Am vergangenen Montag trafen sich Journalistinnen und Journalisten aller massgeblichen Zürcher Medien mit Vertreterinnen und Vertretern mehrerer kantonaler Direktionen sowie aus Gemeinden und den grossen Städten des Kantons Zürich. «Bei allen Vorbehalten, die es weiterhin gibt, herrscht Konsens darüber, dass man aktiver miteinander kommunizieren sollte», sagt Stoll.


Verwaltung steht in der Pflicht

Für den Konfliktfall, wenn eine Behörde die von den Medien eingeforderten Dokumente nicht herausgeben will, empfiehlt der Leitfaden eine transparente und proaktive Kommunikation. Die Behörden sollen die Medienschaffenden unterstützen und nicht abwimmeln. Als letzter Schritt bleibt, wo dies gesetzlich vorgesehen ist, der Gang vor eine Schlichtungsstelle.

Ziel der nun angelaufenen Kampagne von Öffentlichkeitsgesetz.ch ist es, dass der Zugang zu Verwaltungsdokumenten zu einem Routinevorgang für Medien und Behörden wird. Die öffentliche Verwaltung steht dabei ungleich stärker in der Pflicht: Auch wenn ihre Dokumente grundsätzlich öffentlich sind, können Amtsstellen den Zugang verweigern oder verzögern. Darum sei es wichtig, dass sich die Behörden von vorneherein transparent verhielten. Oder wie es Walter Langenegger mit anderen Worten formuliert: «Jeder hat das Recht, mir über die Schultern zu schauen.»



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