18.12.2000

"Mit starken Sendungen wie 'Big Brother' kann man Boden fassen"

Am letzten Sonntag erreichte der Privatsender TV3 mit dem Final von "Big Brother" seinen Quotenhöchststand. Die zweite Staffel soll ab Ende Januar auf Sendung gehen. "persoenlich.com" wollte von Geschäftsführer Jürg Wildberger (Bild) wissen, ob bis dahin die grosse Quotenflaute droht. Das Interview:
"Mit starken Sendungen wie 'Big Brother' kann man Boden fassen"

Am Sonntagabend hat in Glattbrugg beim Final von "Big Brother" der Bär getanzt. Rund 3000 Personen hatten sich allein vor dem Container versammelt, über 600'000 sassen zu Hause vor den Bildschirmen. Haben Sie mit solchen Traumquoten gerechnet?

Nun, ich hatte sie mir erhofft. Das ganze Format hat eine doppelt so hohe Quote gebracht, als wir erwartet hatten. "Big Brother" ist tatsächlich ein riesiger Erfolg. Und was mich vorallem gefreut hat, ist, dass der Durchschnittszuschauer trotz aller Vorurteile gebildet ist, nach der Sendung ins Internet geht, die Möglichkeiten nutzt, die wir ihm bieten.

Mami Daniela durfte die 150'000 Franken Siegesprämie entgegennehmen. Wer war Ihr ganz persönlicher Favorit?

Nun, einen eigentlichen Favorit hatte ich nicht – und wenn dem so wäre, dürfte ich ihn hier auch nicht nennen (lacht). Spannend fand ich es, dass es am Schluss drei Frauen waren, die um den Sieg gekämpft haben. Dadurch wurde das Ganze viel emotionaler. Hätten es Männer bis in die Endrunde geschafft, wäre die letzte Woche sicherlich eher sec abgelaufen.

Die als prüde und steif verschrieenen Schweizer haben der Welt gezeigt, dass sie auch ganz anders können. Im Gegensatz zu Deutschland oder auch Italien haben die Container-Insassen von anfang an Volldampf gegeben. Was kann uns denn da die zweite Staffel überhaupt noch zeigen, was wir nicht bereits zu sehen bekommen haben?

Das kann ich beim besten Willen nicht sagen. Natürlich hängt das auch von der Kombination der neuen Container-Insassen ab. Wie diese aber agieren werden, davon müssen wir uns überraschen lassen. Das jedoch ganz Europa neidisch auf die Schweiz geschaut hat, hat mich sehr gefreut. Übrigens haben wir uns für die nächste Staffel bereits einige Novitäten einfallen lassen, zu denen ich jetzt aber noch nichts sagen will. Und dann haben wir mit Eva Wannenmacher eine ganz neue tolle Moderatorin...

Das TV3-Zugpferd "Big Brother" hat bis zum 28. Januar nun erst einmal Sendepause. Droht jetzt das grosse Quotenloch?

Nein, ich glaube nicht. Natürlich wird es einen Rückgang der Quoten geben, aber kein Loch in dem Sinn. Nicht nur "Big Brother" ist in den letzten paar Wochen viel besser gelaufen; auch alle übrigen Sendungen wie zum Bsp. "Millionär" weisen höhere Quoten aus. Und in der Weihnachtswoche erwartet unserere Zuschauer ein starkes Filmpaket mit Kassenmagneten wie "Titanic".

Apropos "Titanic": Warum soll ich mir den Untergang von Leonardo di Caprio auf TV3 ansehen, wenn ich das Ganze fast zeitgleich auf ORF 1 mit 30 Minuten weniger Werbung serviert bekomme?

Nun, erst einmal fangen wir bereits um 8 Uhr an. Und warum sollten all die Zuschauer, die gerne TV3 sehen – und das sind viele –, auf ORF 1 abwandern? Ich glaube nicht, dass sich die Österreicher für uns als Konkurrenz entpuppen werden...

Was erwartet den TV3-Zuschauer im Jahr 2001 neben "Big Brother" II sonst noch Neues?

Für’s Erste wird "Millionär" ausgebaut. Und dann geht mit "Big Class Reunion" ein ganz neues Format auf Sendung: Zwei Prominente und ihre ehemaligen Klassenkameraden treten gegeneinander an. In der Lifestyle-Sendung "Changing Room" dekorieren sich zwei Paare gegenseitig ihre Wohnung um, und dann haben wir auf Frühling noch zwei weitere Sendungen geplant, zu denen ich zum jetztigen Zeitpunkt aber ebenfalls noch nichts sagen will.

Das UVEK hat erst kürzlich moniert, dass die TV3-News-Kurzsendungen die Konzession verletzen und eine Schwerpunktwiederherstellung im Bereich der Information gefordert.

Wir werden den Fall weiterziehen. Unsere Kurz-News haben heute fünfmal mehr Zuschauer als vorher, was zeigt, dass die jetztige Form einem Bedürfnis entspricht. Abgesehen davon steht meines Wissens in der Konzession nirgends, wie lang die News sein müssen. Übrigens bauen wir sie unabhängig von dem Hickhack aus: Ab dem 1. Januar werden sie statt sechs acht Minuten lang sein und jeweils um Mitternacht aufdatiert.

Sie persönlich kommen ja als ehemaliger Chefredaktor von Facts aus dem "seriösen" Journalismus. Stört es Sie nicht manchmal, sich mit einem TV-Sender identifizieren zu müssen, der von den Medien als Schmuddelsender deklariert wird?

Das wird er doch gar nicht mehr! Seit einem halben Jahr können Sie nirgends mehr lesen, dass TV3 ein Schmuddelsender sei. Die Qualitätsprobleme von damals haben wir heute nicht mehr. Heute sind wir vergleichbar mit ausländischen Unterhaltungssender. Natürlich könnten Sie mir jetzt vorwerfen, Unterhaltung zu machen. Unser Ziel ist es jedoch, anders zu sein als SF DRS, uns bei den Jungen zu positionieren. Dazu müssen wir neue, junge Formate bringen. Mit starken Sendungen wie "Big Brother" kann man Boden fassen. Eins kann ich Ihnen aber jetzt schon sagen: Sie werden sehen – in zwei Jahren sieht TV3 ganz anders aus!

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