19.02.2025

UKW-Aus

Navigationsgeräte verlieren Verkehrsinfo

Mit dem UKW-Ende der SRG-Sender Ende 2024 können viele Navigationsgeräte keine Staus mehr automatisch umfahren. Der dafür nötige Verkehrsdienst TMC ist verschwunden – was dem Bundesamt für Strassen Astra durchaus recht zu sein scheint.
UKW-Aus: Navigationsgeräte verlieren Verkehrsinfo
Besitzer von Navigationsgeräten ohne Onlineanbindung erhalten keine automatischen Verkehrsmeldungen mehr und können Staus nicht mehr umfahren. (Bild: Keystone/Michael Buholzer)

Durch das viel diskutierte UKW-Aus am 31. Dezember 2024 lässt die SRG auch Abertausende Navigationsgeräte orientierungsloser werden. Die meisten Navis – ob fix im Fahrzeug eingebaut oder mittels Saugnapf an die Scheibe geklebt – empfangen nämlich über Traffic Message Channel (TMC) die aktuelle Verkehrssituation. Mit dieser Technologie können Staus erkannt und alternative Routen vorgeschlagen werden.

TMC ist Teil von Radio Data System (RDS), einem Zusatzdienst für UKW-Radio, der auch Sendernamen, kurze Texte und alternative Frequenzen übertragen kann. Silvia Canova, Mediensprecherin des Bundesamts für Kommunikation (Bakom), bestätigt auf Anfrage von persoenlich.com: «Mit der Abschaltung der UKW-Verbreitung wurde ebenfalls das RDS-Signal abgeschaltet.»

Nachfolgesystem ohne Chancen

In der Schweiz stellt die nationale Verkehrsinformationszentrale Viasuisse, die auch Radio und Fernsehen mit Staumeldungen versorgt, die Verkehrsinformationen bereit. TMC wird laut Canova in der Regel von Veranstaltern mit grossen Versorgungsgebieten ausgestrahlt. Doch: Die privaten Sender von CH Media verzichten auf TMC-Signale, wie es auf Anfrage heisst. Auch die Energy-Radios haben kein solches System in Betrieb. Das bedeutet: Nach dem UKW-Aus der SRG werden die meisten älteren Navigationsgeräte keine automatischen Stauinformationen mehr empfangen können – ausser sie verfügen über eine Internetverbindung.

Der Versuch, ein Nachfolgesystem namens TPEG für die digitale Radioübertragung zu etablieren, ist gescheitert. «Das Protokoll wird kaum noch verwendet und ist in aktuellen Navigations- und DAB-Geräten nicht implementiert», so Canova zu persoenlich.com. Für Besitzer von Navigationsgeräten ohne Onlineanbindung bedeutet dies: Sie erhalten keine automatischen Verkehrsmeldungen mehr und können Staus nicht mehr umfahren.

Alternativrouten «nicht gewollt»

Diesen Umstand begrüsst das Bundesamt für Strassen (Astra). Das Astra äussert sich nämlich kritisch zu den Umfahrungsempfehlungen von Navigationsgeräten. In einer schriftlichen Stellungnahme an persoenlich.com heisst es: «Die meisten Navigationsgeräte suchen bei Staus Alternativrouten, die meist nicht gewollt sind. Das führt zu unerwünschtem Ausweichverkehr durch Ortschaften mit vielen negativen Auswirkungen: Belastung für die Anwohnenden, verstopfte Strassen, höhere Unfallgefahr für Fuss- und Veloverkehr und Probleme für den lokalen ÖV.»

Das Astra rät stattdessen, sich an den offiziellen Verkehrsleitsystemen zu orientieren. Auch das Bakom verweist auf die Anzeigen des Astra auf Autobahnen. Als Alternativen würden sich zudem onlinebasierte Lösungen wie Google Maps, Apple Maps, die TCS-App oder ViaMichelin anbieten. Diese seien «hinsichtlich Aktualität und Detaillierungsgrad wesentlich genauer» als TMC. In modernen Fahrzeugen lassen sich Smartphones zudem direkt mit dem Bordcomputer verbinden, sodass die Onlinenavigation über das eingebaute Display genutzt werden kann.

Laut Canova war der Zusammenhang zwischen der UKW-Abschaltung und dem Ausfall von TMC allen «in die digitale Migration involvierten Parteien» bewusst. Viele Navi-Nutzer dürften diesen Zusammenhang jedoch erst feststellen, wenn sie im Stau feststecken. Klar ist jedenfalls: Die Zukunft der Verkehrsinformation liegt im Internet – und nicht mehr im Radio.


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KOMMENTARE

Beat Fux
18.02.2025 22:23 Uhr
Selbstverständlich ist die unmittelbare Übermittlung von Verkehrsmeldungen an Navigationsgeräte eine sinnvolle Massnahme! Als Beispiel sei hier die Unterbrechung der A13 durch Starkregen im vergangenen Sommer angeführt, wobei auch die Kantonsstrasse betroffen war. In solchen Fällen ist es sinnvoll, Verkehrsteilnehmer auf alternative Routen zu leiten. Zudem ist festzustellen, dass die Aussagen in hohem Masse widersprüchlich sind: Einerseits wird TMC als nutzlos bzw. schädlich eingestuft, da es Alternativrouten aufzeigt. Andererseits wird auf die Existenz von Alternativen wie Google Maps, Apple Maps, der TCS-App oder ViaMichelin verwiesen, die ebenfalls Alternativrouten vorschlagen. Allerdings ist für die Nutzung dieser Apps eine Internetverbindung erforderlich, was dem Broadcast-Prinzip widerspricht (betrifft insbesondere den internationalen Verkehr). Dies wirft die Frage auf, inwiefern die Behörden die Bürger täuschen. Ein weiteres Indiz für die mangelnde Kompetenz der Behörden ist das Festhalten am alten Plan und die Abschaltung des Tunnelfunks per Ende 2024. ohne Alternativen. Dies schmälert mein Vertrauen in die Schweizer Institutionen.
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