In der NZZ-Ausgabe vom Donnerstag ist eine Anzeige besonders hervorgestochen. Weltwoche-Verleger Roger Köppel platzierte ein ganzseitiges Inserat für Text mit dem Titel «Putins letzte Warnung an den Westen» (Bruttokosten gemäss Mediadaten 19'500 Franken). Die Seite ist als Anzeige gekennzeichnet, gestalterisch kommt der Text ähnlich dem Weltwoche-Layout mit drei Spalten daher. Zu den Beweggründen sagt Köppel auf Anfrage: «Ich möchte die NZZ-Leser aufrütteln mit einer anderen Sicht.»
Es ist nicht das erste Inserat, das Köppel in der NZZ für seine Zwecke schaltet. Bereits in den Jahren 2020 und 2023 veröffentlichte er das Weltwoche-Editorial als Inserat in der Zeitung (persoenlich.com berichtete). Auffällig am aktuellen Beispiel ist allerdings, dass das Weltwoche-Logo nirgends zu sehen ist. Köppel begründet dies damit, dass er «dieses für mich so wichtige Thema nicht zum Instrument einer Abowerbung machen wollte». Klar ist, dass Köppels Text ohne das Logo seines Magazins gestalterisch noch mehr einem redaktionellen Beitrag ähnelt.
«Relativ milde» Handhabe beim Presserat
Der Presserat hält den Umgang zur Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung im Journalistenkodex fest. Dort steht: «Inserate, Werbesendungen und bezahlte oder durch Dritte zur Verfügung gestellte Inhalte sind gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben. Sofern sie nicht optisch/akustisch eindeutig als solche erkennbar sind, müssen sie explizit als Werbung deklariert werden.»
Presseratspräsidentin Susan Boos erinnert auf Anfrage, dass der Presserat die aktuell «relativ milde» Handhabe demnächst anpasse und künftig eine klare Beschriftung und ein klar anders erkennbares Layout als Richtlinie angebe. Im aktuellen Fall, wo ein Layout im Weltwoche-Stil als Design gewählt wurde, wäre die Lage nach den künftigen Richtlinien «ernsthaft zu diskutieren», so Boos.
In den sozialen Kanälen sorgt denn mehr der Inhalt von Köppels Text als die Gestaltung für Aufregung. Seine Zeilen werden als «Putin-Kriegspropaganda» bezeichnet. Verstösst Köppel mit seinem Text gegen den Berufskodex? Eine solche Frage würde nicht der Presserat behandeln, sondern die Lauterkeitskommission.
Stellungnahme der NZZ zur Werbekennzeichnung
Die Neue Zürcher Zeitung erklärte auf Anfrage von persoenlich.com, sie verfüge über strenge und klar definierte Richtlinien zur Kennzeichnung von Werbeinhalten. Bei gesponserten Inhalten in ihren Print- und Magazinpublikationen werde konsequent eine deutliche Kennzeichnung als «Anzeige» oder «Publireportage» in der Kopfzeile platziert. Im vorliegenden Fall sei die fertig produzierte Anzeige vom Auftraggeber bereitgestellt worden.
Um sicherzustellen, dass die Richtlinien befolgt würden, fungierten Chefredaktionen und Blattmacher als oberste Kontrollorgane und prüften in dieser Funktion jeden Promoted Content vor der Publikation. Entspreche ein Werbeinhalt nicht den publizistischen Standards der NZZ, werde er abgelehnt.
Die NZZ verfolgt bei der Annahme von Inseraten einen liberalen Ansatz: «Solange Inserate keine rechtswidrigen oder sonst offensichtlich anstössigen Inhalte beinhalten, werden sie in der Regel auch publiziert – unabhängig davon, ob man zum Beispiel die politische Linie teilt oder nicht», so Karin Heim, Leiterin der NZZ-Unternehmenskommunikation. Dies sei Teil des Prozesses einer offenen Meinungsbildung.
Zum diskutierten Anzeigeninhalt sind bisher sieben differenzierte Leserzuschriften eingegangen. (wid/cbe)
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02.12.2024 12:16 Uhr
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