16.03.2004

"Rolf Müller, reicht Ihre Qualitätssicherung?"

Radiocontrol liefert seit Anfang Jahr falsche Reichweitenzahlen, einzelne Sender verzeichnen Hörer-"Einbrüche" von bis zu 30 Prozent. Hintergrund ist die Erhöhung der Anzahl Messuhren von 431 auf 571, bei der die Gewichtung der einzelnen Regionen falsch angepasst wurde. "persoenlich.com" hat mit Publicadata-Geschäftsleiter Rolf Müller (Bild) über Fehlerkultur gesprochen. Das Interview:
"Rolf Müller, reicht Ihre Qualitätssicherung?"

Wie gut funktioniert die Qualitätssicherung bei Radiocontrol?

Im grossen und ganzen gut.

Immerhin haben Sie die Grundlage zur Reichweiten-Berechnung falsch angepasst, ohne dies selber zu merken. Was lief schief?

Halt, halt! Drei Korrekturen: Erstens hat Publicadata gar nichts angepasst -- das war unser Institut, die IHA-GfK. Zweitens bemerkten auch wir, dass mit den Zahlen etwas nicht stimmt. Gleichzeitig wurde der Fehler -- drittens -- auch von unseren Kunden, den Sendern, bemerkt. Diese verfügen über einen direkten Zugriff über alle aktuellen Zahlen und stellen jede Veränderung sofort fest.

Wie Sie selber auch. Was haben Sie denn gedacht, als die Hörer-Zahlen bei verschiedenen Sendern plötzlich um 20 bis 30 Prozent einbrachen?

Solche Ausreisser gibt es immer wieder -- Stichwort Festtage.

Sie führten den Rückgang also auf die Festtage zurück?

Nein, das war nur als Beispiel gedacht. Tatsache ist, dass es bei den Hörerzahlen immer wieder zu abrupten Veränderungen kommen kann.

Berechnungsfehler wurden bereits Anfang Jahr nach der Neudefinition der Sendegebiete gemacht. Auch damals mussten die Sender intervenieren, bevor Sie den Irrtum bemerkten. Reicht Ihre Kontrolle wirklich?

Eine bessere Kontrolle wäre möglich, wenn wir die Daten länger unter Verschluss behielten und erst mit grosser Verzögerung herausgäben. Das möchten wir aber nicht, zumal aufgrund unserer Vereinbarung mit den Kunden nur Quartalszahlen an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürfen. Die fehlerhaften Daten der vergangenen beiden Monate konnten damit gar keinen Schaden anrichten.

Ihre Kontrolle kann also nur auf Kosten der Publikationsgeschwindigkeit verbessert werden?

Ja. Bereits jetzt beansprucht die Kontrolle einen halben bis einen ganzen Arbeitstag. Eine Erhöhung der Kontrolltätigkeit würde zu noch grösseren Verzögerungen führen.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem jüngsten Fehler?

Wir werden die Qualitätssicherung verbessern. Das ist ein interner Prozess, der die Publicadata, die IHA GfK und den SRG-Forschungsdienst betrifft.

Fehler, wie die vorgefallenen, untergraben Ihre Glaubwürdigkeit. Wie rechtfertigen Sie sich gegenüber Ihren Kunden?

"Rechtfertigen" -- das ist ein schwieriges Wort... Wir kommunizieren rasch und offen mit allen Kunden und erklären ihnen, was vorgefallen ist. Gerade jetzt bin ich wieder bei einem Sender. Die Radiostationen haben bisher sehr offen reagiert, man versteht, dass so etwas passieren kann -- kann, denn dass es nicht sollte, ist klar. Nachdem wir die Fehlerursache am vergangenen Freitag eruiert hatten, stoppten wir die Auswertung sofort. Im Verlauf dieser Woche werden nun alle Daten kontrolliert, so dass ab kommendem Freitag wieder richtige Werte zur Verfügung stehen sollten.

Abschlussfrage: Mit gut 500 Messgeräten sollen repräsentative Angaben über die Reichweiten bei Hunderttausenden von HörerInnen möglich sein. Können Sie das für einen statistischen Laien nachvollziehbar machen?

500 Uhren bedeuten 500 Personen pro Woche. Da die Radiocontrol-Uhren von Woche zu Woche weitergegeben werden, beruhen die von uns publizierten Halbjahreswerte in der Deutschschweiz jeweils auf 13'000 Personen. Rein statistisch ist das also kein Problem.


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