Sechs Antworten zum grossen Abbau

Sparprogramm bei SRF - Umschulungen und Kündigungen zudem werden Sendungen aus dem Programm gekippt: Am Dienstagnachmittag nahm SRF-Direktorin Nathalie Wappler vor den Journalisten Stellung. An der Telefonkonferenz gaben mehrere Punkte zu reden.

von Edith Hollenstein

1. Welche Bereiche werden von den Kündigungen betroffen sein? Sport, Unterhaltung oder Information? Wo gibt es Umschulungen und was für Leute will SRF neu einstellen?
Dazu kann Nathalie Wappler, anders als von den rund 20 per Telefon zugeschalteten Journalistinnen und Journalisten erhofft, nichts Konkretes sagen. Auf die Frage eines Journalisten, welche Berufsbilder oder Bereiche betroffen seien, will Wappler keine nennen. Sie verweist auf das nun eingeleitete Konsultationsverfahren mit den Sozialpartnern. Vorher könne sie nicht sagen, wo, was und wer eingespart werde. SRF werde jedoch nicht nach dem Giesskannenprinzip in allen Abteilungen gleich stark sparen, sondern man habe punktuell einzelne Massnahmen ausgearbeitet. Dies sei vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der digitalen Transformation der bessere Weg, als bei allen Abteilungen gleich viel zu kürzen. 

Bis Ende 2022 soll die Reduktion von aktuell 2292 auf 2176 Vollzeitstellen erfolgt sein (siehe Grafik oben). Danach sollen im Rahmen dieses Programms keine weiteren Abbaumassnahmen mehr nötig werden. Zwar sagt sie nichts zu einzelnen Bereichen, doch Wappler bekennt sich zu den Standorten in den Regionen, diese würden nicht abgebaut. Sie seien für die lokale Verankerung von SRF nötig.

 




2. Warum muss SRF News-Chefin Sandra Manca gehen?
«Aufgrund anstehender Veränderungen in der Organisation hat Direktorin Nathalie Wappler entschieden, die Leitung von SRF News neu zu besetzen.» Für diese Formulierung entscheidet sich SRF, um über den sofortigen Abgang von Sandra Manca zu informieren. In der Mitteilung klingt es ganz klar so, als habe Wappler Manca gekündigt. Doch das sei falsch. Manca, die seit 2008 bei SRF arbeitet, habe sich «selbst entschieden, SRF zu verlassen», erklärt Wappler an der Telefon-Medienkonferenz. «Ich bedauere das wirklich sehr.» Man sei bereits länger im Gespräch gewesen über die Neuorganisation von News Digital. Dabei habe Ursula Gabathuler einen «starken Lead» gehabt und deshalb übernehme sie nun diese Funktion interimistisch. SRF will die Stelle intern und extern ausschreiben. Zu den Gründen sagte Wappler nichts. 

 






3. Was tun die SRF-Chefs für die Newsroom-Redaktoren, damit sie ihre Arbeit wieder erfüllender und engagierter erledigen können?
Unsicherheit und teilweise Frust gab es in den letzten Wochen in der SRF-TV-Redaktion. Deshalb hatten sich die Redaktorinnen und Redaktoren in einem Appell an die SRF-Leitung gewandt (persoenlich.com berichtete). Das Anliegen sei angekommen und TV-Chefredaktor Tristan Brenn sei daran, hier Lösungen zu suchen, verspricht Wappler, ohne weitere Details nennen zu können. Sie signalisierte, dass die SRF-Geschäftsleitung die Inputs der Redaktion gerne aufnehmen werde. 

 

 

 




4. Wie geht es weiter mit den Werbeeinnahmen? Wie will SRF die Rückgänge stoppen?
Nicht nur die Privaten, sondern auch das hauptsächlich gebührenfinanzierte SRF muss Verluste bei den Werbeeinnahmen hinnehmen. Im Vergleich zu 2018 rechnet SRF per 2022 mit einem verkleinerten Jahresbudget von minus 45 Millionen CHF (siehe Grafik unten). Was hat SRF vor? Kommt es zu einer Veränderung in der Vermarktung? «Selbstverständlich halten wir an Admeira als Vermarkterin fest, denn die Rückgänge im Werbemarkt sind nicht auf Fehler bei Admeira zurückzuführen. Diese Kolleginnen und Kollegen machen einen super Job», sagt Wappler auf eine entsprechende Frage. SRF versuche durchaus, die Verluste am Werbemarkt aufzufangen, jedoch sei das «sehr, sehr schwierig». «Wir haben bei unseren Prognosen bis ins Jahr 2024 bereits einberechnet, dass die Einnahmen aus dem Werbeverkauf weiter abnehmen werden», so Wappler. «So hoffen wir, nicht jedes Jahr wieder in eine neue Sparrunde reinlaufen zu müssen.» Hinzu komme, dass die SRG nicht nur rein kommerziell orientiert sei und daher keine grosse Vermarktungsstrategie oder in die Online-Vermarktung investieren könne, denn das sei der SRG ja nicht erlaubt.








5. Warum trifft es ausgerechnet Religionssendungen? Wird es weitere Abstriche beim Programm geben?
«Eco» fällt weg, auch «Sport aktuell» sowie die Sendung «Viva Volksmusik». Zudem wird es am Samstagabend «weniger klassische TV-Shows» geben wie «Happy Day» und «Darf ich bitten?». Ab Sommer 2021 fällt «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» weg. Ausserdem sieht SRF im Sommer- und Feiertagsprogramm weniger Neuproduktionen vor. Auch das Basel Tattoo und das Zirkusfestival Monte Carlo werden nicht mehr übertragen, ebenso der Swiss Music Award oder Art on Ice. Bei Radio SRF 2 Kultur wird die Sendung «52 beste Bücher» gestrichen.

Das sei nun vorerst alles. Mit weiteren grösseren Reduktionen im Programm sei nicht zu rechnen. «Über alle grossen Abstriche haben wir nun informiert», sagt Wappler am Dienstag. An der Telefonkonferenz von mehreren Journalistinnen wiederholt thematisiert: Warum ausgerechnet die beiden Religionssendungen «Blickpunkt Religion» und «Zwischenhalt» über die Klinge springen müssen. «Weil wir nicht alles beibehalten können.» SRF habe darauf geachtet, dass die Perspektivenvielfalt gewahrt werden könne, und der Entscheid sei nicht leichtgefallen. Religion sei wichtig und sei durch die Fachredaktion in der Tagesaktualität weiterhin gut abgedeckt, erklärt Wappler. Doch auch im Bereich Religion wolle SRF sich transformieren und verstärkt digitale Angebote für ein jüngeres Publikum anbieten.

 






6. Ausbau von SRF im Internet: Nimmt SRF die Kritik der Verleger und der Politik ernst?
Die Ausbaupläne von SRF online werden verschiedentlich kritisiert. Nach dem Verlegerverband hat sich nun auch die Politik eingeschaltet. SRF verstosse gegen die in der Verfassung verankerte Rücksichtnahme auf die privaten Anbieter, heisst es in einer entsprechenden Interpellation (persoenlich.com berichtete). 

Wappler nimmt diese Stimmen zur Kenntnis und verteidigt ihre Strategie mit der SRG-Konzession. Auf eine entsprechende Journalistinnen-Frage liest die SRF-Direktorin den Artikel 13 aus der Konzession vor, der verlangt, dass die SRG Angebote für Junge herstellen muss, sodass sich diese vermehrt am gesellschaftlichen Leben beteiligen. SRF komme diesem Konzessionsauftrag bislang nur «unterdurchschnittlich» nach, so Wappler. Daher gehöre der Fokus aufs Digitale zum Auftrag der SRG argumentiert die SRF-Direktorin. Das SRF-Angebot an Online-Formaten sei weder kurz noch leicht, sondern habe eine sehr hohe inhaltliche Qualität, betont Wappler. Es handle sich um Beiträge, die die Privaten nicht anbieten würden – «True Talk», «Nr. 47» oder Philosophiesendungen auf YouTube etwa.