Die Beisetzung von Papst Franziskus am Samstag und das später folgende Konklave stellen für Medien weltweit ein Grossereignis dar. Doch die Schweizer Medienhäuser fahren bei ihrer Berichterstattung mehrheitlich mit angezogener Handbremse. Die sechs befragten Medienhäusern entsenden nur wenige zusätzliche Journalistinnen und Journalisten nach Rom.
SRF setzt auf bewährte Strukturen
Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) verlässt sich weitgehend auf seine etablierten Strukturen. «Die Chefredaktion Audio/Digital schickt für die Beerdigung keine zusätzlichen Journalist:innen nach Rom. Vor Ort wird unser Korrespondent Franco Battel sein», teilt SRF mit. Auch bei der Chefredaktion Video sei keine zusätzliche Entsendung geplant, TV-Korrespondentin Simona Caminada werde aus Rom berichten.
Erst für das Konklave sollen voraussichtlich zwei Tessin-Korrespondenten zur Unterstützung nach Rom reisen: Iwan Santoro für Audio/Digital und Marcel Niedermann für Video. Sie werden in «einem Airbnb respektive dem preiswertesten Angebot, das erhältlich ist,» untergebracht.
Anders als noch bei früheren Papst-Ereignissen verzichtet SRF auf spezielle Infrastruktur. Früher hatte das Schweizer Fernsehen für die Konklave-Berichterstattung einen Balkon mit guter Sicht auf den Kamin der Sixtinischen Kapelle gemietet, um die Rauchzeichen nach den Wahlgängen optimal einfangen zu können. Dieses Vorgehen hat sich geändert: «Wir berichten von der Strasse aus mit mobilen Internet-Übertragungsgeräten für die Live-Schalten», erläutert SRF auf Anfrage.
In der Schweiz sind für SRF «zwei Religions-Fachredaktoren sowie eine Produktionsleiterin» mit der Papst-Berichterstattung beschäftigt.
NZZ mit schlankem Team vor Ort
Bei der Neuen Zürcher Zeitung zeigt sich ein ähnliches Bild. «Wie bei Ereignissen dieser Art üblich ist unser Italien-Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung direkt vor Ort. Auch die NZZ am Sonntag ist mit einer Person in Rom vertreten», heisst es auf Anfrage. Die Berichterstattung werde durch «mehrere Kolleginnen und Kollegen aus dem Newsroom in Zürich» ergänzt.
Tamedia mit zusätzlichem Reporter
Tamedia setzt bei der Berichterstattung auf einen Mix aus etablierten und zusätzlichen Kräften. Neben dem ohnehin vor Ort stationierten Korrespondenten Marc Beise, «der auch für die Süddeutsche Zeitung berichtet», schickt das Medienhaus «ab Donnerstag bis am Wochenende einen zusätzlichen Reporter in Rom, der sich um Schweizer Ansätze kümmert. Geschichten über Menschen, die am Begräbnis dabei sein wollen», so Tamedia. Zudem wurde «in Rom ein Fotograf angeheuert, der unseren Sonderkorrespondenten von Donnerstag bis Samstag begleitet».
Für das Konklave plant man vorerst mit dem Korrespondenten. «Wenn es gegen das Ende zugeht, erwägen wir, erneut einen Sonderkorrespondenten nach Rom zu schicken», teilt Tamedia mit. In der Schweiz sind Journalistinnen und Journalisten «aus praktisch allen Ressorts tageweise an der Berichterstattung beteiligt. In der heissen Phase vielleicht drei bis vier Personen.»
CH Media mit gemischter Strategie
CH Media verfolgt eine differenzierte Strategie. Für seine Zeitungstitel ist «die Papst-Berichterstattung Teil der Auslandsberichterstattung. Das Auslandsressort der Zentralredaktion schickt eine Reporterin zur Beerdigung. Sie übernachtet im Hotel», heisst es. Am Samstag wird «eine Person am Onlinedesk zusätzlich einen Ticker betreuen. Während des Konklaves wird der Korrespondent in Rom für die Zeitungstitel von CH Media berichten.»
Die regionalen elektronischen Medien des Hauses «schicken pro Ereignis eine Person nach Rom, um über die Papst-Beisetzung und das Konklave zu berichten. Übernachtet wird im Hotel.» In den regionalen Redaktionen in der Schweiz kommt «kein zusätzliches Personal zum Einsatz. Die redaktionellen Ressourcen werden je nach Aktualitätslage verteilt beziehungsweise umgeschichtet.»
Das Nachrichtenportal Watson hingegen wird trotz «umfassender Berichterstattung» niemanden nach Rom entsenden. Am Samstag werden in der Zürcher Redaktion «alle relevanten Teams – von Newsdesk über Debatte, Daten und Video bis hin zu Social Media –» im Einsatz sein, «um das Ereignis redaktionell abzudecken».
Blick mit grösstem Aufgebot
Einen deutlich grösseren Aufwand betreibt Ringier mit dem Blick. «Wir sind seit der Todesmeldung am Ostermontag mit einem dreiköpfigen Team in Rom und berichten fortlaufend auf allen Kanälen», erklärt das Medienhaus. Zur Trauerfeier am Samstag «werden unsere beiden Reporter Martin Meul und Pascal Scheiber vor Ort im Einsatz sein». Da Blick keinen ständigen Italien-Korrespondenten hat, sind alle fünf Journalisten als zusätzlich entsandte Kräfte zu werten.
Auch in Zürich wird Grossaufgebot gefahren: «Wir werden live mit einer Sondersendung (ab 9.45 Uhr) auf Blick.ch über die Trauerfeierlichkeiten berichten und mit Expertinnen und Experten im Studio begleiten. Unser Video-Team wird Extra-Schichten fahren – auch am Newsdesk sind diverse Kolleginnen und Kollegen abgestellt, die sich ausschliesslich um die Berichterstattung zum Begräbnis kümmern.» Für diese Sondersendung werden gemäss Ringier «acht zusätzliche Kolleginnen und Kollegen im Studio Zürich aufgeboten».
Hinzu kommen «zahlreiche Mitarbeitende am Newsdesk ausschliesslich für die Trauerfeier», die beiden Reporter in Rom sowie der ständige Vatikan-Experte Raphael Rauch. «Auch der SonntagsBlick wird auf mehreren Sonderseiten schwerpunktmässig über die Trauerfeierlichkeiten berichten.» In einem ähnlichen Umfang werde auch über das Konklave berichtet.
Keystone-SDA setzt auf internationale Partner
Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA verlässt sich hingegen ganz auf ihre internationalen Partner: «Wir schicken keine eigenen Leute nach Rom, sondern arbeiten primär mit unseren internationalen Partneragenturen zusammen», erklärt Sandro Mühlebach, Stv. Chefredaktor und Leiter der deutschsprachigen Redaktion. Dies seien «ANSA, AFP und DPA im Bereich Text sowie AP und EPA im Bereich Bild. Die Kolleginnen und Kollegen haben zahlreiche Korrespondent:innen und Fotograf:innen vor Ort.»
Sollte sich allerdings abzeichnen, «dass ein Schweizer Kardinal realistische Wahlchancen hat», würde dieser Entscheid noch einmal überdacht. In der Schweiz sind am Samstag bei Keystone-SDA «über alle Sprachen und Formate hinweg rund ein Dutzend Personen in die Berichterstattung involviert».
Schweizer Präsenz in Rom
Von Schweizer Seite reisen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und der Sittener Bischof Jean-Marie Lovey zur Beisetzung nach Rom. In der Schweiz selbst werden an mehreren Orten in Kirchen Live-Übertragungen der Beisetzung angeboten, unter anderem in La Chaux-de-Fonds, Freiburg, Bern, Lugano und Balerna.
Die bescheidene Medienpräsenz der Schweizer Häuser in Rom steht im Kontrast zur Dimension des Ereignisses, bei dem auf dem Petersplatz neben 170 ausländischen Delegationen mindestens 200'000 Gläubige erwartet werden. Das Konklave zur Wahl des neuen Papstes beginnt voraussichtlich Anfang Mai.
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25.04.2025 08:34 Uhr
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