27.01.2022

Sonja Rueff-Frenkel

Tages-Anzeiger entschuldigt sich

Nach heftiger Kritik an einem Porträt über die FDP-Politikerin drückt die Chefredaktion ihr Bedauern aus. Die Einordnung ihrer politischen Arbeit sei nicht in jeder Hinsicht gelungen.
Sonja Rueff-Frenkel: Tages-Anzeiger entschuldigt sich
«In dem Porträt nehmen Frau Rueff-Frenkels Religion und Privatleben zu viel Raum ein», schreibt die Chefredaktion des Tages-Anzeigers in ihrer Entschuldigung. (Bild: FDP)

In der Ausgabe von Donnerstag, den 27. Januar 2022 bittet die Chefredaktion des Tages-Anzeigers die Stadtratskandidatin Sonja Rueff-Frenkel um Entschuldigung. Tagi-Co-Chefredaktorin Priska Amstutz und Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauer schreiben in eigener Sache: «Der Text hat bei Leserinnen und Lesern heftige Kritik und Unverständnis ausgelöst (…) Die dargebotenen Informationen weisen stellenweise zu wenig Relevanz zur Stadtratskandidatur von Frau Rueff-Frenkel auf. Dass somit unbeabsichtigt Vorurteile in der Berichterstattung über Minderheiten und Frauen verstärkt statt demontiert werden, tut uns aufrichtig leid. Wir bedauern den Schaden, der mit der Veröffentlichung möglicherweise entstanden ist.»

Es handelt sich um den Artikel in der Ausgabe von Montag, den 24. Januar 2022. Unter der Überschrift «Die Frau mit dem Spinnennetz» geht es in dem Porträt um die Kandidatur von Sonja Rueff-Levit für den Zürcher Stadtrat. Behandelt werden darin auch die jüdische Herkunft der Anwältin, ihre Ehe mit Fred Rueff und ihr Vermögen. Der Titel des Artikels bezieht sich auf eine im Text zitierte Aussage des Journalisten und Bruders von Sonja Rueff-Frenkel, Beni Frenkel. Dieser sagte gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Sie ist sie wie eine Spinne, die in der Mitte sitzt, rundherum ihr Netz, und du bist drin, ob du es willst oder nicht.»

Nach dem Erscheinen des Artikels hatte Rueff-Frenkel getwittert: «Es ist bedauerlich, dass der Tagi aus einer Vielzahl möglicher Attribute zu mir, weiblich und jüdisch gewählt hat.»

Amstutz und Rutishauer zeigen sich einsichtig und schreiben in ihrem Statement: «Im Artikel wurden ungewollt antisemitische Klischees bedient. In dem Porträt nehmen ausserdem die Rolle von Frau Rueff-Frenkels Religion und ihr Privatleben zu viel Raum ein, insbesondere im Vergleich zu Artikeln über andere Kandidatinnen und Kandidaten.»

Die Chefredaktoren schreiben, sie hätten die Qualitätsstandards des Tages-Anzeigers nicht eingehalten, und würden daraus ihre Lehren ziehen, damit es ein Einzelfall bleibt. Sie schliessen mit dem Satz: «Weder Antisemitismus noch die unfaire Behandlung von Frauen haben im Tages-Anzeiger Platz. Auch dann nicht, wenn es – wie in diesem Fall – unbeabsichtigt geschieht.»

Der Artikel bleibt aus Transparenzgründen publiziert, wie es in einem Hinweis auf der Website der Zeitung heisst. (mj)



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Kommentare

  • Victor Brunner, 29.01.2022 09:28 Uhr
    Die antisemitischen Passagen wurden im Artikel gelöscht. Der Schaden für Frau Frenkel bleibt!
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