von Nick Lüthi
Frau Paone, Herr Amsler, wie ist es dazu gekommen, dass Sie OnlineReports übernehmen?
Alessandra Paone: In den letzten Jahren hatten wir uns unter Kolleginnen und Kollegen in Basel immer wieder gefragt, was wohl einmal mit OnlineReports geschieht, wenn Peter aufhört – oder ob er einfach weitermacht bis zum Gehtnichtmehr, was bei ihm ja auch hätte der Fall sein können. Jan kennt OnlineReports noch besser als ich, weil er einmal Praktikant war. Wir haben immer wieder davon gesprochen, dass der Titel unbedingt erhalten bleiben muss. Dann wurden die Gespräche zwischen Jan und mir immer konkreter. Irgendwann trafen wir uns mit Peter.
Wann war die Übernahme besiegelt?
Jan Amsler: Irgendwann im Verlaufe von zahlreichen Gesprächen mit Peter machte er uns ein Kaufangebot. Es gab ausser uns noch weitere Interessenten. Wir zogen uns für einen Tag in einen Meetingraum eines Hotels zurück und beschlossen danach definitiv, dass wir den Schritt wagen wollen. Als daraufhin auch die Unterstützung unserer Familien gewiss war, teilten wir uns gegenseitig per SMS mit: «Komm, das machen wir!» Das war im vergangenen Herbst. Ende 2022 unterzeichneten wir dann die Vorverträge.
Warum gerade Sie zwei?
Amsler: Wir haben bei der Basler Zeitung zusammen im Lokalressort gearbeitet und wussten, dass wir ein gutes Team sind. Wir kannten uns aber vorher schon, auch privat. Ich habe geschwärmt von meinem Praktikum bei Peter Knechtli, das mir Türen öffnete und mir eine wichtige Einstiegshilfe in den Journalismus bot.
«Der Entscheid hat nichts mit Tamedia zu tun»
Heute arbeiten Sie noch auf den Redaktionen von Tamedia-Zeitungen, Jan Amsler im Lokalressort der BaZ, Alessandra Paone im Inland-Ressort des Tages-Anzeigers. Ist Ihr Entscheid für die Selbstständigkeit auch eine Flucht weg von Tamedia?
Paone: Gar nicht. Der Entscheid hat nichts mit Tamedia zu tun. Weder Jan noch ich hatten Angst, den Job zu verlieren. Es ist OnlineReports, das uns beide fasziniert: Wir bleiben im Journalismus, sind aber gleichzeitig auch unternehmerisch tätig – das ist sehr reizvoll.
Amsler: Es ist ganz klar ein Entscheid für OnlineReports und nicht gegen Tamedia. Aber die Entwicklung der Medien motiviert uns zusätzlich. In Zeiten, in denen im Journalismus abgebaut und gespart wird, gewinnt ein Portal wie OnlineReports noch mehr Gewicht.
Über die Verkaufsbedingungen haben Sie Stillschweigen vereinbart. Trotzdem die Frage: Wie gross ist das persönliche finanzielle Risiko, das Sie eingehen?
Paone: Jan und ich finanzieren das aus der eigenen Tasche; wir haben unsere Vermögen reingesteckt. Und ganz wichtig: Es gibt keinen externen Geldgeber. OnlineReports zu übernehmen, ist ein wohlüberlegter Schritt.
Amsler: Es ist uns wichtig, dass OnlineReports unabhängig bleibt, von einem Verlag, von Investoren oder sonstigen Geldgebern.
Peter Knechtli musste finanziell nur für sich alleine sorgen. Sie sind zu zweit. Sehen Sie eine Rollenteilung vor, indem zum Beispiel jemand für das Geschäftliche zuständig ist?
Amsler: Wir sind zu gleichen Teilen am Unternehmen beteiligt und zusammen für alles zuständig. Es wird sich dann zeigen, wo sich eine Arbeitsteilung aufdrängt. Das haben wir bewusst noch nicht jetzt entschieden.
Wer von Ihnen ist der Zahlenmensch?
Paone: Jan sicher mehr als ich. Auch vom Werdegang her.
Amsler: Ich habe Wirtschaft studiert und mein Vater ist ausgebildeter Wirtschaftsprüfer, der seinem Sohn sicher beistehen wird, wenn es um die Buchhaltung geht.
«Inserate und Spenden bleiben die beiden Haupteinnahmequellen»
OnlineReports finanzierte sich in den letzten Jahren immer mehr auch über Spenden und nicht mehr nur über Inserate. Wollen Sie stärker in Richtung Publikumsfinanzierung gehen?
Amsler: Inserate und Spenden bleiben die beiden Haupteinnahmequellen. Wir wollen beide weiterentwickeln. Unser Ziel ist es, mehr Leserinnen und Leser zu erreichen. Wenn diese auch etwas in den Recherchierfonds einzahlen, freut uns das. Gleichzeitig soll und wird es natürlich weiterhin attraktiv bleiben, auf OnlineReports Werbung zu schalten.
In Basel mangelt es nicht an lokalen Online-Medien. OnlineReports muss sich gegen vielfältige Konkurrenz behaupten. Vertrauen Sie auf die Stärke der Marke und machen einfach weiter im Sinn und Geist von Peter Knechtli?
Paone: Wir profitieren sicher von der Arbeit von Peter, die er in den letzten 25 Jahren geleistet hat, und von seinem Renommee. Wie er werden auch wir den Schwerpunkt auf die politische Berichterstattung legen. Aber wir setzen sicher auch eigene Akzente und hoffen, dass man OnlineReports möglichst bald mit unseren beiden Namen verbindet.
Wer ist Ihr Lieblingsmitbewerber auf dem Basler Newsmarkt?
Paone: So konkret haben wir uns das noch nicht überlegt, wer uns am stärksten konkurrenziert. Aber klar ist, dass wir bei der politischen Berichterstattung führend dabei sein wollen. Rein von den Ressourcen her können wir natürlich nicht das Gleiche leisten wie BaZ, BZ Basel oder auch Prime News, die ausgebaut haben.
Für OnlineReports schrieben ein knappes Dutzend regelmässiger Mitarbeitender sowie immer wieder Praktikantinnen und Praktikanten. Werden Sie das so weiterführen?
Amsler: Wir wollen weiterhin Kolumnistinnen und Kolumnisten zu Wort kommen lassen und auch freie Mitarbeitende einspannen. Natürlich streben wir auch hier eine Weiterentwicklung an, werden aber sicher mit den bestehenden Leuten zusammensitzen. Eines unserer Ziele ist es auch, eine Praktikumsstelle anbieten zu können. Wir möchten unbedingt in den journalistischen Nachwuchs investieren.
«Bei aller Kritik am veralteten Design: Eigentlich ist der Aufbau ja saumässig gut»
Ein Markenzeichen von OnlineReports ist das altmodische Design. Bleibt das?
Paone: Das Layout ist Kult. Aber unser mittelfristiges Ziel ist es schon, den Webauftritt etwas aufzufrischen.
Amsler: Bei aller Kritik am veralteten Design: Eigentlich ist der Aufbau ja saumässig gut. Man sieht auf einen Blick sehr viele Inhalte auf der Seite und muss nicht gross scrollen oder in eine Rubrik reinklicken.
Welche Rolle wird Peter Knechtli in Ihrem Unternehmen spielen?
Paone: Er wird uns in einer Übergangsphase beratend beistehen. Dann lassen wir es Peter frei, ob er bei uns mitwirken will. Wir sind noch so froh, wenn er uns mit guten Ideen und seiner Schreibe erhalten bleibt.
Bis zum 1. Juli dauert es noch ein paar Monate. Wie stark sind Sie heute mit den Gedanken schon bei OnlineReports?
Paone: Wir sind bis Ende Mai noch bei Tamedia angestellt. Bis dahin bin ich vor allem mit nationalen Themen beschäftigt. Aber im Hinterkopf rotiert es schon stark, und wir diskutieren immer wieder über unser Unternehmen.
Amsler: Auch ich erhalte bis Ende Mai noch einen Lohn von der BaZ und will dafür eine Gegenleistung erbringen. Aber wie Alessandra sagt, sind wir schon voll dran am konzeptionellen Feinschliff.