17.10.2017

Finews.ch

«Wir sind schlank, kompetent und schnell»

Banker, Rechtsanwälte oder Unternehmensberater – sie alle informieren sich auf Finews.ch. Das Branchenportal mit zwölf Mitarbeitenden spürt die Medienkrise nicht, sagt Mit-Inhaber Claude Baumann – im Gegenteil: Von Singapur aus will das Unternehmen den asiatischen Markt erobern.
Finews.ch: «Wir sind schlank, kompetent und schnell»
Claude Baumann arbeitete als Redaktor für die «Weltwoche», seit 10 Jahren ist er mit «Finews» selbstständig. (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Herr Baumann, wo spüren Sie die digitale Disruption stärker: in der Medienbranche oder im Banking?
Beide Branchen sind disruptiv. Unterschiede gibt es dennoch: In den Medien startete die Transformation früher, vor etwa zehn Jahren, gerade als wir mit finews.ch begannen. Wir realisierten damals, dass der Medienkonsum und die Werbung immer mehr vom Print in Richtung Online gehen. Im Banking spürt man die tiefgreifenden Veränderungen im Geschäft erst etwa seit vier oder fünf Jahren, im Prinzip seit Fintech ein grosses Thema ist.

Finews.ch musste also nie eine Transformation vornehmen, die Marke entstand im Internetzeitalter.
Ja. Zur Entstehung gibt es eine lustige Anekdote: 2007, als ich noch als Wirtschaftsredaktor bei der «Weltwoche» arbeitete, las ich regelmässig persoenlich.com. Da kam mir die Idee, etwas Ähnliches für die Bankbranche aufzubauen. finews.ch gibt es also nicht zuletzt wegen persoenlich.com. Ich erzähle das hier nicht einfach, weil es sich um ein persoenlich-Interview handelt (lacht). Es stimmt wirklich.

Mittlerweile arbeiten zwölf Leute bei finews.ch, darunter Redaktoren, die von etablierten Finanztiteln oder von internationalen Nachrichtenagenturen wie «Bloomberg» und «Thomson Reuters» kommen.
Wir starteten klein. Zu Beginn beschäftigten wir Studenten, doch das Unternehmen entwickelte sich sehr rasch. Da merkten wir, dass wir, wenn wir fundierten Inhalt liefern wollten, qualifizierte Leute engagieren müssen, die auf Augenhöhe mit Bankenmitarbeitern über die entsprechenden Themen schreiben können. Daher arbeiten heute alles erfahrene Journalisten wie Peter Hody, vorher Chefredaktor von «Stocks», Katharina Bart, früher beim «Wall Street Journal» und «Reuters», Frédéric Papp früher bei «Cash», Samuel Gerber, vorher bei der «Handelszeitung» oder der ehemalige Bloomberg»-Reporter Andreas Britt bei uns.

Was bieten Sie, damit die Mitarbeiter bleiben?
Finews.ch will ein attraktiver Arbeitgeber sein, nicht wie andere Redaktionen, wo vor allem gespart und abgebaut wird. Unseren Leuten soll es gefallen. Sie sollen Freiheiten haben und selber entscheiden können. Wichtig ist ebenfalls, dass unsere Mitarbeiter nicht nur im Büro sitzen, sondern auch reisen – nach London, Frankfurt oder nach Asien.

Das kostet viel Geld.
Das ist immer eine Frage der Relationen und der Ausbeute. Wenn wir Reportagen aus Finanzmetropolen wie New York, Singapur oder Hongkong haben, ist das auch etwas Wert. Aber Personal ist tatsächlich der Hauptkostenblock. Daneben haben wir vergleichsweise geringe Aufwendungen. Das ist ein grosser Vorteil der Digitalisierung. Wir sind schlank, kompetent und schnell. Das ist unser Erfolgsrezept.

War es nie nötig, etwas Gedrucktes herauszugeben?
Eine Printausgabe würde wenig bringen, denn unsere Branche ist extrem online-affin. Statt in ein Print-Produkt haben wir in die Expansion nach Asien investiert. Seit Anfang 2016 betreiben wir eine Schwestergesellschaft in Singapur, die mit der Webseite finews.asia den asiatischen Markt abdeckt, auf Englisch natürlich. Wir konnten in den ersten beiden Jahren die Kosten bereits decken. Natürlich haben wir auch dort klein begonnen, derzeit sind zwei Personen für Asien aktiv, zudem reisen die Mitarbeiter in Zürich alternierend nach Asien, und schliesslich bin ich selber vier bis fünf Mal im Jahr dort.

Was erhoffen Sie sich davon?
Asien ist für die Finanzbranche der Wachstumsmarkt par excellence. Wir spüren dort eine enorme Dynamik und Aufbruchsstimmung. Entsprechend ist es naheliegend, dass wir uns da niedergelassen haben. Zudem profitieren wir, dass dort auch alle wichtigen Schweizer Finanzinstitute präsent sind. Das hat uns am Anfang viele Türen geöffnet. Mit finews.asia schreiben wir aber nicht nur über Schweizer Banker in Asien, sondern über die gesamte Finanzbranche dort respektive für deren Mitarbeiter. Nächstes Jahr wollen wir in Hongkong jemanden engagieren.

 

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Finews.ch profitiert davon, dass die Angestellten der Bankbranche für die Werbewirtschaft attraktiv sind (siehe Mediadaten oben).
Ja. Zudem ist die Finanzbranche in der Schweiz nicht nur überaus wichtig, sondern auch sehr gross, sofern man «zugewandte Orte» wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Treuhänder oder Unternehmensberater und Behördenvertreter noch dazurechnet. Werbekunden können mit finews.ch total fokussiert genau diese Zielgruppen ansprechen. Wer im B-to-B-Bereich die Schweizer Finanzbranche ansprechen will, landet früher oder später bei uns, da wir diese Zielgruppe praktisch zu 100 Prozent abdecken – also gänzlich ohne Streuverlust. 

Wie viel Umsatz machen Sie im Jahr?
Rund 1,5 Millionen Franken, mit Werbung aller Art, dazu gehören klassische Banner, Werbung im Newsletter, Advertorials, Native Ads, Verlosungen, Umfragen oder Videos. Meistens bieten wir unseren Kunden ein Paket aus diesen Leistungen an; dies über eine Zeitdauer von sechs oder zwölf Monaten. Wir zählen vermutlich zu den wenigen Newsportalen in der Schweiz, die seit mehreren Jahren profitabel sind.

Advertorials oder Verlosungen: Macht das die Redaktion?
Nein, Redaktion und Werbung sind strikt getrennt. Wir haben drei Mitarbeitende, die sich um Werbeinhalte und -Platzierungen kümmern.

Wie stark spüren Sie den Einfluss von PR?
Ich könnte jeden Tag mittags und abends mit PR-Leuten essen gehen. Ausserdem verfügt die Finanzbranche über sehr viel Content. Alle Finanzinstitute haben eine Unmenge an Analysen, Studien oder Experteneinschätzungen, die sie veröffentlichen möchten. Diesen Content wollen sie dann natürlich auch finews.ch unterjubeln. Doch das lehnen wir ab. Solche Inhalte tragen nichts zur Qualität bei und sind zumeist für Anleger gedacht, aber wir sprechen ja die Beschäftigten in der Finanzbranche an.

Wie selektionieren Sie zwischen Studien, die Sie redaktionell aufgreifen und solchen, die Sie nur als Advertorial bringen?
Eine Studie, die wir redaktionell aufgreifen, muss einen Informationsgehalt haben, also unseren Lesern einen Mehrwert bieten. Das bereiten wir journalistisch auf. Advertorials hingegen sind Aufträge von Kunden. Wir trennen das strikte und kennzeichnen die entsprechenden Beiträge auch.


 

Claude Baumann ist Mitgründer und Chefredaktor von finews.ch. Er arbeitete viele Jahre als Redaktor für die «Weltwoche», die «Finanz und Wirtschaft» und die «Handelszeitung»; er ist weiterhin für das deutsche Magazin «brand eins» sowie für die «Badische Zeitung» als Autor tätig. Er publizierte mehrere Bücher über die Bankbranche, zuletzt eine Biographie über den UBS-Bankier Robert Holzach. Baumann war auch Mitgründer des Schweizer Literaturverlags Nagel & Kimche und lancierte das Business-Travel-Magazin «Arrivals».

finews.ch verzeichnet gemäss Google-Analytics monatlich 240‘000 Besucher und 1‘200‘000 Seitenaufrufe.

 



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Kommentare

  • Oliver Brunner, 17.10.2017 14:42 Uhr
    Eine gut gemachte Seite, über Stellenwechsel, neuer Unternehmen, Trends. Aber wirklich Kritisches gegen die Branche wird man nie hören - das ist kein Journalismus. Zudem ist die Site gespickt mit PR-Artikeln. Und natürlich voll Finanzwerbung - wer vergrault die einzigen Zahler, der Leser ist ja gratis dabei.
  • erich heini, 17.10.2017 14:28 Uhr
    Ich schätze "finews.ch" auch. Jedenfalls häufig. Etwas weniger schätze ich, dass Claude Baumann hier doch schon auffallend schonend nicht befragt, sondern abgefragt wird. Ein solches 'Interview' kommt für mich einem advertorial gleich. Und müsste "finews.ch" entsprechend Geld kosten.
  • Robert Weingart, 17.10.2017 07:27 Uhr
    Gratulation, Arbeitsplätze geschaffen und schaffen!
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