07.03.2023

CH Media

«Wir stecken mitten in einem Relaunch-Projekt»

Das Magazin Wir Eltern ist 100 Jahre alt geworden. Chefredaktorin Katja Fischer De Santi sagt, wie sich das Elternmagazin und das Elternsein seit 1923 verändert haben. Ein Gespräch über Familie, Förderung und Fussball.
CH Media: «Wir stecken mitten in einem Relaunch-Projekt»
«Die Diskussionen mit der Redaktion sind immer unglaublich lebendig und bereichernd», so Katja Fischer De Santi, Chefredaktorin von Wir Eltern. (Bild: CH Media)
von Christian Beck

Frau Fischer De Santi, welches Thema beschäftigte die Eltern vor 100 Jahren am meisten?
Eigentlich fast die gleichen Themen wie heute. Verwöhne ich mein Kind zu sehr? Warum schläft mein Kind nicht durch? Auffallend aber ist, wie hoch früher die Ansprüche der Eltern schon an sehr kleine Kinder waren. Mit eineinhalb Jahren sollten die Kleinen durchschlafen, aufs Töpfchen gehen und sich bitte auch stundenlang allein beschäftigen können. War das nicht der Fall, dann wurde von ärztlicher Seite auch mal zu einem «Aufenthalt in einem schönen Landheim» geraten, zwecks «Nacherziehung». Aber es gab bei Wir Eltern sehr früh sehr fortschrittliche Stimmen, die immer wieder davor warnten, sich gut um «diese verletzlichen Kinderseelen» zu kümmern. Bis diese Stimmen gehört wurden, dauerte es aber leider Jahrzehnte.

Und heute?
Im Kern sind die Themen die gleichen: Wie begleiten wir unsere Kinder beim Aufwachsen zu zufriedenen und verantwortungsbewussten Menschen – und verlieren dabei nicht völlig die Nerven (lacht). Was sich hingegen sehr verändert hat: Die Familie ist ins Zentrum des politischen Interesses gerückt. Was und wer Familie ist, wie Eltern unterstützt werden sollen, wer überhaupt Eltern sein darf, wo Kinder die beste Förderung erfahren, bei diesen Fragen reden heute viele mit.

Soeben erschien die Jubiläumsausgabe von Wir Eltern (persoenlich.com berichtete). Wie hat sich das Magazin in den letzten 100 Jahren verändert?
Es hat sich enorm verändert. Gestartet ist es vor 100 Jahren als dünne Broschüre mit einigen Zeichnungen und länglichen Texten, in denen Professoren und Kinderärzte ihre Meinungen kundtaten. Heute ist es ein modernes Magazin, das Eltern nicht belehrt, aber mit Interviews und Reportagen auf ihrem Weg bestärkt und begleitet. Wir bieten Inspiration und Reflektion für Eltern, die es wissen wollen.

Und was hatte über all die Jahre Bestand?
Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Schon in den frühen Jahrgängen fanden wir zum Teil sehr berührende Texte, in denen Eltern ihr eigenes Erleben und Erfahren schilderten. Auch heute möchten wir als Redaktion den Geschichten und Erlebnissen der Leserschaft genügend Raum geben.

«Meine Söhne haben sich schon beschwert»

Sie sind seit Mai 2022 Chefredaktorin von Wir Eltern und selber Mutter zweier Söhne. Wie viel Persönliches fliesst in die Themenplanung mit ein?
Die Diskussionen mit der Redaktion sind immer unglaublich lebendig und bereichernd. Denn die Fragen, die uns im Alltag als Eltern begegnen, sind oft die besten Ausgangspunkte für Recherchen und Geschichten. Meine Söhne haben sich aber schon beschwert, dass sie nicht in jedem Wir Eltern direkt oder indirekt vorkommen wollen.

Die Kinder werden älter, die Zielgruppe bleibt die gleiche. Salopp gefragt: Wie ist es, sich mit Themen wie Babybrei zu befassen, wenn die eigenen Kinder schon längst am Handy gamen?
Das ist ein typisches Klischee, das ich immer wieder höre, allerdings nur von Personen, die das Magazin schon länger nicht mehr gelesen haben. Denn Babythemen sind bei uns eher selten zu finden. Wenn, dann greifen wir neue Erkenntnisse, Trends oder Diskussionen auf und diese funktionieren für verschiedene Altersgruppen. Für Fragen rund um Schwangerschaft und Babyjahre arbeiten wir eng mit unserem Partnerportal Swissmom zusammen. 

Apropos Zielgruppe: Wie sieht diese bei Wir Eltern aus? Wie jung sollen die Kinder noch sein?
Wir richten unseren Fokus auf Familien mit Kindern im Alter von 1 bis 10 Jahren.

Und wie sieht es mit den Macherinnen und Machern von Wir Eltern aus: Ist Elternsein Pflicht, um den Job ausüben zu können?
Ja, weil es beim Elternsein im Unterschied zum Fussball einfach nicht reicht, intensiv zuzuschauen, um als Expertin oder Experte zu gelten.

«Ich habe unterschätzt, wie hektisch es sein kann, ein Monatsmagazin zu machen»

Schon früher beschäftigten Sie sich mit Familienthemen, damals aber noch im Tagesjournalismus. Nun gestalten Sie ein Magazin, das zehnmal jährlich erscheint. Vermissen Sie die Hektik des Tagesjournalismus nicht?
Bis jetzt gar nicht. Ich habe eher unterschätzt, wie hektisch es sein kann, ein Monatsmagazin zu machen. Was ich ungemein schätze: dass mehr Zeit ist für Diskussionen, fürs sorgfältige Überarbeiten und vor allem Gestalten der Beiträge. Das hat mir im Tagesjournalismus gefehlt.

Kommen Sie selbst noch oft genug zum Schreiben?
Nein, aber ab und an juckt es mich dann doch. Ich muss jetzt nicht mehr schreiben, ich kann aber jederzeit.

Sie sagten bei Stellenantritt, dass Sie Wir Eltern gemeinsam mit dem Team inhaltlich prägen und weiterentwickeln wollen. Was konnten Sie bereits umsetzen?
Ich habe inhaltlich schon einige Veränderungen angestossen. So haben wir ein neues Cover-Konzept, haben neue Kolumnisten – Väter! – an Bord geholt. Wir machen mehr Interviews und packen auch aktuelle Themen an. Freude habe ich auch an unseren thematischen Schwerpunkten, wie etwa dem «Schlafen»- oder dem «Essen»-Heft. Auch auf Social Media sind wir aktiver und probieren momentan viel aus.

Und was haben Sie in nächster Zeit noch vor?
Wir stecken mitten in einem Relaunch-Projekt und wollen das Heft im Frühherbst in einem neuen Kleid und inhaltlich fokussierter präsentieren.



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