10.11.2024

Fairmedia

«Wir verdienen nichts daran, diesen Personen zu helfen»

Die Beratung von Menschen, die sich von Medien unfair behandelt sehen, ist gefragt, geht aber ins Geld: Fairmedia braucht 30'000 Franken, um sein Angebot weiterzuführen. Geschäftsführer Jeremias Schulthess nimmt Stellung zum Crowdfunding.
Fairmedia: «Wir verdienen nichts daran, diesen Personen zu helfen»
«Der Betrag hilft uns, durch das nächste Jahr zu kommen»: Jeremias Schulthess, Geschäftsführer Fairmedia. (Bild: zVg/Ania Weck)

Jeremias Schulthess, warum ist Fairmedia in eine finanzielle Schieflage geraten und sucht nun mittels Crowdfunding 30'000 Franken?
Eine niederschwellige und für alle zugängliche Beratungsstelle für Medienopfer kostet, vor allem, weil man fast immer erreichbar sein muss. Diese Kosten wurden in den Anfangsjahren von einer Stiftung gedeckt, die sich mittlerweile zurückgezogen hat. Die Lücke versuchen wir, durch Einnahmen aus Dienstleistungen, Spenden und mit neuen Stiftungsbeiträgen zu füllen, was nicht ganz einfach ist. Aktuell versuchen wir vor allem, mehr bezahlte Dienstleistungen und Mandate zu erhalten. Damit wollen wir unser kostenloses Grundangebot quersubventionieren.

Wenn immer mehr Menschen Dienstleistungen von Fairmedia beanspruchen, bringt das dann nicht auch mehr Geld ein?
Das ist leider nicht so, weil unser Grundangebot, die öffentliche Beratungsstelle, nach wie vor fast kostenlos ist und eben gerade für Leute mit wenig Geld da sein soll. Die Idee von Fairmedia ist, dass sich eine Person bei uns melden kann, die noch nie mit Medien in Kontakt kam und auf einmal mit happigen Vorwürfen konfrontiert wird.

Wen beraten Sie konkret?
Zum Beispiel einen Sozialhilfe-Bezüger, der von Boulevardmedien an den Pranger gestellt wird, Hass auf sozialen Medien erfährt und sich nicht mehr auf die Strasse traut, weil er Angst hat, in der Öffentlichkeit erkannt zu werden – das war übrigens ein realer Fall, bei dem wir beraten haben. Wir verdienen nichts daran, diesen Personen zu helfen. Seit etwas mehr als einem Jahr bieten wir Beratungs-Abos an, die sich speziell an Verwaltungen, Organisationen und Institutionen richten. Diese stehen in der Öffentlichkeit und haben bei einem Vorfall wenig personelle Ressourcen. Dann können wir häufig unkompliziert mit unserem spezifischen Wissen über unfaire Berichterstattung sehr gut weiterhelfen und sie zahlen unsere Arbeit. Aber es finanziert das Grundangebot noch nicht.

«Für unser Beratungsangebot haben wir bisher keine Stiftung gefunden, die uns langfristig unterstützt»

30’000 Franken sind keine Riesensumme, die Sie suchen. Warum findet sich dafür keine Stiftung oder eine andere Körperschaft, die euch damit unterstützen mag?
Stiftungen zahlen in der Regel etwas an Projekte und nicht an laufende Betriebskosten von Vereinen. Wir haben auch Stiftungen, die Projekte von uns unterstützen – zum Beispiel ein Projekt zur Aufklärung über Fake News. Für die Beratungen, die wir bereits seit acht Jahren anbieten, fand sich bis jetzt – ausser der anschiebenden Stiftung – keine Stiftung oder Körperschaft, die bereit war, dafür einen substanziellen Beitrag zu zahlen.

Wer das Crowdfunding unterstützt, kann als Gegenleistung eine Beratung von Fairmedia beanspruchen oder an einem Workshop teilnehmen. Das verursacht ja auch wieder Kosten. Wird das Crowdfunding zum Nullsummenspiel?
Was Spenderinnen und Spender beim Crowdfunding als Gegenleistung erhalten, sind alles Angebote und Dienstleistungen, die wir ohnehin schon anbieten. Die Mehrkosten dafür schätzen wir deshalb nicht als sehr hoch ein. Ob wir zehn oder zwanzig Beratungsgespräche mehr durchführen, ist für die Kosten nicht ausschlaggebend. Die Erreichbarkeit fast rund um die Uhr ist ja bereits gewährleistet, die personellen Kosten dafür fallen mit unserem Grundangebot ohnehin an.

Fairmedia hat in der Vergangenheit regelmässig aufwändige Recherchen publiziert. Lässt sich darauf nicht verzichten und damit Kosten sparen – gerade als Verein, der nach eigenen Angaben «stets im Hintergrund» agiert?
Die aufwendigen Recherchen waren Teil des Projekts «Fairmedia Watch» gegen Fake News, für das wir eine Finanzierung von Stiftungen haben. Die Kosten dafür sind also gedeckt. Dieses Projekt bietet uns eben gerade die Möglichkeit, unser Wissen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Bei den Beratungen ist die öffentlichkeitswirksame Kommunikation schwierig, weil die Beratungen eben im Stillen Kämmerlein stattfinden. Die Leute, die zu uns kommen, wollen in der Regel gerade nicht, dass etwas von ihnen an die Öffentlichkeit kommt.

Wenn das Geld zusammenkommt, sind dann die Finanzen wieder im Lot?
Der Betrag hilft uns, durch das nächste Jahr zu kommen. Aber das Fundraising muss weitergehen. Unsere Beratungs-Abos laufen zum Beispiel sehr gut. Es braucht jedoch personelle Ressourcen, diese bekannt zu machen.

Wenn das Geld nicht zusammenkommt, was geschieht dann?
Dann können wir Fairmedia und die kostenlose Anlaufstelle in der jetzigen Form nicht mehr weiterführen.


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