22.03.2018

Westhive

«Austausch ist der wichtigste Teil des Orts»

Ende 2017 trat Andreas Widmer als CEO bei der Y&R Group Switzerland zurück. Nun wird er Mitbetreiber eines neuen Co-Working Space und eines Beratungsunternehmens. Im Interview spricht er über neue Formen der Zusammenarbeit und die sich ändernden Ansprüche an Arbeitsplätze.
Westhive: «Austausch ist der wichtigste Teil des Orts»
«Unser Angebot ist nicht nur Bürofläche. Es ist ein Rundum-sorglos-Paket», sagt Westhive-Mitgründer Andreas Widmer. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Widmer, Sie sind seit einigen Monaten nicht mehr CEO und Verwaltungsratspräsident der Y&R Group Switzerland und haben mit dem Projekt Westhive den Schritt in die Unabhängigkeit gewagt (persoenlich.com berichtete). Was muss man sich darunter vorstellen?
Vieles (lacht). Zunächst einmal ist Westhive ein Co-Working Space mit 180 Arbeitsplätzen. Im vorderen Teil betreiben wir darüber hinaus ein Restaurant und Café. Hier kann man beim Kaffee Ideen austauschen und plaudern. Der Austausch ist der wichtigste Teil von Westhive. Wir bezeichnen dies als Innovation Ecosystem. Westhive als Ort, an dem durch Austausch und Zusammenarbeit Neues entsteht.

Wer ist dabei?
Im Gründungsteam sind wir zu dritt. Neben mir sind dies noch Claus Bornholt und Bruno Rambaldi. Beide waren zuvor auch bei Futurecom und Y&R, und wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen. Dann haben wir eine Partnerschaft mit der Swiss Startup Factory, die mit ihrem Accelerator Programm und einigen ausgewählten Startups bei Westhive einziehen wird. Und das Digital Innovation Lab der Valora wird ebenfalls Mieter bei Westhive und ist ein wichtiger Corporate Partner für uns.

Sie stellen Start-ups Arbeitsplätze zur Verfügung. Nun ist gerade in Zürich ein Überangebot an Büroräumlichkeiten. Wieviel «Untermieter» konnten Sie bereits gewinnen?
Es läuft sehr gut. Wir konnten bis jetzt nahezu zwei Drittel unserer Arbeitsplätze vermieten und haben erfreulicherweise auch einen guten Mix aus Start-ups und Unternehmen. Ich glaube, man muss aber auch zwischen «Angebot» und «Angebot» unterscheiden.

Inwiefern?
Unser Angebot ist nicht nur Bürofläche. Es ist ein Rundum-sorglos-Paket – man muss sich um keinerlei Infrastrukturfragen wie Sitzungszimmer-Ausstattung, Post, Empfang, Internet-Zugang etc. kümmern. Einfach hinsetzen und loslegen. Dieser Trend zu inspirierenden und voll ausgestatteten, flexiblen Arbeitsumgebungen beschleunigt sich zunehmend. Und dann ist da die Community. Westhive bietet Zugang zu einem Netzwerk. Ein Arbeitsplatz ist das eine, aber der Zugang zu den richtigen Leuten ist, wie man so schön sagt, unbezahlbar. Unsere Members sollen sich ergänzen und zusammenarbeiten können. Es trifft sozusagen Angebot auf Nachfrage, der innovative Spirit von Start-ups auf die Erfahrung von Unternehmen. Und letztlich brauchen gute Ideen immer starke Umsetzungspartner. Und auch die finden sich bei Westhive.

Gleichzeitig bauen Sie eine neue Kommunikationsagentur auf. Wodurch unterscheidet sich diese von den herkömmlichen Agenturen?
Dadurch, dass es keine Agentur ist (lacht). Nein, im Ernst, wir sehen uns nicht als Agentur im herkömmlichen Sinn, sondern als Beratungsunternehmen mit Umsetzungskompetenz. Die Unternehmen stehen doch vor der Frage: Wie bin ich in einer sich schnell wandelnden digitalen Welt auch morgen noch erfolgreich? Was sind die richtigen Angebote, und wie kann ich wachsen? Und es ist deutlich vielversprechender, überzeugende Antworten auf neue Konsumentenbedürfnisse zu finden, als alte Angebote mit neuen Kampagnen zu bewerben. Und überzeugende Antworten finde ich nur im Kontext des Gesamtmarketings.

Spüren Sie eine Veränderung der Bedürfnisse auf Auftraggeberseite?
Ja, absolut. Die Digitalisierung hat zu einer grossen Kanalvielfalt geführt. Gleichzeitig wird die Akquisition von Kunden durch den zunehmenden Einsatz von Auktionsverfahren beim Verkauf von Werbeplätzen immer teurer. Wenn ich also nicht immer mehr Geld für die Gewinnung von Kunden ausgeben will, muss ich zwingend im Kundenmanagement besser werden. Customer Centricity ist das grosse Thema der nächsten Jahre. Über 90% der CEOs weltweit sehen hier massiven Nachholbedarf. Da bieten wir Hand.

Was machen Sie besser als Ihre Mitbewerber?
Ich glaube, es geht mehr darum, was wir anders machen. Das sind im Wesentlichen drei Dinge. Erstens: Zusammenarbeit. Wir sind fest davon überzeugt, dass es für die heutige Komplexität neue Formen der Zusammenarbeit braucht. Die Stichworte hier lauten Austausch, Co-Creation und vor allem Partnerschaften. Der Coworking Space ist dafür die perfekte Umgebung. Zweitens: People. Die Amerikaner sprechen hier von «attracting and nurturing talent», also gute Leute anziehen und pflegen. Ich würde hinzufügen: und wertschätzen! Und drittens: No Politics.

Jetzt ist Ihr neues Unternehmen in räumlicher Nachbarschaft zur Y&R-Group. Ist dies ein Zufall?
Teils teils. Wir haben bewusst im Kreis 5 nach einer Liegenschaft gesucht. Es gibt hier viele spannende Unternehmen, die ZHdK ist in direkter Nachbarschaft, und es ist super angebunden an HB, Flughafen und Autobahn. Und hier entsteht in letzter Zeit viel Neues. Dass das Gebäude nun direkt neben der Y&R Group liegt, ist hingegen purer Zufall.

 



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