20.12.2023

Frank Bodin

Ein KI-Klon des Werbers empfängt auf der Website

FrankGPT lädt auf der Website von Frank Bodin zum Dialog und beantwortet Fragen zu Themen wie Unternehmensberatung, Branding, Marketing und Kreation. Wir haben mit dem realen Frank Bodin über künstliche Intelligenz und menschliche Kreativität gesprochen.
Frank Bodin: Ein KI-Klon des Werbers empfängt auf der Website
Ist das Frank Bodin oder FrankGPT? (Bild: zVg)

Herr Bodin, auf Ihrer neuen Internetseite beantwortet FrankGPT, Ihr AI-Klon, Fragen. Wer übernimmt nun die Verantwortung für die Richtigkeit?
Die Verantwortung liegt beim echten Frank, also mir. Überhaupt ist Verantwortung ein gutes Stichwort: Wenn wir Artificial Intelligence nicht mit grösstem Verantwortungsbewusstsein einsetzen, hat sie das Potenzial, in einer Katastrophe für die Menschen zu enden. Nur ein Beispiel: Am 6. Mai 2010 lösten computerbasierte Handelssysteme den Flash Crash am Finanzmarkt aus. Wie würde ein von Computern ausgelöster Crash im Verteidigungssektor aussehen? Auf kurze Sicht hängt der Einfluss von AI davon ab, wer sie kontrolliert, auf lange Sicht, ob sie überhaupt kontrollierbar ist. Wir müssen also sicherstellen, dass die Computer Ziele verfolgen, die auf einer Linie mit unseren Zielen liegen.

Inwiefern entspricht FrankGPT seinem Original, also Ihnen?
Ich stelle bewusst Artificial Intelligence der Human Intelligence gegenüber. Vorläufig fühle ich mich meinem Klon noch weit überlegen. Wer also erwartet, dass FrankGPT gratis und franko Lösungen liefert, sollte wirklich mich oder einen anderen Menschen konsultieren. FrankGPT ist eine Spielerei, die obendrein ziemlich unterhaltsam sein kann. Was habe ich gelacht, als mein Klon einen Namen für einen veganen Milkshake kreieren sollte.

Wie sind die Reaktionen auf dieses Angebot?
Ich erhalte derzeit fast stündlich Screenshots von lustigen Dialogen. Da erkennt man rasch die noch bestehenden Grenzen, aber das ist ja gerade der Witz der Sache. Auf die Frage von Michael Ringier, ob der echte Frank Klavier spielen könne, antwortete der künstliche Frank mit Nein. Das würde ich dann AS nennen, Artificial Stupidity.

Was erhoffen Sie sich von dem Einsatz eines AI-Klons?
Sie können eine Webseite machen. Oder Sie können eine Webseite mit einer Idee machen, die zudem ein Thema behandelt, das die Branche aktuell stark bewegt. Ich bin Werber und der Klon ist Werbung für Ideen, für gesunden Menschenverstand, für Kreativität, also für mich. Und die Webseite darf auch Werbung für Patrick Stoll und Patman von Station sein, die einen wirklich hervorragenden Job gemacht haben.

«Menschliche Kreativität wird in Zukunft eine viel grössere Rolle spielen, als sie es je getan hat»

Liegt darin die Zukunft der Werbung?
Die schlechte Nachricht: AI wird viele Branchen fundamental verändern, auch die Werbebranche. Big Data führt zu Individualisierung und Individualisierung bedingt Automatisierung. Da wird AI einen enormen Effizienzgewinn herbeiführen. Für herkömmliche Agenturen bedeutet das, dass ein Tsunami auf sie zukommt, der grösser als Google und Meta ist. Zudem werden ChatGPT, Bard und Co. mit neuen Werbeformaten kommen. Die gute Nachricht: Wenn alle in AI investieren, wird das zu ähnlichen Lösungen führen und zu Uniformität. Einen Vorgeschmack haben wir bereits in den sozialen Medien mit teils abstruser und absolut ineffizienter Werbung. Und da kommt der Ex-ADC-Präsident in mir in Fahrt: Den Unterschied schafft die menschliche Kreativität. Ich bin überzeugt, dass menschliche Kreativität für die Zukunft eine viel grössere Rolle spielen wird, als sie es je getan hat.

Wie wenden Sie die künstliche Intelligenz in Ihrem Geschäftsleben an?
ChatGPT4 ist ein guter Sparringspartner und ist vor allem bei der Recherche ein enormer Effizienzgewinn. Zudem entwickle ich laufend Prompts für standardisierte Prozesse. Im Musikbereich habe ich viel ausprobiert, aber finde alles noch in den Kinderschuhen, im Wissen, dass sich das über Nacht ändern kann.

«Ich hatte meine frühere Agentur verlassen, weil ich feststellte, dass meine Routine grösser wurde als meine Passion»

Sie sind seit rund drei Jahren mit Ihrer neuen Agentur bodin.consulting unterwegs. Wodurch unterscheidet sich dies von einer Grossagentur, wo Sie früher arbeiteten?
Ich bin keine Agentur. Es gibt nur mich, also keine Angestellten. Die Teams stelle ich je nach Aufgabenstellung zusammen, teils aus der Schweiz und neu auch aus New York. Dieses Jahr konnten wir so 25 Marken betreuen, darunter auch globale Unternehmen. Werbung macht nur einen kleineren Teil davon aus, der grössere Teil ist Strategie und Branding. Ich hatte meine frühere Agentur verlassen, weil ich feststellte, dass meine Routine grösser wurde als meine Passion. Jetzt ist die Passion wieder zurück. Und ausserdem kann ich meinen Purpose «Marken wertvoller machen» leben. Vor lauter FrankGPT sollte man die eigentliche Webseite nicht vergessen: Da findet man auch meine Werte und Credos und sogar eine lustige Rubrik mit meinen Niederlagen.

Wie beurteilen Sie das nächste Jahr?
AI ist vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine. Wir sind mitten in dieser technologischen Revolution. Darüber hinaus sind wir mit komplexen geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. Das alles wird zu Veränderung führen. Veränderung bedeutet, dass es Verlierer geben wird. Der Königsweg der Gewinner wird sein, völlig neue Geschäftsfelder zu finden.


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